"Wie viel Kritik verträgt der Koran?", lautet die Frage, um die es in einem Vortrag am Montag auf dem Campus Westend geht. Islamforscher Nicolai Sinai sieht eine kritische Lektüre des Buches als Bereicherung.
leg/Uni Frankfurt /
Im Rahmen der Vorlesungsreihe "Der Koran - Ein Text im Dialog zwischen Osten und Westen" findet am Montag, 12. Januar, auf dem Campus Westend ein Vortrag zur historisch-kritischen Methode statt. Nicolai Sinai, Associate Professor of Islamic Studies an der Universität Oxford, geht der Frage nach: "Wie viel Kritik verträgt der Koran?"
Den Koran kritisch zu lesen, bedeutet nicht, ihn wertend zu lesen, sondern Vormeinungen über seinen Entstehungskontext und Inhalt systematisch einzuklammern und auf methodisch konsistente Weise am Text zu überprüfen. Sinai betrachtet die kritische Koranlektüre sowohl als ernstzunehmende Herausforderung als auch als genuine Bereicherung zeitgenössischer islamischer Theologie. Wie viel Korankritik die islamische Theologie verträgt, lässt sich deshalb auf allgemeine Weise kaum bestimmen, meint der Referent. Wohl aber zeichne sich ab, dass dem Koran selbst die derzeitige Konjunktur historisch-kritischer Koranwissenschaft an europäischen und amerikanischen Universitäten überaus gut bekomme: „Immer mehr erscheint er als ein Werk der religiösen Weltliteratur, welches unter genauem Lesen und reflektierter Anwendung eines breiten Methoden-Repertoires betrachtet werden muss“, so Sinai, der 2007 an der FU Berlin in Arabistik promoviert wurde. Die Vorlesung wird dies anhand eines Überblicks über die gegenwärtig im Mittelpunkt historisch-kritischer Koranforschung stehenden Fragen und Themen detaillierter zu zeigen versuchen.
Nicolai Sinai, geboren 1976 in Hildesheim, ist derzeit Associate Professor of Islamic Studies an der Universität Oxford und Fellow am Pembroke College. Seine Forschungsgebiete umfassen den Koran und die islamische Koranexegese sowie die Geschichte des philosophischen Denkens in der islamischen Welt. Zu seinen Veröffentlichungen zählen „Fortschreibung und Auslegung. Studien zur frühen Koraninterpretation“ (Wiesbaden 2009) und „Die heilige Schrift des Islams. Die wichtigsten Fakten zum Koran“ (Freiburg 2012).
Am 26. Januar findet der Vortrag "Viele Wege zum Text? Gespräche zwischen muslimischen Gelehrten und Orientalisten" von Stefan Wild (Universität Bonn) statt. Eine Podiumsdiskussion zum Thema "Den Text verstehen. Zeitgenössische Koranhermeneutik in der islamischen Welt" ist für 9. Februar geplant.
Die Veranstaltungen finden jeweils montags um 18 Uhr im Renate von Metzler-Saal, Casino, Campus Westend statt.