Struwwelpetermuseum und Co: Neues von der Altstadt

Was gut werden soll, kostet eben

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Im Haus Markt 20 wurden schon Fenster eingesetzt und das Prunkhaus die Goldene Waage erkennt man an den aufwendigen Steinmetzarbeiten. All das kostet Geld, mehr als gedacht. Aber dafür gibt es einen Gegenwert.

Nicole Brevoord /

Für Karlheinz Ost ist es ein großer Tag: Die 17 von seiner Schreinerei in Gründau gefertigten Kastenfenster werden in das Haus Markt 20, eine der Rekonstruktionen in der künftigen Altstadt zwischen Dom und Römerberg, eingebaut. Für die Fenster von 28 der insgesamt 35 künftigen Altstadtgebäude zeichnet er verantwortlich – ein richtig großer, prestigeträchtiger Auftrag für ihn. Von innen bestehen die Fensterrahmen aus Kiefernholz aus dem Isenburger Wald, von außen sind sie aus Eichenholz gefertigt. Die Kastenfenster sind eine Wissenschaft für sich und mit Kosten von 2500 Euro pro Stück sind sie nicht eben billig. Ein paar Meter weiter zeigt der Steinmetz Tobias Einwag die imposanten, jeweils circa 350 Kilogramm schweren mit Diamantrelief versehenen Sandsteinpfeiler, die bereits jetzt von der Opulenz künden, die man mit dem historischen Gebäude der Goldenen Waage verbindet. „Schön wird’s“, ist sich Michael Guntersdorf, Chef der DomRömer GmbH sicher. Auch wenn die Goldene Waage, wie er sagt, das teuerste Haus der Altstadt werden soll. Mit Kosten von mindestens 6,5 Millionen Euro sei allein für dieses Gebäude zu rechnen. „Das Material ist geschenkt, aber die ganzen Arbeitsstunden fallen ins Gewicht“, sagt Guntersdorf.

Es wird teu(r)er, aber schön
Teuer ist dieser Tage ein gutes Stichwort. In einem Sonderausschuss wurden am Montagabend die Kosten der künftigen Altstadt thematisiert. Klaus Oesterling, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Römer, etwa wettert: „Planungsdezernent Cunitz [Grüne] hat die Kostenentwicklung beim Altstadtprojekt offenbar nicht mehr im Griff.“ Aber so einfach sei das alles nicht, sagt Guntersdorf, der sich als Geschäftsführer seit 2007 mit der Altstadt beschäftigt und die Wiederaufbauidee seit der Ära des einstigen Planungsdezernenten Edwin Schwarz (CDU) verfolgt. Das Projekt sei umfangreicher geworden als zunächst geplant. Anfangs wollte man ja auch nur eine Hand voll Häuser rekonstruieren, dann aber wollte man mehr davon. 15 Häuser nach historischem Vorbild sind es nun geworden. Es gebe nur wenige derart spezialisierte Handwerker, die man damit beauftragen könne. Natürlich würden diese entsprechend hohe Preise für ihre Dienste aufrufen. Jedes politische Gezänk über die Altstadt hat in der Vergangenheit zu Verzögerungen geführt, das aber bringe ebenfalls Kostensteigerungen mit sich, man denke alleine an die Inflationsrate, sagt Guntersdorf. Die Altstadt sei nicht mehr nur ein Projekt, es seien an die sieben – angefangen bei der neuen Tiefgarage über das Stadthaus bis hin zur Sortierung der technischen Leitungen für die Schirn. Man setze auf Qualität und Langlebigkeit. Natürlich seien 185 Millionen Euro eine hohe Investition, dafür bekäme man aber auch einen beständigen Wert. Eine hochqualitative Altstadt, die Frankfurt über Jahrzehnte hinweg vermarkten könne. Teile der Kosten würden ja refinanziert, aber: „Auf Kosten von 100 Millionen Euro wird die Stadt sitzen bleiben“, sagt Guntersdorf. „Es wird vielleicht teurer, aber dafür bekommt man auch mehr.“ Man wolle doch auch nicht am falschen Ende sparen und damit ein Großprojekt gegen die Wand fahren.

Das Struwwelpetermuseum kommt
Es gibt weitere Neuigkeiten: So soll, wenn damit keine Kostenexplosion verbunden ist, das Struwwelpetermuseum in die Altstadt ziehen. „Es sieht sehr gut aus“, wagt Guntersdorf eine Prognose, entsprechende Termine mit der Bauaufsicht habe es schon gegeben. Im Alten und Neuen Esslinger soll das Museum unterkommen, die Bauarbeiten an den Gebäuden wurden erstmal gestoppt. Fünf bis sechs Wohnungen werde es weniger geben, wenn in dem Gebäude nun das Museum eröffne, drei Millionen Euro werde das Museum für den Standort bezahlen müssen. „Aber ein Museum ist sehr wichtig für den Standort. Diese Altstadt braucht eine öffentliche Nutzung, sonst wird sie zur Farce“.

Was passiert mit der Goldenen Waage?
In der Goldenen Waage werde es auch eine öffentliche Nutzung geben. Für das Erdgeschoss haben sich schon diverse Konditoreien für eine Caféeröffnung gemeldet, im ersten Obergeschoss sollen die alten Möbel, die vom Historischen Museum eingelagert wurden, ausgestellt werden. „Das wird ein Appendix des Museums und man wird die Etage geführt betreten können.“ Im zweiten Stock soll das Stoltze-Museum einziehen und darüber, im Dachgeschoss die „Freunde Frankfurts“. „Damit hätten wir die gleiche Nutzung in der Goldenen Waage wie vor dem Krieg“, sagt Guntersdorf. Diese Kontinuität gefalle ihm.

Wie es weitergeht…
Im kommenden Jahr soll über die gewerbliche Nutzung der Erdgeschossflächen der Altstadthäuser entschieden werden. Zu Ostern könne man das Stadthaus vermutlich eröffnen. Bis Ende März sollen auch die Rohbauten stehen. Im Sommer 2018 soll es dann ein Altstadt-Einweihungsfest geben. „Da wird ein Rad gedreht, die Stadt will das groß zelebrieren“, sagt Guntersdorf. Sein Fazit zum größten Bauprojekt der Stadt und einem der außergewöhnlichsten Deutschlands: „Die Altstadt ist ein Experiment und es sieht ganz so aus, als ob es gelingt.“

Nicole Brevoord
Nicole Brevoord
Jahrgang 1974, Publizistin, seit 2005 beim JOURNAL FRANKFURT als Redakteurin u.a. für Politik, Stadtentwicklung, Flughafen, Kultur, Leute und Shopping zuständig
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