Die Ausstellung „Kunst Für Keinen. 1933-1945“ zeigt 14 Positionen von Künstlerinnen und Künstlern, die während der NS-Zeit in Deutschland blieben und ihre Arbeits- und Lebensgrundlage verloren. Die Schau setzt dabei auf eine historische Aufarbeitung.
Jasmin Schülke /
Der Ausstellungstitel „Kunst für Keinen“ verwundert zunächst, denn schließlich soll Kunst ja ein Publikum haben. Was aber passiert, wenn Kunst kein Publikum haben darf? Wenn die Künstlerinnen und Künstler mit ihren Werken alleine bleiben müssen? Anhand von 14 Biografien zeigt die Schirn in einer großen Überblicksausstellung die Strategien und Handlungsspielräume der Künstlerinnen und Künstler, deren Werke von den Nazis diffamiert wurden, die aber dennoch in Deutschland blieben.
Es ist ein bisher erstaunlich wenig beleuchtetes Forschungsfeld: Die Kunst, die zwischen 1933 und 1945 in Deutschland entstand, führte bisher ein Schattendasein im Gegensatz zur sogenannten „Entarteten Kunst“. Allerdings entstanden die Werke, die 1937 in der gleichnamigen Ausstellung in München gezeigt wurden, schon viel früher. Die Künstlerinnen und Künstler, die im Nazi-Deutschland blieben, wurden gezwungen, in die Reichskulturkammer (RKK) einzutreten. Nicht aufgenommen wurden jüdische Künstlerinnen und Künstler, aber auch andere Gründe – wie etwa eine „mangelnde künstlerische Befähigung“ konnten zum Ausschluss führen. Die RKK entschied, wer in Deutschland öffentlich ausstellen durfte und wer nicht. Nicht überwachen konnte die Kammer allerdings das private Schaffen. Die Betroffenen entwickelten daher unterschiedliche Strategien, um unter Ausschluss der Öffentlichkeit und unter widrigen Bedingungen weiterarbeiten zu können.
Im ersten Ausstellungsraum sind die Arbeiten von Jeanne Mammen (1890 bis 1976) zu sehen. Mammen war gelernte Gebrauchsgrafikerin und zog sich 1933 aus dem Kunstbetrieb zurück. Ihre Situation war prekär, sie hatte fast keine Einkünfte mehr. 1937 sah die Künstlerin das Antikriegsbild „Guernica“ auf der Weltausstellung in Paris und begann angeregt durch die Formensprache Picassos im kubistischen Stil zu malen. Eindringlich ist ihr Gemälde des „Sterbenden Kriegers“, das um 1943 entstand: Hier sind die Bezüge zu Picasso offensichtlich.
Edmund Kesting (1892 bis 1970) dokumentierte die Folgen von Tod und Zerstörung in seinen Fotokompositionen, die Skelette vor der zerstörten Dresdner Frauenkirche zeigen. Sein „Totentanz Dresden“ aus dem Jahr 1945 ist eine unmittelbare Reaktion auf die Zerstörung der Stadt. Nachdem die Gestapo im Mai 1933 sein Atelier durchsuchte, zog er in Räumlichkeiten, in denen er sich unbeobachteter fühlte und verlagerte sein künstlerisches Schaffen zunehmend auf die Fotografie, die er vor allem nachts betrieb.
Otto Dix (1891 bis 1969) verlor unmittelbar im Jahr 1933 seinen Lehrstuhl an der Dresdner Akademie. Im selben Jahr zog er an den Bodensee und veränderte seine Sujets drastisch: Er schuf düstere Landschaften und allegorische Bilder, die seine sozialkritischen Darstellungen abbildeten, mit denen er in der Weimarer Republik bekannt geworden war. Im Verborgenen wandte er sich ab 1943 erneut einer expressiv-figurativen Gestaltungsweise mit gesellschaftskritischem Inhalt zu.
„Kunst für Keinen. 1933-1945“, 4. März bis 6. Juni, www.schirn.de