S&K-Prozess: Tag 23

Es wird wieder spannend: Alles auf Anfang?

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Das OLG hat entschieden, dass bisher aus der Anklageschrift gestrichene Passagen zulässig sind. Die Staatsanwaltschaft will die rund 600 Seiten nachträglich verlesen, die S&K-Verteidiger sprechen schon von Haftprüfung.

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Am Montag zeigte sich Oberstaatsanwalt Andreas Hohmann noch zuversichtlich, dass die Verlesung der Anklageschrift noch in diesem Jahr beendet werden könnte. Der letzte Termin 2015 ist am Freitag. Doch aus der Lektüreforsetzung wird nichts. Die an die 1700 Seiten starke Anklageschrift war um einige Passagen gekürzt worden, über die Verlesung dieser speziellen Textstellen sollte das Oberlandesgericht (OLG) befinden. Dieses hat sich Monate lang Zeit gelassen und mit seiner Entscheidung am Mittwoch für einen Paukenschlag gesorgt. Wie Staatsanwalt Dennis Bodenbenner sagt, habe das OLG die Passagen zugelassen, darin gehe es um den bandenmäßigen Betrug, in dem nicht nur die Gründer des Unternehmens S&K, Jonas K. und Stephan S. verwickelt sein sollen, sondern auch vier weitere Mitangeklagte. Es bestehe „hinreichender Tatverdacht“. Der Fall ist verwickelt, mehr als zwanzig Verteidiger sitzen drei Vertretern der Staatsanwaltschaft gegenüber und ziehen alle juristischen Fäden, um entweder Revisionsgründe zu schaffen, oder aber eine frühzeitige Haftentlassung der sechs nun schon seit nahezu drei Jahren in U-Haft sitzenden Mandanten zu bewirken. Im Juni hatte das OLG aber entschieden, dass Fluchtgefahr bestehe, die Untersuchungshaft daher bestehen bleibe.

Freilich wollten am Mittwoch die Verteidiger die Entscheidung des OLG für ihre Zwecke nutzen. So wurde die Erstellung einer neuen, vollständigen Anklageschrift gefordert. Man könne nicht das eine verlesen, während etwas anderes gelte. Außerdem hätten die Angeklagten das Recht eine vollständige Anklageschrift vorliegen zu haben, mittels der man sich auf die Verhandlung vorbereiten könne. Einer der Rechtsanwälte sprach von einer „dinosaurierhaften, monströsen Anklageschrift“ und beklagte, dass das OLG sich mit der Entscheidung so lange Zeit genommen habe, während bereits mit der Verlesung begonnen worden sei. Die Staatsanwaltschaft wolle sich ihr Baby, also die bisherige Anklageschrift, nicht wegnehmen lassen. Es müsse aber eine neue Anklageschrift her, immerhin handele es sich nun um neue Sachverhalte und die Anklageschrift müsse allein wegen der Information der Beteiligten in einem Guss und somit neu verlesen werden. Es handele sich dabei um eine ungebührliche Verzögerung, weshalb man wegen der Verfahrensdauer nun auch über ein Haftprüfungsverfahren nachdenken werde, zur Not werde man das Bundesverfassungsgericht anrufen. Sogar von „justiziellem Versagen“ war die Rede.

Die Staatsanwaltschaft, die ohnehin schon froh war, nach den ganzen Anträgen der Verteidigung zu Prozessbeginn mit der Verlesung beginnen zu können, sieht den Sachverhalt ganz anders. Staatsanwalt Bodenbenner argumentierte, die Reihenfolge der zu verlesenen Passagen spiele keine Rolle, es müsse aber nicht zu einer Doppelung des Inhalts kommen. Es müssten nur die in Frage kommenden Passagen nachgetragen werden. Die Verfahrensverzögerung belaufe sich auf 611 Seiten, was etwa zwei bis drei Wochen entspreche. „Wir sehen bei einer Verzögerung von zwei bis drei Wochen keinen Einfluss auf die Haftbemessung, die Verzögerung sei hinnehmbar.“ Während die Staatsanwaltschaft vorschlug, die betreffenden Anklagepunkte der fehlenden Passagen von der Verhandlung abzutrennen, lehnten die Verteidiger diese Möglichkeit ab.

Der immer mehr als gelassen wirkende Richter veranlasst eine viertelstündige Pause, und spricht danach von der ungewöhnlichen Prozesssituation. Zwar habe man sich auf die Rückmeldung des OLG eingestellt, doch müsse jetzt – bevor man mit der weiteren Verlesung fortfahre – über das weitere Vorgehen entschieden werden. „Vernunft ist in großen Wirtschaftsverfahren immer sinnvoll“, sagt Richter Duweik. „Auch wichtige Entscheidungen benötigen Zeit.“ Daher vertagt er die Verhandlung auf Freitag. Der Prozessfortgang bleibt damit offen.


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