S&K-Prozess: Tag 10

Zahlenkolonnen, Schlendrian und Lamborghinis

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Kindern liest man zum Einschlafen Geschichten vor, den Schöffen im Prozess gegen sechs Angeklagte rund um das dubiose Unternehmen S&K werden mehr als 1700 Seiten vorgetragen. Nicht ganz so spannend, aber die Anklageschrift lässt tief blicken.

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9:20 Uhr am Donnerstagmorgen. Zwanzig Minuten später als geplant beginnt ein weiterer Verhandlungstag vor dem Landgericht. Stephan S. und Jonas K. haben heute auf ihre Krawatte verzichtet und auch sonst scheint eine Art Schlendrian in den Gerichtssaal einzukehren. So mancher Anwalt kommt viel zu spät und begrüßt dann herzlichst die Kollegen und auch die Hauptangeklagten in der Verteidigerbank, um keine halbe Stunde später wieder zu gehen. Indes sieht man vor allem den unbeteiligten sieben Gerichtsdienern die Ermüdung an. Während der Verlesung sackt einem Sicherheitsbeamten immer wieder der Kopf auf die Brust, der Mund ist geöffnet und ein ganz leises Schnarchen ist zu hören. Nein, Action im Gerichtssaal stellt man sich anders vor. Aber noch befindet sich das umfangreiche Verfahren in der Anfangsphase, es müssen immer noch mehr als eintausend Seiten der Anklageschrift verlesen werden.
Das ist ermüdend, zum einen für die Vertreter der Staatsanwaltschaft, die Vorleser, die sich immer mal abwechseln, aber auch für die Anwälte, die es sich nicht verkneifen können, zwischendrin zu tuscheln, während das ganze Lesespektakel nur aufgeführt wird, damit die Schöffen wissen, wessen die Angeklagten beschuldigt werden. Eine Verteidigerin hatte nun schon beantragt, die Sitzungstage zu verlängern, so dass man schneller durchkäme und man auch seltener anreisen müsse. Doch der Richter findet zwar auch, dass das Verfahren beschleunigt werden muss, doch man müsse auch auf die begrenzte Aufnahmefähigkeiten der Schöffen Rücksicht nehmen, die die Anklageschrift nicht in schriftlicher Form vorgelegt bekommen haben, also aufmerksam lauschen müssen. „Die Verlesung ist eine besondere Herausforderung für alle Beteiligten“, fasste der stets in einer äußerst getragenen Weise sprechende Richter zusammen.

Während am Dienstag von der Staatsanwaltschaft stundenlang Zahlenkolonnen verlesen wurden – an Fakten mangelt es der Anklageschrift nicht, dramaturgisch wäre noch Luft nach oben – gab es auch Momente, in denen man sich vorstellen konnte, in welchem Luxus die beiden Hauptangeklagten gelebt haben. Da kauft man schon mal knapp 50 Kilo Gold für mehr als eine halbe Million Euro. Ansonsten floss das Geld der gutgläubigen Anleger in Motorräder, in Luxuszeitmesser und in abenteuerliche Reisen, etwa nach Dubai oder Las Vegas. Auch 230.000 Euro für einen Bentley waren keine größere Ausgabe, wo es doch in der Garage auch schon Wagen der Marken Lamborghini, Ferrari und Porsche gab.

Am Donnerstag nahm sich die Verlesung der folgenden Seiten nicht ganz so glamourös aus. Staatsanwalt Hohmann verlas, wann welche Schrottimmobilien bei Zwangsversteigerungen gekauft und dann wieder an eigene Gesellschaften verkauft wurden – zu überhöhten Preisen und mit fingierten Gutachten, die einen höheren Wert der Gebäude attestierten, um die Anleger der Immobilienfonds, hier den ersten S&K-Fond, glauben zu machen, man könne erfolgreiche Geschäftstätigkeiten nachweisen.

Die Immobilie in Camberg, die für 55.200 Euro ersteigert wurde, ist ein Beispiel. Der damalige Verkehrswert lag bei 103.750 Euro. Für 120.000 Euro wurde die Immobilie weiterverkauft. Als Käufer und Verkäufer zugleich sei Jonas K. aufgetreten. Dieser habe auch einen Gutachter beauftragt eine geschönte Bewertung abzugeben, woraufhin dieser die Immobilie mit einem Verkehrswert von 137.000 Euro bewertet und die Restnutzungsdauer auf 85 Jahre anstatt 66 Jahre schätzte. Die Liste Hohmanns schien sich mit der Erwähnung immer anderer Immobilien stetig zu wiederholen. Fest steht, zumindest laut der Anklage, dass die Anleger glauben mussten, was ihnen in Hochglanzprospekten versprochen wurde und sie es gerne glaubten, weil eben auch Gutachten vorgelegt wurden, die wohl nichts wert waren. Fortsetzung folgt...

Was bisher geschah....


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