Ob SEK-Skandal, NSU 2.0 oder Gewaltvorwürfe: Rafael Behr wird oft bei Themen, die ein mögliches Fehlverhalten der Polizei betreffen, als Experte herangezogen. Die schwarz-grüne Landesregierung hat ihn nun für das Amt des Bürger- und Polizeibeauftragten ausgewählt.
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Rafael Behr, Professor für Kriminologie und Soziologie an der Polizeiakademie Hamburg, wird oft als Experte herangezogen, wenn es um Vorwürfe geht, die das (Fehl-)Verhalten von Polizeibeamtinnen und -beamten betreffen. Künftig soll er als Spezialist, aber auch Mentor in Hessen im Einsatz sein: Die schwarz-grüne Landesregierung hat den 63-Jährigen als Bürger- und Polizeibeauftragten ausgewählt. Die Stelle war im Dezember vergangenen Jahres neu geschaffen worden.
Behr, der selbst von 1975 bis 1990 Polizeibeamter bei der hessischen Bereitschaftspolizei und im Frankfurter Polizeipräsidium war, promovierte nach seinem Psychologie- und Soziologie-Studium an der Goethe-Universität unter der Überschrift „Cop Culture“ über die Organisationskultur und das Gewaltmonopol der Polizei. Mit seiner neuen Position soll er künftig als Moderator und Mediator fungieren und die Bürgerinnen und Bürger im Umgang mit den Behörden des Landes beraten und unterstützen.
„Rafael Behr ist eine hervorragende Wahl, da er einerseits den Polizeiberuf von der Pike auf gelernt und viel praktische Erfahrung hat, andererseits Kriminologie und Soziologie lehrt und über den Polizeialltag geforscht hat“, erklärt Jürgen Frömmrich, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Landtagsfraktion, die Entscheidung. Behr sei ein Mann „der klaren Worte, ausgewogener Urteile und großer Empathie“. Weiter heißt es vonseiten der Fraktion, man habe sich bewusst für eine Position außerhalb der Polizeistruktur entschieden, um ein niedrigschwelliges Angebot zu garantieren.
„Mir ist wichtig, dass die Funktion eines Bürger- und Polizeibeauftragten nichts mit einem ‚Generalverdacht‘ gegenüber dem Verwaltungshandeln oder einem ‚generellen Misstrauen in die Polizei‘ zu tun hat“, teilte Rafael Behr mit. Er selbst wolle nun dafür sorgen, dass das Vertrauen in einen gerechten Staat, insbesondere in die Polizei, gestärkt werde. „Menschen, die sich von staatlichen Stellen benachteiligt oder ungerecht behandelt fühlen, sollen sich darauf verlassen dürfen, dass sie in Zukunft fair behandelt werden“, so der Beauftragte. Der 63-Jährige hatte sich zuletzt im Rahmen des Frankfurter SEK-Skandals bereits für eine Beschwerdestelle, Beauftragte für Rechtsextremismus oder Whistleblower-Einrichtungen stark gemacht, wie er in einem Interview mit der Tagesschau sagte.
Ähnliches schrieb Behr auch in einem seiner Gastbeiträge für das JOURNAL FRANKFURT. Hinsichtlich der Frage, was im Frankfurter SEK passiert sei und wie es dazu kommen konnte, verwies er unter anderem auf den „Deckmantel der Geheimhaltung“ und schrieb: „Alle Reformen, die die Hessische Polizei nach Skandalen seit 2018 begonnen hat, werden von Polizeibeamten geleitet (außer der sogenannten „Expertenkommission“ – aber die hat nur eine beratende Funktion).“ Die Entwicklungen überraschten ihn nicht, so Behr in seinem Kommentar. Mit der neu geschaffenen Stelle soll sich dies nun ändern.
Der Personalvorschlag soll in einer der nächsten Sitzungen des hessischen Landtags mit den anderen Fraktionen debattiert und dann auch darüber abgestimmt werden. Die Amtszeit soll sechs Jahre betragen, eine Wiederwahl ist laut Gesetzesentwurf möglich.