Die Gentrifizierung im Bahnhofsviertel schreitet weiter voran: nach 13 Jahren muss die Pilsstube Pfiff in der Kaiserstraße schließen. Im Januar 2019 soll in den Räumen eine japanische Nudelbar eröffnen.
Ronja Merkel /
Erst im Mai dieses Jahres hatte die Kult-Kneipe Terminus Klause in der Moselstraße schließen müssen, nachdem der Mietvertrag nicht verlängert werden konnte. Ein Jahr zuvor hatte es die Bier Brezel nach 30 Jahren in der Kaiserstraße getroffen. Betreiber Michael Reichert musste die Kneipe aufgrund steigender Mietkosten schließen. Nun verliert das Bahnhofsviertel eine weitere Kneipe: Die Pilststube Pfiff muss nach 13 Jahren aus den Räumen in der Kaiserstraße ausziehen. Zum 01. Januar 2019 soll an gleicher Stelle eine japanische Nudelbar eröffnen.
Jeannine Kenty und Sander Stein sind die Betreiber des beliebten Milieutreffs – nach so vielen Jahren schließen zu müssen, sei traurig, sagen die beiden. Auch die Stammgäste zeigen sich schockiert. Einige kommen sogar vorbei, um beim Auszug zu helfen. Wie schon die Terminus Klause und die Bier Brezel, war das Pfiff eine echte Institution und eine Art erweitertes Wohnzimmer für die Gäste. Dort schaute man die Eintracht-Spiele, trank Binding und ab und an ein Mispelchen mit Wirtin Jeannine Kenty. Für die gute Stimmung sorgte zuverlässig Sander Stein, der stets wilde Geschichten aus dem Bahnhofsviertel zu erzählen hatte. Stein ist praktisch gebürtiger Bahnhofsviertler, seinen Eltern gehörte vor vielen Jahren unter anderem das Rendezvous, die Gentrifizierung des Viertels hat er über Jahre hinweg aus nächster Nähe beobachten können. „Demnächst gibt es hier gar keine normalen Kneipen mehr“, sagt er. „Dafür eröffnen an jeder Ecke schicke Restaurants.“
Grund für die Schließung sei der Wunsch der Vermieterin, ein seriöseres Publikum im Haus haben zu wollen. Der Mietvertrag für die Räume läuft eigentlich noch zwei Jahre, die Diskussionen über die oft lauten Gäste beschäftigte Mieter und Vermieter jedoch bereits länger. Um sich größeren Ärger zu ersparen, haben sich Kenty und Stein daher entschieden, der Vermieterin entgegen zu kommen und die Pilsstube bereits jetzt aufzugeben. Beide betonen jedoch, dass die Gespräche dazu sehr fair abliefen, man habe sie nicht rausgeschmissen. Jeannine Kenty und Sander Stein bleiben weiterhin die Hauptpächter und vermieten die Räume lediglich weiter.
Man wolle außerdem im Bahnhofsviertel bleiben, versichert das Paar. „Wir schauen bereits nach neuen Räumen und werden definitiv wieder eine Kneipe im Bahnhofsviertel eröffnen.“ Wann genau es soweit sein wird, wissen Kenty und Stein noch nicht. Allzu lange soll es aber nicht dauern, bis man den Stammgästen wieder ein zweites Zuhause bieten kann.
Jahrgang 1989, Kunsthistorikerin, von Mai 2014 bis Oktober 2015 leitende Kunstredakteurin des JOURNAL FRANKFURT, von September 2018 bis Juni 2021 Chefredakteurin.