Die GLS Bank gewinnt Kunden, seit der Lehman-Pleite vermehrt. Wie sie das macht? Laut ihrem Vorstandssprecher Thomas Jorberg jedenfalls nicht durch hohe Zinsen, sondern Transparenz und Nachhaltigkeit.
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"Nachhaltigkeit", sagt Thomas Jorberg in der Filliale der GLS Bank in der Mainzer Landstraße, "ist kein Alleinstellungsmerkmal mehr." Man muss dazu tatsächlich auch nur wenige Schritte Richtung Taunusanlage gehen, dann steht man vor den Green Towers der Deutschen Bank, wo man während der Bauarbeiten angesichts des Zauns den Eindruck gewinnen konnte, ja: die Deutsche Bank ist nicht nur baulich grün, sondern auch sonst irgendwie. Irgendwie reicht aber aus Sicht der GLS nicht. Die Bank, 1974 von Antroposophen gegründet, hat sich dem Ziel verschrieben, nicht nur für den Menschen, also in nachhaltige, ökologische und soziale Projekte zu investieren, sondern ihren Kunden auch genau darzulegen, wofür deren Geld verwendet wird. Wer bekommt einen Kredit, wer eine Bürgschaft, wo wird gespendet? Das alles lässt sich nachlesen, Thomas Jorberg selbst tourt gerade durch Deutschland, um einmal abseits der Essener Konzernzentrale ins Gespräch mit den Kunden zu kommen. "Wir wollen Geld sinnvoll für den Menschen einsetzen", sagt Herr Jorberg. Damit unterscheide man sich substantiell von anderen Geldinstituten. Dort sei die Gewinnmaximierung das einzige Ziel, die Kollateralschäden würden durch soziale und ökologische Beigaben abgemildert. Mit Interesse hat Jorberg dem Handelsblatt-Journalisten Gabor Steingart zugehört, der davon sprach, dass es eine Bankenwende nicht nur geben müsse, sondern dass diese kommen werde. Von Revolution ist im Besprechungszimmer der GLS an diesem Tag sogar die Rede, doch damit ist nicht das Wirtschaftssystem an sich gemeint, es geht nicht ums Ende des Kapitalismus, sondern um einen neuen Anfang. Deswegen luden die GLS-Banker auch die Occupy-Leute zu sich ein, mit der Bewegung Occupy Money sind von Februar an gemeinsame Veranstaltungen geplant. Aber was ist dann mit Revolution gemeint? Thomas Jorberg erläutert es so: "1989 haben wir die erste Windkraftanlage finanziert. Keiner glaubte daran, dass das Zukunft hat. Und 25 Jahre später reden wir von einer Zukunft mit 100 Prozent erneuerbaren Energien. Das ist das Positivbild für den Energiebereich. Und wie sieht das Positivbild fü das Finanzwesen aus?" Es versteht sich, dass Jorberg da vor allem nachhaltig wirtschaftende Banken sieht. Doch die sind nichts, ohne dass nicht auch bei den Kunden - ähnlich wie bei Nahrungsmitteln, ähnlich wie beim Strom - ein Umdenken einsetzt. "Das Geld geht dahin, wo der Zins höher ist, egal was mit dem Geld gemacht wird", bedauert er. Damit verhalte es sich wie mit dem Millisekundenhandel: bei vergleichbarer Laufzeit und vergleichbarem Risiko treffen die Menschen ihre Entscheidungen ebenso wie es ein auf einfachen Gleichungen aufgebautes Computerprogramm auch machen würde. "Da brauchen wir die Wende." Die ist schon im Gange. 2000 neue Kunden gewinnt die GLS pro Monat, 70 Mitarbeiter werden im Jahr eingestellt. "Die Krise hat uns einen Schub gegeben, aber die meisten Kunden kommen über Empfehlungen anderer Kunden", sagt er. Auch Schülergruppen besuchen die GLS, gerne nachdem sie in den Zwillingstürmen der Deutschen Bank waren - einfach, um noch einmal ein anderes Banking-Modell kennenzulernen. Über die Razzia bei den Kollegen an der Taunusanlage, auf die Medienberichte über Bankster und Gier hat sich Thomas Jorberg dennoch nicht insgeheim gefreut. "Diese Kriminalisierung schadet der gesamten Branche", sagt er.