Der Haftbefehl gegen einen 32 Jahre alter Terrorverdächtiger wurde aufgehoben. Nicht etwa, weil seine Unschuld bewiesen wurde, sondern weil das Landgericht einfach keine Zeit hat, den Fall zu bearbeiten
Christina Weber /
Eine „starke Belastungslage“ herrsche am Frankfurter Landgericht, sagt ein Sprecher. Hört man sich diese Geschichte an, klingt es eher nach völliger Überlastung: Der Haftbefehl gegen einen 32 Jahre alten Terrorverdächtigen wurde aufgehoben, weil die zuständige Kammer einfach keine Zeit findet, den Fall zu bearbeiten. Der Angeklagte wurde vor zwei Jahren von der Polizei aufgegriffen, als er gerade nach Syrien ausreisen wollte. Der Vorwurf: die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. In Untersuchungshaft saß er jedoch nicht – er musste sich nur regelmäßig bei der Polizei melden.
Dieser Umstand führte nun dazu, dass der Haftbefehl gegen ihn aufgehoben wurde. Denn zuerst bearbeite man die Fälle der Angeklagten, die inhaftiert sind. „Schließlich stellt das einen schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte dar“, so der Sprecher. Andere Fälle werden untergeordnet. Dass ein Haftbefehl wegen Überlastung aufgehoben wird, sei „sehr außergewöhnlich“, betonte der Sprecher. Grund dafür seien andere zeitraubende Prozesse – wie etwa das Verfahren gegen die mutmaßlichen Betrüger der S&K-Gruppe. „Die zuständige Kammer kann wegen des Prozesses keine Neuzugänge aufnehmen – die werden auf die anderen Kammern verteilt“, erläutert der Sprecher. Auch das Verfahren um den Terrorverdächtigen Halil D. benötige viel Zeit und Personal. Eine Gefährdung durch die Aufhebung des Haftbefehls sieht der Sprecher nicht. „Er war ja vorher auch schon auf freiem Fuß. An der Gefährdungslage ändert sich also nichts.“
Laut der Hessenschau hat die Staatsanwaltschaft Beschwerde eingereicht. Dann entscheidet das Oberlandesgericht, ob sich der 32-Jährige nun vor Gericht verantworten muss oder nicht.
Korrektur: In einer früheren Version dieses Textes hieß es, auch das Verfahren gegen den Mann sei eingestellt worden. Es geht tatsächlich aber lediglich um den Haftbefehl.