Kurzbesuch beim 16. Renntag des Handwerks

Ja, wo laufen sie denn?

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An Fronleichnam fand auf der Frankfurter Galopprennbahn der 16. Renntag des Handwerks statt. Fast 15 000 Besucher waren da und auch wir haben uns das lustige Treiben angeschaut, wenn auch mit Skepsis.

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Eines vorweg: Ich bin nicht für den DFB. Aber eben auch nicht "pro Rennbahn". Würde ich etwas anderes sagen, dann wäre ich wie so viele andere Frankfurter in den vergangenen 15 Jahren auch auf dem Areal gewesen, hätte Geld dagelassen und damit den Renn-Klub vor der Insolvenz bewahrt. Ich erinnere mich noch an Zeiten, da gab es auf der Rennbahn regelmäßig Trödelmärkte. Da nutzte einem das Gelände selbst, wenn man von Pferderennen keinen Schimmer hatte. Damals war ich gerne da. Heute fallen mir erst wieder Veranstaltungen der Rennbahn auf, seitdem deren Beseitigung zur Debatte steht, vielleicht gibt es Events wie die White-Horse-Dinnerparty am 13. Juni ja auch erst neuerdings. Davor hatte sich, das ist meine Meinung, die Rennbahn fast verzichtbar gemacht, was bei der vielbeschworenen 152-jährigen Tradition ein Frevel ist.

An Fronleichnam aber stehen die Besucher an der Galopprennbahn Schlange, berappen brav neun Euro Eintritt und schauen wie auch ich zu beim 16. Renntag des Handwerks.

Highlight Fassadenreinigung

Eine Schwalbe saust im Tiefflug über das Gras und es drängt sich der Gedanke auf, dass auf dem vielleicht künftig dem Fußball geweihten Rasen ganz andere Schwalben eine Rolle spielen könnten. Die Rennbahn füllt sich mit Publikum, 15.000 Besucher sollen es am Ende sein. Aber seien wir ehrlich: Um Pferde geht es hier nur am Rande. Denn wenn die Handwerkskammer lädt, dann werden Innungen vorgestellt. Dann gibt es die Modenschau der Maßscheider-Innung, dann wird Flamenco getanzt, die Cheerleader der Eintracht wirbeln in engen Kostümchen auf der Bühne (ach ja Fußball, es geht selbst hier nicht ohne!), ein besonderes Highlight mit entsprechender Durchsage durchs Mikrofon war die Fassadenreinigung der Tribüne von der entsprechenden Innung. Toll wie sauber Scheiben werden können, ein atemberaubender Showact, der den Renn-Klub vielleicht wieder Geld fürs Putzen gespart hat. Hausmann's dampfender Schwenkgrill lockt die Gäste, die bei der frühsommerlichen Hitze aber auch den gekühlten Alkoholika zusprechen.

Ich spitze die Ohren, lausche dem Gesprächen und es bestätigt sich, was ich selbst ja auch nicht anders empfinde. „Ja, ich war ja noch nie auf der Rennbahn, aber jetzt wo sie zumacht, wollte ich noch mal gucken, was hier so los ist“, vernehme ich nebenan. Endzeitstimmung mit Partylaune. Irgendwie passt das alles zu Fronleichnam. Auf den Wettzetteln steht ja auch „German Tote“. Schon klar, des Englischen bin ich mächtig, aber da darunter „Faszination Pferderennen“ steht, verlese ich mich auf den ersten Blick und kichere. Und dann muss ich schlucken. War nicht im vergangenen Jahr die Stute Lady of Budysin bei der gleichen Veranstaltung in Frankfurt einen Meter nach dem Zieleinlauf gestolpert, auf den Kopf gefallen und dann gestorben? Das größte Glück der Erde liegt eben auf dem Rücken der Pferde, aber offenbar nicht zwingend auf der Rennbahn.

Kurzes Vergnügen

Die Anspannung steigt, gleich beginnt das erste von sieben Rennen des Tages. Vollmundig wurde das Rennen auf dem großen Ankündigungsplakat für 13 Uhr angekündigt, aber Papier ist vor allem auf Plakaten bekanntlich geduldig und was sind schon Zahlen und Fakten? Um kurz vor 14 Uhr stehen vier Pferde in den Boxen, gleich starten sie beim Rennen der Fleischer-Innung Frankfurt-Darmstadt-Offenbach. Kein Witz! Warum wird nicht gleich Pferdesalami gereicht oder Sauerbraten? Vielleicht weil es so schon geschmacklos ist. Während die Pferde im übertragenen Sinne um ihr Leben rennen, jubelt die Meute auf der Tribüne, es herrscht Volksfeststimmung, doch so ein Rennen geht rasend schnell vorbei. Der Elan verpufft, es wird wieder getrunken und gefuttert. Es gilt: sehen und gesehen werden.

Das kommende Rennen der Zahntechniker-Innung dreißig Minuten später spare ich mir, dafür beobachte ich das Publikum. Es ist auffallend jung, es gibt viele „Hipster“, die ebenso gut auf dem Friedberger Platz feiern könnten und junge Herren, die sich offenbar dem leicht elitär wirkenden Preppy-Look verschrieben haben: Weiße Bermudas, blaues Sakko, kariertes Hemd und Slipper mit: Bommelchen. Dann beobachte ich Otto Normalverbraucher, im Urlaub gerne mal als Neckermänner beschrieben, in Shorts und Ringelshirt, die nicht wissen, wo denn der Start der 1300 Meter-Distanz ist und dann gibt es die wenigen Damen, die ihren Fascinator oder Hut zur Schau stellen und sich richtig schick gemacht haben, wie es bei Traditionsrennen üblich ist. Bei nur fünf Renntagen im Jahr ist es kein Wunder, wenn die Hutmacher der Region eher für Rennen in Baden-Baden oder Ascot engagiert werden als für Frankfurt.

Pferdesport kommt auch ohne Frankfurt aus

Es gibt viel zu gucken – ich sehe unter anderem den Mann, der auf dem Band seiner Melone ein Schild spazieren trägt mit der Aufschrift „Die Rennbahn lebt“. Mir fällt dazu ein Spruch der Dakota-Indianer ein: "Wenn Du entdeckst, dass Du ein totes Pferd reitest, dann steig ab!” Egal, die Pferde haben den Renntag, wie man hört, in diesem Jahr alle überlebt, einzig der 17-jährige Vinzenz Schiergen ist schwer gestürzt, der Sattel seines Pferdes war verrutscht, der Reiter sprang ab und wurde – ich glaub mich tritt ein Pferd – vom Huf seines Pferdes erwischt. Das alles habe ich nicht mehr mitbekommen, Rennsport ist nichts für mich, das ich meine persönliche Meinung. Bevor ich davontrabe nehme ich noch einen Flyer mit, darauf stehen alle Renntage in Deutschland. Ich zähle 158 Termine bundesweit, da fallen die fünf Renntage in Frankfurt mehr oder weniger nicht weiter ins Gewicht. Der deutsche Pferderennsport würde also auch ohne Frankfurter Beteiligung weitergehen. Jede Wette! Ob die Stadt beim DFB aufs richtige Pferd setzt, das vermag ich jedoch nicht zu sagen.


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