Kurz vor Weihnachten ist es Zeit, zur Besinnung zu kommen, neue Pläne zu schmieden, Träume zu träumen, Utopien zu ersinnen. Eine sehr persönliche Zusammenschau von unserer Kolumnistin Ana Marija Milkovic.
Ana Marija Milkovic /
Ich möchte gerne Stulpen tragen. Ich möchte in Berlin an der Mauer stehen. Ich möchte Christiane F lesen und die intellektuellen Mütter meiner Freundinnen dazu befragen. Ich möchte die Unbeschwertheit einer Welt fühlen in der es vielen besser ging. Ich möchte den Mut einer Abramovic haben und in einem Bus auf Reisen gehen. Ich möchte mein erstes Buch von Dostojewski lesen. Ich will Puschkin nicht vergessen. Ich will verliebt im nassen Gras stehen. Ich will die Spiessigkeit allenthalben und die Richtung daraus ersehnen. Ich will nicht tausendundeinen Turnschuh haben. Ich will die drei weissen Streifen tragen. Ich will den alten VW Käfer fahren. Ich will die Fenster bei Regen kurbeln damit die Scheiben nicht beschlagen. Ich will die Welt nicht durch Konsum erleben. Ich will als Huckleberry Finn den Mississippi auf einem Dampfer entlang fahren. Ich will Tom Sawyer zum besten Freund haben. Ich will die drei Damen vom Grill sehen. Ich will, dass meine Träume im Kopf entstehen. Ich will die Fremde als solche erfahren. Ich will Worte ihrer Beschaffenheit neu zuordnen lernen. Ich will die enge Bluse, die mich als Kind zwickte, heute tragen. Ich will mein Partisanenbuch wieder haben. Ich gelobe Reue in diesen Tagen. Ich will für meine Welt einstehen. Ich will mit meinem Finger den Globus entlang fahren. Ich will Brause lutschen vorm Tante Emma Laden. Ich will den Ranzen am Leder riechen und an den zwei Schnallen schliessen. Ich will Vater und Mutter ehren, wie mir der Herr, mein Gott, geboten hat, auf dass ich lange lebe, und dass mir's wohl ergehe in dem Land, das mir der Herr, mein Gott, geben wird, wo immer das sein mag.