Jazzfestivalstart eher konventionell

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detlef kinsler /

What You See Is What You Hear – das 38. Deutsche Jazzfestival Frankfurt 2007 gibt sich diesmal interdisziplinär. „Klänge, Bilder, Projektionen – auf dem diesjährigen Festival inszenieren Musiker in fünf Projekten ihr Wechselspiel mit Fotos, Filmen und Gemälden. Willst Du hören, musst Du gucken!“, bewerben die Festivalmacher ihr diesjähriges Motto.


Den Startschuss zum dreitägigen Festival – natürlich wieder ausverkauft – gab die hr Big band unter Jörg Achim Keller mit „Portrait In Seven Shades“, Komponist und Arrangeur Ted Nash (Saxophon) war natürlich bei der Europapremiere seiner Auftragskomposition mit auf der Bühne. Suggerierte die Werbung, der Mann habe quasi über Wochen und Monate bei den Werken seiner Lieblingsmaler im Museum of Modern Art geschlafen, um auf geheimnisvolle Weise in Dialog mit den Bildern zu treten um derart inspiriert adäquate Kompositionen schreiben zu können, so klang sein siebensätziges Werk dann doch eher beliebig. Smart und glatt wie der ganze Kerl war`s am Ende doch eher Ami-Mainstream. Da die Monets, Dalis, Matisses, Picassos, van Goghs, Chagalls und Pollocks auf Leinwand eingeblendet waren, konnte man leicht überprüfen, ob die Klänge im Ohre des Zuhörers sich mit Nashs Musik deckten. Klar, das waren seine Interpretationen und mit denen muss man mitnichten einig sein. Aber das anmoderierte, dramatische Leben van Goghs in einen American Songbook-ähnlichen Song zu pressen, ist das nur Geschmacksache? Oder Surrealismus in 13/8Takten auszudrücken ist so spannend wie ein Countrysong in 7/4 bei Sting. Einzig Chagall kam überzeugen, da lebendig. Da waren es die Farben und Figuren, die Nash zu russisch-jüdisch anmutender Musik inspiriert hatten. Eine Geige setzte hier Akzente. Aber hätte die Big Band ihrer wunderbare Bearbeitung von Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ hier aufgeführt, wäre das weit spannender gewesen. Pause.


Das Jazzfestival steht auch immer für Brüche. Und so gibt es – Gott sei dank – keinen Abend keinen Fluss. Bassklarinettist Louis Sclavis präsentierte sein New Quintett, von Redakteur Guenter Hottmann vollmundig mit „Hier geht die Post, wenn nicht der Punk ab“. Man konnte verstehen, was gemeint war, denn Sclavis hatte sich junge Wilde dazu an Keyboards (auch für die Bässe verantwortlich), Saxophon, E-Gitarre und Schlagzeug. Und die spielten auch unverbraucht, noch nicht ausgreift, aber irgendwie spannend, „schrill und poetisch“, so der Anspruch des Franzosen. Poetisch waren vor allem die teils unbegleiteten Dialoge der beiden Bläser, wunderschön anzuhören.


Wer bei den legendären Allman Brothers mitspielen darf, wen Eric Clapton neben sich auf der Bühne duldet, der muss gut sein. Und das ist Gitarrist Derek Trucks auch. Der 27-jährige spiele „the holiest guitar in the west“ stand schon oft in Kritiken zu lesen. Tatsächlich beschäftig sich der Mann nicht nur mit Blues, R&B und Jazz. Seine Band, Hammond, Drums, Percussion, Bass und Flöte, könnte – was den Stilmix betrifft – auch aus New Orleans kommen mit seiner Amerika sprengenden Roots Music. Sänger Mike Mattison klingt irgendwie mit seiner oft sehr hohen, aber nie fisteligen Stimme wie einen Mischung aus Joe Cocker und Aaron Neville und einem echten Soulshouter. Auch wenn Trucks Coltrane, Rahsaan Roland Kirk, Gospel und vieles andere Mehr verinnerlicht hat – viele seiner Songs leben eher von seiner beseelten Virtuosität, weniger von der Komposition. Das hat man alles irgendwie schon mal gehört. Einzig „Sahib Teri Bandi“, ein Instrumental, zeigte die Spiritualität des Gitarristen und die Transzendenz, die in seiner Musik möglich ist: wie er die Nusrat Fateh Ali Khan-Kompositionen auf Slide Gitarre übertrug und interpretierte, war für die eine oder andere Gänsehaut gut.
Selbst Richard Rodgers „My Favourite Things“ mit Coltrane im Ohr versöhnte die (wahren?) Jazzfans am Abend nicht, für die das, was die Band da spielte, nun wirklich kein Jazz gewesen sei. Tja, so ist das mit den Erwartungshaltungen, so oder so.


Heute Abend um 19 Uhr geht`s weiter: mit Heinz Sauer / Michael Wollny
plus Images radio.string.quartet.vienna, Hilmar Jensson‘s TYFT feat. Jim Black und Jon Hassell and Maarifa Street feat. Kurt d' Haeseleer. hr2 Kultur überträgt die Veranstaltung live aus dem Sendesaal.


Foto: © Detlef Kinsler


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