Einst war Frankfurt die Hauptstadt des Jazz. Doch diese Tage sind vorbei. Um junge Leute für Bebop, Fusion und Co. zu begeistern, startet die Stiftung Polytechnische Gesellschaft ein Jazz-Programm.
Jasmin Takim /
Nach dem Krieg swingte Frankfurt wie keine andere deutsche Stadt. Hier wurde das erste deutsche Jazz-Festival ins Leben gerufen, im Jazzkeller gaben sich Stars wie Dizzy Gillespie und Louis Armstrong die Klinke in die Hand. Doch diese Epoche ist Geschichte. Vor allem junge Frankfurter können mit Jazz nicht mehr viel anfangen - auch deshalb, weil er im Musikunterricht an den Schulen keine Rolle mehr spiele, meint Christoph Gotthard, Fachberater für Musik am Staatlichen Schulamt. „Das geht so gar nicht, in Frankfurt ist das Unding!“, regt Gotthard sich auf. Damit der Jazz mehr Raum in den Lehrplänen bekommt, unterstützt das Staatliche Schulamt gemeinsam mit fünf weiteren namhaften Kooperationspartnern das Projekt „Jazz und Improvisierte Musik in die Schule!“ der Stiftung Polytechnische Gesellschaft. Die will Schüler für den Jazz begeistern – vor allem, weil seine Mischung aus Regelhaftigkeit und Improvisation einen einzigartigen Lerneffekt habe. „Jazz fördert und fordert viele Fähigkeiten, sein experimenteller Charakter passt gut zu unserem Programm“, sagte Roland Kaehlbrandt, Vorstandvorsitzender der Stiftung, am gestrigen Dienstag bei der Vorstellung des Projekts. Kaehlbrandt und Projektleiterin Daphne Lipp sind überzeugt, dass die Schüler anbeißen. "Rock, Pop und Jazz haben teilweise dieselben Wurzeln, das macht diese Musik für Jugendliche, die vor allem Popmusik hören, besonders interessant." Alle Frankfurter Schulen, die ein Jazz-Projekt starten möchten, können sich bis zum 31. August bei der Stiftung Polytechnische Gesellschaft bewerben. Maximal 8000 Euro bewilligt die Stiftung für Konzepte, die die namhafte Jury überzeugen. Denn nur die besten Bewerbungen machen das Rennen, Vorerfahrungen spielten jedoch keine Rolle, betont Daphne Lipp. Nicht nur Schulbands können teilnehmen, auch interdisziplinäre Projekte, die etwa Theater oder Literatur miteinbeziehen, oder Schulen, die eine Projektwoche zum Thema Jazz veranstalten wollen, haben Chancen auf eine Förderung. Professionelle Unterstützung bei der Umsetzung ihrer Ideen erhalten die Schülergruppen vom Musikpädagogen Sascha Wild, auch Lehrerfortbildungen und Werkstatttreffen stehen auf dem Programm. Ab Herbst können die Auserwählten richtig durchstarten. Je nachdem, wie lange sich das Projekt hinzieht, kann die Förderung ein oder zwei Jahre dauern. Bei einer Präsentation im Juni 2012 stellen die Teilnehmer ihre Ergebnisse einem großen Publikum vor. Insgesamt nimmt die Stiftung Polytechnische Gesellschaft 100.000 Euro in die Hand, um die jungen Jazzer an Frankfurter Schulen zu unterstützen, ein Viertel der Summe steuert die Aventis Foundation bei. Die professionellen Partner der Stiftung sind neben dem Staatlichen Schulamt die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, die hr-Bigband, das Darmstädter Jazzinstitut sowie Dr. Hoch’s Konservatorium.