Seit 15 Jahren gibt Schwester Sigrid Ehrlich im Haus Lichtblick Hilfesuchenden eine Unterkunft. Aber die Nachfrage ist weit höher als der Platz. Daher hofft sie nun auf Spenden für einen Erweiterungsbau.
Christina Weber /
Viele Pflegeheime zeichnen sich durch Gleichförmigkeit aus – Ein starrer Tagesplan und Zimmer in ähnlicher Größe mit identischer Ausstattung sowie gleichem Mobiliar. Im Haus Lichtblick läuft alles etwas anders. Das Zusammenwohnen sei „sehr unkonventionell“, wie es Gründerin Schwester Sigrid Ehrlich schmunzelnd beschreibt. Es gehe in erster Linie darum, jedem Hilfe zu bieten, der sie sucht. Da wird auch mal ein provisorisches Bett in einem Abstellraum aufgebaut. Das passiere oft, wenn Menschen, die keinen Aufenthaltsstatus in Deutschland haben, hier stranden. „Wo sollen die Leute denn sonst bleiben?“, fragt Schwester Sigrid. Das Haus für betreutes Wohnen wurde 2000 eröffnet. Zunächst konnten hier 26 Bewohner leben, durch einen Erweiterungsbau sind es heute offiziell 30 Plätze. „Aber wir sind ständig überbelegt“, so Schwester Sigrid. Meist seien über 40 Menschen in dem Gebäude in der Eschersheimer Landstraße untergebracht.
Es sind sehr unterschiedliche Bewohner, die ins Haus Lichtblick einziehen: Obdachlose, Kranke, Senioren. „Ich bin überrascht, wie tolerant alle sind – trotz Alkoholkonsums“, so die Gründerin. Die bunte Mischung sei nur möglich, da es offiziell kein Heim ist. „Ansonsten hätten wir bestimmte Vorgaben, in Bezug auf Alter oder Krankheiten.“ So könne sie jeden aufnehmen, selbst wenn nicht klar ist, wie die Finanzierung geregelt wird. Ein Zimmer kostet hier 375 Euro. Die Zimmergröße spiele beim Preis keine Rolle, obwohl manche Zimmer rund 25 Quadratmeter groß seien und über ein separates Bad verfügen; während in andere lediglich ein Schrank, ein Bett und ein Waschbecken passen. Das Glück entscheidet hier, welches Zimmer gerade frei ist. Manche Bewohner verwalten ihr Geld selbst, von anderen werden Sozialleistungen vom Amt direkt an das Haus Lichtblick überwiesen. Davon wird dann die Miete gezahlt, sowie Essen, Kleidung und was sonst noch nötig ist. Auch etwas Taschengeld gibt es in diesem Fall. Für einige Bewohner hat die Einrichtung sogar die Vollmacht übernommen.
Um dieses Angebot aufrecht zu erhalten, ist Schwester Sigrid, beziehungsweise ihr Verein „Lichtblick aktiv Schwester Sigrid“, auf Unterstützung angewiesen. Und bisher habe das auch ganz gut geklappt. Das Haus stammt aus ehemaligen US-Liegenschaften, Altkanzler Helmut Kohl überschrieb es dem Verein. Auch der Erweiterungsbau im Jahr 2006 konnte durch Spenden finanziert werden. „Als wir anfingen zu planen, hatten wir gar nichts. Aber als der Bau losging, waren 2000 Euro zuviel da“, erzählt Schwester Sigrid. „Die Spendenbereitschaft ist in Deutschland ja glücklicherweise groß.“ Darauf baue sie nun auch für ihr künftiges Großprojekt. Das Haus Lichtblick braucht mehr Platz, ein zweiter Erweiterungsbau muss her. Das Gebäude soll erneut um zwei Etagen aufgestockt werden. So könnten rund 20 neue Zimmer geschaffen werden. Außerdem seien Sanierungen nötig, etwa eine bessere Isolierung. Von außen sieht man dem Haus durchaus sein Alter an – in Regenrinnen sprießt das Unkraut, die verblassten Hauswände sind mit Graffiti beschmiert.
Eine Baugenehmigung sowie einen Kostenvoranschlag für das dringend nötige Projekt liegen bereits vor: 2,5 Millionen Euro wird es kosten. Etwas Rücklagen seien vorhanden, so Schwester Sigrid. Würden eine Millionen Euro durch Spenden zusammenkommen, könnte der Bau beginnen. Wenn dann noch etwas an Geld fehle – Schwester Sigrid ist da gnadenlos optimistisch – komme es schon irgendwie zusammen. Dieser Optimismus ist überhaupt der Grund dafür, dass das Haus Lichtblick heute in der Form existiert. „Mir wurde auch schon beim ersten Erweiterungsbau gesagt, ich muss Insolvenz beantragen, aber ich habe auf die Spenden vertraut – und sie kamen“, berichtet die Schwester.
Glücklicherweise wissen viele ihre Einsatzbereitschaft zu schätzen, und das nicht ohne Grund. Bei Schwester Sigrid stand Nächstenliebe schon immer im Mittelpunkt ihres Lebens. 1989 wurde sie von Köln nach Frankfurt versetzt. Sie kümmerte sich hier von Anfang an um Obdachlose und Hilfsbedürftige – wusch und verband Menschen, die in der B-Ebene der Hauptwache, in Parks oder unter Brücken lebten. Bereits 1992 gründete sie ihren Verein – und betreute auch schon ein Haus, in dem jedoch lediglich sechs Personen Platz hatten.
Die Nachfrage nach dem Angebot ist nach wie vor groß, steige sogar. Insbesondere da das Haus Lichtblick wirklich ein Zuhause für die Bewohner sein soll. Wenn möglich ziehen einige zwar selbständig wieder in eine eigene Wohnung. Andere verbringen hier aber den Rest ihres Lebens, selbst wenn sie zum Pflegefall werden. Dann wird ein ambulanter Pflegedienst engagiert. Eigene Krankenschwestern können nicht eingestellt werden, sonst würde das Haus als Heim gelten – und dann könnte Schwester Sigrid nicht mehr jeder aufnehmen, der Hilfe sucht.
>> Wer das Haus Lichtblick unterstützen möchte: Spendenkonto: Frankfurter Sparkasse, Konto-Nr.: 2980; BLZ: 500 502 01