Hauptsache Musik

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red /

Zwischen alt und neu: In der vierten Generation betreiben Brüder ein hundert Jahre altes Musikhaus im Frankfurter Bahnhofsviertel. "Cream Music" ist über Hessen hinaus und unter Musikern eine Instanz. Die "Stones", Billy Idol, Elvis Presley und John Lennon kauften bei der Familie Hahn ein, die in vielen Bars auch selbst spielt.


Das alte Holz der Ladentheke verströmt das Flair großer Musikgeschichte. Auch die vielen Gitarren in den bis zur Decke gebauten Regalen hinter blank geputzten Scheiben muten nostalgisch an - trotz modernsten Designs und greller Farben. Eine grüne, dicke Holzkasse gibt beim Öffnen kratzende Geräusche und ein Klingeln von sich. Auch sie stammt aus alten Zeiten.


Mitten im Frankfurter Bahnhofsviertel finden Musikfreunde mit "Cream Music" ein weit über Hessen hinaus bekanntes Musikaliengeschäft, das in diesem Jahr sein einhundertjähriges Bestehen feiert. Geleitet wird das vormalige "Musikhaus Hummel" von vier Männern, die ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht haben. "Man kennt uns auf der ganzen Welt", sagt Bernhard Hahn selbstbewusst. Der Vierzigjährige führt die Geschicke des 1908 gegründeten und nur ein paar Meter vom Hauptbahnhof entfernten Ladens bereits in der vierten Generation, gemeinsam mit seinem Bruder Robert (42) und seinen Cousins Martin (36) und Stefan (38).


Vor hundert Jahren verkaufte und reparierte Heinrich Hummel mit Ehefrau Babette vor allem Zithern und Akkordeons, die um die Jahrhundertwende zu den beliebtesten Musikinstrumenten gehörten. Später übernahmen die Enkelkinder Hans und Klaus Hahn den Laden, die Väter der jetzigen Inhaber. Sie sollten die blühende Zeit des Rock'n'Roll erleben. Mit den US-Truppen schwappten nach dem Zweiten Weltkrieg die großen Trends der Popmusik besonders schnell nach Frankfurt. Bernhard Hahn erzählt: "Die elektrische Gitarre von Leo Fender wurde als erste in Europa bei uns verkauft." Es folgten Gibson Les Pauls-Gitarren und Bässe. „Ebenso die ersten Synthesizer und die sagenhafte Hammond-Orgel“, fügt Cousin Stefan hinzu.


Die Väter der vier Brüder seien oft im Opel nach England gefahren, um von dort die neuesten Verstärker- und Gesangsanlagen eigenhändig zu importieren. "Es war die große Zeit der Showbands und Tanzpaläste", erzählt Robert Hahn. "Die Diskothek war noch nicht erfunden." Ein Vorteil für den Familienbetrieb: "Die Tradition und die Nähe zu den Konzertstätten Frankfurts führte natürlich einige Größen der Musikgeschichte in unser Geschäft." Der britische Punksänger Billy Idol beispielsweise war da – wenn auch nur kurz: Er sei wütend wieder aus dem Laden gestürmt, weil dort kein Bild von ihm, dafür aber eines von "Kiss"-Gitarrist Paul Stanley hing. Andere Größen seien cooler gewesen, berichtet Robert schmunzelnd. John Lennon habe kurz vor seinem Tod eine Gitarre gekauft, Sammy Davis Junior und Bill Haley waren ebenfalls da. Und auch die Rolling Stones schickten bei ihrem jüngsten Frankfurt-Auftritt ihre Roadies vorbei, die unter anderem Gitarrenständer und 15 Taktstöcke für Keith Richards kauften, der privat gerne dirigiere.


Und dann ist da noch die Geschichte von Elvis Presley. "Der King hat im Auto vorm Geschäft gewartet, während sein Manager eine Gitarre bei uns kaufte", erinnert sich Senior Hans Hahn. Vor kurzem habe ein Journalist aus den USA angerufen, der an einem Buch über Elvis arbeitet und diese Gitarre im Wohnhaus in Graceland gefunden hat. "Sie trug den Aufkleber vom Musikhaus Hummel", berichtet Vater Hahn sichtlich stolz. Mittlerweile sei aber der etwas angestaubte Name des Ladens in "Cream Music" umgewandelt worden. "Die nostalgische Einrichtung des Ladens ist dagegen erhalten. Und das ist gut so", so der Senior-Chef. Die Brüder Hans und Klaus eröffneten in den Siebziger Jahren neben einem Tonstudio auch einen separaten Schlagzeugladen, in dem man die Instrumente an Ort und Stelle ausprobieren kann. Das Spezialgeschäft im Hinterhof hat inzwischen bei Schlagzeugfreunden Kultstatus.


"Es gibt kein Ersatzteil, das wir nicht haben oder besorgen können", verspricht Martin Hahn, der von einem Niedergang der Branche wegen der Billigkonkurrenz aus Fernost nichts wissen will: "Was zählt, ist eine kompetente Beratung – egal, ob Profi oder Anfänger. Deshalb sterben wir auch nicht aus." Alle vier Männer von "Cream Music" müssen es wissen. Schließlich sind die Geschäftsleute selbst leidenschaftliche Musiker. Bernhard Hahn ist in vielen Bars der Stadt als Sänger und Entertainer bekannt. Bruder Robert rockt bei der Band "The Roxy Flames" mit Gesang und E-Gitarre. Stefan und Martin sind Bandmitglieder der "Madhouseflowers", einer gefragten Coverband.


Eigentlich sei alles ein Traum, sind sich die vier Jungs einig: "Morgens im Laden, später in den Bars und Kneipen der Stadt. Hauptsache Musik." Und ganz nebenbei werde auch noch eine lange und erfolgreiche Familientradition gepflegt, die hoffentlich auch in der nächsten Generation weitergehe.


Text: Thorben Leo/PIA/Stadt Frankfurt, Foto: Angelika Zinzow (Auf dem Foto sind von links zu sehen Martin, Bernhard,
Robert und Stefan Hahn.)


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