Hannah Arendt - Von Dichtern erwarten wir Wahrheit

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„Du – Hannah, das eigentliche „Und“ zwischen „Jaspers und Heidegger“ bist nur Du“, schreibt Martin Heidegger am 10. März 1950 in Freiburg an Hannah Arendt. Gibt es einen größeren Liebesbeweis? Schlicht „Dir“ nennt Heidegger sein Hannah Arendt gewidmetes Gedicht. Er schreibt es nach ihrem Besuch 1950 in Deutschland – es ist das erste Treffen nach Arendts Flucht vor den Nazis 1933 nach New York. 57 Jahre später gewährt eine Ausstellung im Literaturhaus Frankfurt jetzt Einblick in jene intimen Zeilen und in Briefe, die Heidegger seiner einstigen Schülerin schrieb. Auch die Abschrift eines Rilkes Gedichtes, das Heidegger ihr 1950 nach Übersee schickt, befindet sich in einer Vitrine, bezeugt den regen literarischen Austausch zwischen beiden.
Barbara Hahn und Marie Luise Knott haben das Material aus persönlichen Korrespondenzen, Briefen, Essays, Fotografien u.a. aus dem Nachlass der 1975 verstorbenen Philosophin zusammengetragen. In zwei Räumen des Literaturhauses wirft ihre Schau Licht auf eine wenig bekannte Seite Arendts – auf die Philosophin als Förderin von Poesie und Literatur. Dass muss einem nicht wirklich überraschen. Wie das Fernsehinterview 1964 mit Günther Gaus zeigt, wählte Arendt stets präzise ihre Worte aus, jeden Begriff bedeutsam abwägend. Selbst Politisches wie ihr umfassendes Theoriewerk über die „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“, um hier eines ihrer Bücher zu nennen, ist wortgewaltig.
Nicht nur in ihrem unvollendet gebliebenen Werk „The Life of the Mind“ zitiert Arendt den Dichter Rilke als auch Kafka und Goethe zur Unterstützung ihrer Thesen. Die von heute an geöffnete Ausstellung verweist zumal auf ihr Engagement als Lektorin im New Yorker Verlag Schocken, wo sie von 1946 bis 1948 die Werke Franz Kafkas, Walter Benjamins und Hermann Brochs betreute. Vergräbt man sich in diese Leseschau, vermag man Tiefgreifendes entdecken – bunte Postkartenbilder mit wenigen Zeilen gerichtet an Walter Benjamin im Exil, einen Brief von Ingeborg Bachmann aus Rom, die Widmung Nathalie Sarrautes – letztere gehörte wie Bachmann zu jenen jungen Autoren, die Arendt schätzen. Auch das verwundert kaum, da Arendt mit literarischem Scharfsinn zu argumentieren verstand.

Text: Hortense Pisano
Foto: Literaturhaus

Hanna Arendt, Literaturhaus Frankfurt, Schöne Aussicht, Sa 15-20 Uhr


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