Fehlende Krippeplätze

"Der Zeitpunkt ist unrealistisch"

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Ohne Hilfe von Bund und Land, ohne einen Ausbau der Fachkräfte-Ausbildung ist die Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz bis 2013 nicht zu schaffen. Darauf haben Politikerinnen aus vier hessischen Großstädten hingewiesen.

jlo /

Krippenplätze wurden ausgebaut, Kindertagesstätten eröffnet, Erzieher gesucht, Tagesmütter gewonnen. Doch das reicht noch lange nicht. Die Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Krippeplatz der unter Dreijährigen bis 2013 sei nicht zu schaffen, beklagte die für die Kinderbetreuung verantwortlichen Politikerinnen aus Frankfurt, Offenbach, Darmstadt und Kassel am Montag – allesamt von den Grünen. Zumindest dann nicht wenn von Bund und Land keine zusätzlichen Hilfen bereitgestellt und die Fachkräfte-Ausbildung nicht ausgebaut werde. Laut Statistik gebe es in Hessen für 19,4 Prozent der unter Dreijährigen heute einen Krippenplatz. „Der Weg bis zur Erfüllung des Rechtsanspruchs ist noch ein weiter“, sagte Frankfurts Bildungsdezernentin Jutta Ebeling. Denn für 35 Prozent der Kinder soll ab August 2013 ein Betreuungsplatz vorhanden sein. Wenn nicht, dürfen die Eltern klagen. Die vier Dezernentinnen aus Hessen befürchten eine Klagewelle gegen die Kommunen.

Doch nicht etwa wegen der Prozent-Klausel. Die können sie alle einhalten. Es gehe um den „subjektiven Rechtsanspruch“ auf einen Betreuungsplatz. Auch wenn eine Kommune die 35 Prozent erreiche, könne sie verklagt werden. Die Quote beziehe sich nicht auf die reale Nachfrage vor Ort. Frankfurt, Offenbach, Darmstadt und Kassel gehen von einem Bedarf von 45 bis 50 Prozent aus. „Aber wir wollen nicht den schwarzen Peter zugeschoben bekommen. Denn klagen werden die Eltern gegen die Kommunen und nicht gegen Land oder gar Bund“, sagte Ebeling.

Und Anne Janz, Jugenddezernentin der Stadt Kassel, beklagt die fehlende finanzielle Unterstützung von Bund und Land. Mehr als 70 Prozent des Ausbaus müssen die Kommunen selbst übernehmen. „Egal ob Geld in den Kassen ist oder eben nicht“, sagte Janz.

Doch nicht die Finanzen seien die Hauptgründe. Allein Frankfurt investiert 2012 75 Millionen Euro in die Kleinkindbetreuung. Die Zahl der Krippenplätze wurde um 66 Prozent auf 6200 gesteigert. Aber das reiche nicht aus. Denn mit drei ganz anderen Probleme müssen sich die Politikerinnen herumplagen. Die Zahl der Kinder in den Kommunen steige. In Frankfurt werden jedes Jahr 400 Kinder mehr geboren als im Vorjahr. Außerdem fehle es an Erziehern. „Der Fachkräftemangel macht uns am meisten zu schaffen“; sagt Ebeling. „Der Markt ist leergefegt. Das Land hätte längst reagieren müssen.“ Allein in Darmstadt müssten in den nächsten zwei Jahren 120 Stellen geschaffen werden, sagte Barbara Akdeniz, Sozialdezernentin der Stadt. Und geeignete Grundstücke oder Gebäude für neue Krippen seien auch nicht in Sicht. Zudem bereite die vom Land vorgeschriebene Verkleinerung der Krippen-Gruppen von zwölf auf zehn Kinder den Kommunen sorgen. „Man kann nicht zwei gegenläufige Züge aufeinanderfahren lassen“, kritisierte Ebeling.

Trotz aller Probleme: Der Rechtsanspruch müsse früher oder später her. Lieber später. Deshalb forderten die Politikerinnen eine Verlängerung der Frist – am besten um fünf Jahre, so wie es auch der hessische Städtetag gefordert hat. „Es muss ein Moratorium geben“, sagte Frankfurts Bildungsdezernentin. „Das Ziel ist richtig. Nur der Zeitpunkt ist unrealistisch.“


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