Seien es Vorurteile gegenüber Griesheim, der verrufene Stadtteil im Frankfurter Westen, alte Traditionen oder Fake News: In ihrem Editorial zur Februar-Ausgabe ruft Chefredakteurin Jasmin Schülke dazu auf, den Blick über den eigenen Tellerrand zu wagen.
Jasmin Schülke /
Es kann ja bekanntermaßen erhellend sein, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Auch Abstecher in andere Stadtviertel, die ja in Frankfurt alle nicht so wahnsinnig weit weg sind, können lehrreich sein, zum Beispiel, um zementierte Vorurteile abzubauen. Ein solches Vorurteil ist, dass Griesheim eine Gegend ist, die es am besten zu meiden gilt. Was hört man nicht alles über diese „No-Go-Area“ im Westen! Tatsächlich war der Bereich um die Ahornstraße lange Zeit für Kämpfe zwischen Jugendbanden und eine hohe Kriminalitätsrate bekannt. Der traurige Höhepunkt wurde im März 1993 erreicht, als die tödlichen Schüsse auf Kai-Uwe Gärtner fielen. Danach wurde Griesheim immer wieder als „Bronx von Frankfurt“ bezeichnet – ein Ruf, der sich nur schwer abschütteln ließ. Ein Polizeieinsatz im April 2020 ließ die längst überwunden geglaubten Bronx-Vorurteile wieder aufflammen. In unserer Titelstory widmen wir uns Griesheim und zeigen, dass der Stadtteil längst nicht mehr mit dem aus den 90er-Jahren vergleichbar ist. Mit zahlreichen Aktionen haben Stadt und Bewohner erreicht, dass Griesheim ein anderes Gesicht bekommt. Auch für die kommenden Jahre gibt es große Pläne für den Stadtteil.
Ebenfalls im Westen Frankfurts gelegen ist die Höchster Porzellanmanufaktur, ein Traditionsbetrieb, der 1746 gegründet wurde. Einst galt es in Frankfurt und Umgebung als prestigeträchtig, Höchster Porzellan zu besitzen oder zu verschenken. Banken und Unternehmen, die etwas auf sich hielten, gaben es als Werbegeschenke an ihre Kunden oder statteten ihren Betrieb damit aus. Die Bedeutung von besonderen Porzellanstücken hat sich allerdings verändert, deshalb setzt die Manufaktur hierzulande seit einigen Jahren auf innovative Ansätze und begann im Jahr 2019 eine Zusammenarbeit mit Studierenden der Hochschule für Gestaltung in Offenbach. Und wir blicken nach Fernost: Warum Höchster Porzellan dort auch beliebt ist, lesen Sie ebenfalls in dieser Ausgabe.
Der Black History Month (BHM) wird traditionell im Februar gefeiert. Er hat seine Wurzeln in den USA, wo er 1926 ins Leben gerufen wurde. Ziel ist es, auf die Geschichte, das Schaffen und Wirken Schwarzer Menschen aufmerksam zu machen. Anlässlich des BHM habe ich mit der US-Amerikanerin Lecia Brooks, die in Deutschland auf Vortragsreise war, und Mirrianne Mahn über Rassismus in den USA und in Deutschland gesprochen. Sie appellieren gerade an die jüngeren Generationen, Dingen auf den Grund zu gehen und keinen Fake News aufzusitzen. Vorurteile abzubauen kann durch Bildung geschehen und manchmal auch dann, wenn man über den eigenen Tellerrand hinausschaut.
Die Februar-Ausgabe (2/22) des JOURNAL FRANKFURT ist ab Donnerstag, 27. Januar, im Handel sowie als ePaper im JOURNAL-Kiosk erhältlich.