Ungewöhnlich für ein Festival, dass sich ganz dem Stück verschrieben hat: Zum Abschluss der diesjährigen Mülheimer Theatertage gingen beide Preise an "Das Kapital" von Rimini Protokoll. Das Regiesteam Helgard Haug und Daniel Wetzel gewann den Mülheimer Theaterpreis ebenso wie den Publikumspreis. Dabei handelt es sich bei den Texten von Rimini Protokoll bekanntermaßen nicht um Stücktexte im eigentlichen Sinne, es gibt auch keine Autorschaft, sondern eine ganze Anzahl von Darstellern ("Experten ihres Alltags"), die zu Erzählern ihrer eigenen Geschichte werden.
Den Machern von Rimini Protokoll, in diesem Fall Helgard Haug und Daniel Wetzel, kommt die Recherche und Auswahl ihrer Protagonisten zu sowie der Stoffe. Wobei sie stets erneut ihr gutes Gespür für Dramaturgie im klassischen Sinne beweisen, für narrative Exposition und Höhepunkte, für Spannungsbögen und die Dramen des Alltags, die auch sperrig anmutende Themen wie Marx' "Kapital" in eine komensurable, höchst unterhaltsame Bühnenerzählung kleiden.
Dabei ist die Entscheidung der Jury alles andere als unbestritten - und doch bestätigt sie einmal mehr, dass sich der gegenwärtige Zugriff des Theaters im dokumentarischen Moment am schlüssigsten zu sein scheint.