Banken die sich für Umwelt engagieren und nicht nur den eigenen Profit im Blick haben? Kaum zu glauben, aber die gibt es wirklich. Zum Beweis lud die GLS-Bank zu einer Reise zum „summenden Wald“.
Jasmin Lenz /
Bereits am Dienstagabend, einen Tag vor der Fahrt zum „summenden Wald“, hatte mich der Ausflug in die Natur vor große Herausforderungen gestellt. Mein Leben findet eigentlich nur in großen Städten statt und so war die Suche nach passendem „Wald-und -Wiesen-Schuhwerk“ ein echter Kampf und ein Akt nah an der Verzweiflung. Als es am nächsten Tag zusammen mit Eva Schneeweiß und Kerstin Bruchhaus der GLS Bank, auf die Reise in den Spessart ging, fühlte ich mich etwas in die Zeit der Schulausflüge zurückversetzt: Ein kleiner Bus, zwei die wissen wo es hingeht und eine kleine Gruppe die nicht so wirklich eine Ahnung hat was auf sie zukommt, aber trotzdem schon ganz gespannt ist. Die kleine ahnungslose Gruppe waren Pressevertreter, die dazu eingeladen waren einen Tag lang zu erleben, dass sich auch Banken für Umweltschutz und Ökologie einsetzten können – ohne nach kurzer Zeit Konkurs zu gehen. Wahrscheinlich ging es nicht nur mir so, aber ich war schon etwas gespannt, was da denn so auf uns zukommen würde. Oftmals sind solche Veranstaltungen ja reines PR-Gehabe ohne wirklichen Inhalt und so war ich für meinen Teil auf eine gewisse Selbstbeweihräucherung von Seiten der Bank eingestellt.
Unsere Gruppe setzte sich morgens vom Frankfurter Hauptbahnhof aus in Richtung Spessart in Bewegung, um dort das erste der zwei Ziele an diesem Tag zu besuchen. Nach einem nicht unwesentlichen Umweg, weil das Navi nicht so wollte wie die Fahrerin, kamen wir dort auch an. Während der ganzen Fahrt stellte sich mir die Fragen: Es soll eine Bank geben die umweltbewusst handelt? Und was in aller Welt ist ein „summender Wald“? Am Ziel angekommen, sollten sich meine Fragen ziemlich schnell klären.
Im tiefsten Spessart – für mich als Stadtmensch mindestens 200.000 Kilometer zu weit weg von jeglicher größeren Zivilisation – trafen wir auf eine Gruppe von Mitarbeitern des Bergwaldprojektes. Diese waren schon fleißig am Arbeiten und bereiteten die geplante Pflanzaktion von insgesamt 1.000 Wildkirschen vor. Hier im Wald, mit Saft und Croissant in der Sonne auf einer Bierbank sitzend, erfuhr ich dann auch was ein summender Wald ist. Zunächst: Es handelt sich nicht um einen Wald der summt. Der Name beschreibt zwei Projekte, die die GLS Bank mit Spenden unterstützt. Im letzten Jahre hatte diese eine Aktion gestartet, in der sie für jeden neuen Anleger und jeden Anleger, der seine Einlagen um mindestens 500 Euro erhöhte, zehn Euro spendete. Fünf Euro davon gingen an das Bergwaldprojekt, das von diesem Geld Wälder in Deutschland wieder aufforstet. Die gekauften Bäume wurden zusammen mit den Mitgliedern der GLS gepflanzt. Mit den 1.000 Wildkirschen die an diesem Tag gepflanzt wurden, hat die GLS insgesamt 5.000 Bäume gespendet. Die anderen fünf Euro aus den Spenden, so erklärte uns Eva Schneeweiss, kommen dem Verein Mellifera zugute. Dieser setzt sich für die ökologische Bienenhaltung und deren Erforschung ein.
Davon abgesehen, dass es schon Ewigkeiten her war, dass ich mal in einem Wald saß und der Tag schon allein deshalb etwas Besonderes für mich war, war er auch sehr lehrreich, was mein Wissen über die Natur angeht. Steffen Wehner von Bergwaldprojekt nahm sich die Zeit, alle Fragen der Anwesenden in Ruhe und ausführlich zu beantworten – die meisten hatte er bestimmt nicht zum ersten Mal gehört. Jedenfalls saßen wir da und hörten ihm gespannt zu – wie Kinder die eine spannende Geschichte erzählt bekommen – als er uns von den Problemen des Ökosystems erzählte und dass es schlecht ist, Bäume zu pflanzen die eigentlich gar nicht in die heimischen Wälder gehören. „Das Problem ist, dass die gar nicht in das System integriert sind und so erst mal nur Platz wegnehmen, den ein heimischer Laubbaum nutzen könnte und zum Beispiel Heimat von Vögeln und Bienen zu sein“, erklärte Wehner. Eigentlich erschreckend, wie wenig man über die heimische Natur weiß. Ich für meinen Teil wusste jedenfalls bis jetzt nicht, dass eine Fichte nicht in den Spessart gehört und dass es mit den Bienen in Deutschland auch nicht zum Besten steht. Die Menschen greifen so stark in deren Leben ein, dass über ihr natürliches Verhalten nur wenig bekannt ist und der Bedarf besteht, sie zu erforschen. „Mellifera erforscht das natürliche Wabenbauverhalten und Leben von Bienen“, erzählte Anna Christina Ziegler von der GLS. Durch diese Arbeit hofft man, die Wildbienen in den deutschen Wäldern bald wieder zahlreich zu finden.
Anschließend machten wir uns auf den Weg zu unserem zweiten Ziel, dem Dottenfelder Hof. Wer denkt in Frankfurt gibt es keine Landwirtschaft, der irrt sich! Der Dottenfelder Hof liegt am Rand von Bad Vilbel und ist ein ökologisch-dynamischer Hof, das heißt, dass alle Nahrungsmittel und anderen wirtschaftlichen Erzeugnisse auf Grundlage möglichst naturschonender Produktionsmethoden und unter Berücksichtigung von Erkenntnissen der Ökologie und des Umweltschutzes hergestellt werden. Ein Grundsatz der mit Sicherheit sehr schwer einzuhalten ist, wenn man wettbewerbsfähig sein möchte – aber das wollen die Menschen des Dottenfelderhof gar nicht.
Die Vorstellung, dass sich 1968 Familien dazu entschlossen haben, zusammen in einer Gemeinschaft auf einem Hof zu leben, das was sie brauchen selber zu produzieren und Geld nur durch den Verkauf ihrer Getreide, Gemüse und durch Fleisch von selbst gezüchteten Tieren zu verdienen, klingt wahrscheinlich für die meisten – vor allem jungen Menschen – komisch. Auch ich konnte es mir nicht wirklich vorstellen. Umso mehr ist es beeindruckend, was die mittlerweile knapp 100 Menschen auf diesem Hof leisten. Immerhin bewirtschaften sie 30 Hektar Weideflächen und große Felder, erforschen und züchten Getreidesorten und kümmern sich um 30 Kühe sowie Bullen und Kälber, Gänse, Hühner, Ziegen, Schafe, Schweine und Bienen. Außerdem betreiben sie eine eigene Käserei, eine Holzofen Bäckerei und ein kleines Café in dem sie ihre selbst hergestellten Produkte verkaufen. Mit zwei Marktwagen steuern sie insgesamt neun Märkte in der Region an und leben dabei aus einer Kasse – niemand der hier lebt wird dadurch reich werden und auch das will niemand. Eine Lebenseinstellung, die sehr befremdlich wirkt, für jemanden der aus einer Großstadt wie Frankfurt kommt, in der das Leben sehr schnell und viele Dinge kurzlebig sind: Keiner will unbedingt das neuste, größte Auto haben oder eine Eigentumswohnung mit Skylineblick. Zufriedensein trotz geringem materiellem Besitz – für viele kaum vorstellbar. Außerdem hat man hat hier das Gefühl dass die Zeit still steht. Obwohl alle ordentlich anpacken müssen, fehlt hier die Hektik, die man aus der Stadt gewöhnt ist.
Natürlich interessiert es mich auch hier, wie so ein kleines Fleckchen in dem Kühe noch ihre Hörner haben und es nicht schlimm ist, dass sie viel weniger Milch geben als andere – weil man sie natürlich behandelt – mit einer Bank in Verbindung stehen kann? Börsengeschäfte und die neusten Brokertipps sind hier wohl eher uninteressant. Die Antwort ist einfach: Durch die GLS konnte sich der Hof einen kleinen Kredit für ein mobiles Hühnerhaus leisten. Ein Kredit, den sie wahrscheinlich bei einer anderen Bank niemals bekommen hätten. Aber wie funktioniert das mit der Bank mit Umweltbewusstsein? Die GLS ist eine Genossenschaftsbank. Hier können die Anleger entscheiden, für was ihr Geld verwendet werden soll. Das Thema Ökologie hat sich die Bank selbst auf die Fahne geschrieben und vor allem, so Eva Schneeweiss, nach dem Beginn der Wirtschaftskrise einen großen Zulauf erfahren. „Die Menschen wollen ihr Geld für sinnvolle Dinge nutzen“, erklärte sie. Nach Fukushima soll es viele Menschen gegen haben, die nachfragten, ob sie ihr Geld speziell im Bereich der erneuerbaren Energien einbringen können. Es scheint, dass doch bei dem einen oder anderen die Geschehnisse der letzten Jahre Spuren hinterlassen und zum Umdenken angeregt haben.