Das Grundgesetz verankert einen hohen Schutz des Sonntages als „Tag der Arbeitsruhe“, doch immer mehr Personen im Einzelhandel sprechen sich für den verkaufsoffenen Sonntag aus. Für Bäckereien gibt es seit vergangener Woche eine neue Regelung.
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Die Diskussion rund um Sonntagsöffnungen gehört zu den leidenschaftlichsten Debatten des Landes. Was in manchen Ländern ganz normal ist, findet hier bei vielen deutliche Ablehnung, denn der freie Sonntag geht schließlich auf die christliche Tradition Deutschlands zurück. Das Grundgesetz verankert einen hohen Schutz des Sonntages als „Tag der Arbeitsruhe“. Die Öffnungszeiten vom Einzelhandel sind in den Ladenöffnungsgesetzen der Länder geregelt und variieren von Bundesland zu Bundesland. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte vergangene Woche geurteilt, Bäckereien dürften auch über die vorgeschriebenen Öffnungszeiten Brötchen und Gebäck verkaufen, allerdings nur in Filialen, in denen der Thekenverkauf mit einem Café, also mit Sitzgelegenheiten, kombiniert sei. Solche Bäckereicafés zählten als Gaststätten, entschied das Gericht. Deutschlandweit sind rund 270 000 Bürgerinnen und Bürger in Bäckereien beschäftigt.
„Wenn sich Marktbedingungen und mehrheitlich auch Kundenwünsche verändern, müssen Gesetze angepasst werden“, sagt Stefan Körber, Geschäftsführer vom Bäckerinnungsverband Hessen. 1996 wurde ein bundesweites Ladenschlussgesetz erlassen, das Bäckereien einen dreistündigen Dienst am Sonntag ermöglichte. „Inzwischen regeln die Länder die Ladenöffnungszeiten“, erklärt Körber. Diese sind sehr unterschiedlich festgelegt und reichen von drei Stunden in Bayern bis zu neun Stunden in Berlin. In den Backstuben darf jedoch nur 3 Stunden gearbeitet werden. „Es ist ein echtes Problem, handwerkliche Backwaren in nur drei Stunden herzustellen. Wer schon mal gebacken hat, weiß, dass man den Teig ruhen lassen muss, damit dieser seine Aromen entfalten kann“, sagt Körber. Darüber hinaus versichert er, den Sonntag nicht zu einem „normalen Werktag“ machen zu wollen. Man brauche einen Fixpunkt in der Woche.
Sonntagsdienst ist weit verbreitet
Für die Grünen im Hessischen Landtag hat der Schutz des Sonntages hohe Priorität: „Es ist für uns alle wichtig, dass wir einmal in der Woche innehalten und uns Zeit für Erholung, für die Familie und für Freundinnen und Freunde nehmen können“ sagt Markus Hofmann, Sprecher für Kommunales und Mittelstand in der Grünen Fraktion. Auch Jörg Michael Müller von der CDU-Fraktion erklärt, dass „der Sonntagsschutz in Deutschland richtigerweise Verfassungsrang und in Artikel 4 des Grundgesetzes verankert sei.“ Er und die staatlich anerkannten Feiertage sind als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung besonders geschützt.
Für viele Berufsgruppen ist der Sonntagsdienst nicht ungewöhnlich: Unter anderem Polizist*innen, Krankenhaus-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter sowie Presseangestellte arbeiten für den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft auch sonntags. Stefan Körber sieht einen riesigen Vorteil für Beschäftigte in seiner Branche und spricht sich für eine Änderung des Arbeitszeitgesetz aus: „Lasst uns acht Stunden arbeiten“. In Hessen liegen die Sonntagszuschläge, wenn eine Tarifbindung vorliegt, bei rund 75 Prozent. Anstelle von zwei Mitarbeitenden, die insgesamt sechs Stunden arbeiteten, müsste nur noch ein Mitarbeiter sonntags arbeiten. „So gäbe es am Ende womöglich noch eine Entlastung", sagt Körber. Und: „Am Ende bleibt es dennoch eine unternehmerische Entscheidung, ob man sonntags die Läden öffnet oder nicht. Im Industriegebiet macht das tatsächlich weniger Sinn.“