Wegen eines anonymen Briefs an den Richter wurde beim Prozess um CargoCity Süd ein neuer Zeuge gehört: Ein Immobilien-Investor, der angeblich Schweigegeld an Makler Uwe S. zahlen soll. Der sagte aus: "Die Vorwürfen sind absurd".
Christina Weber /
Der Prozess um die Korruptionsvorwürfe bei CargoCity Süd am Dienstag begann mit einer Überraschung. Nach dreißig Verhandlungstagen sollten Staatsanwaltschaft und Anwälte mit der Verlesung der Plädoyers beginnen. Doch der vorsitzende Richter Christopher Erhard warf diesen Plan über den Haufen. Denn am Abend zuvor hatte ihn ein anonymer Brief erreicht. Man müsse in Hinsicht auf anonyme Schreiben Vorsicht walten lassen, so Erhard. In diesem Fall aber halte er den Inhalt für relevant genug, um die Beweisaufnahme wieder zu öffnen und einen weiteren Zeugen zu hören.
Der Brief belastet Makler Uwe S. Im ersten Teil schildert der Verfasser private Begebenheiten, die ganz offenbar das Ziel haben, dem Angeklagten einen schlechten Charakter nachzuweisen. Es geht dabei um eine frühere Beziehung von Uwe S. Der Makler soll nach einem gemeinsamen Urlaub mit seiner Freundin, und deren Kind aus einer früheren Beziehung, darauf gepocht haben, sich künftig ohne den Nachwuchs zu treffen. Die Frau habe sich daraufhin von Uwe S. getrennt – der wiederum soll Geschenke und Reisekosten zurückgefordert haben. So erzählt zumindest der Absender des Schreibens die Anekdote, die für den Prozess kaum relevant ist.
Spannender hört sich dagegen der zweite Teil des Briefs an. Denn hier steht, Uwe S. soll von einem weiteren Immobilien-Investor Geld für die Vergabe von Grundstücken bei CargoCity Süd gefordert und eventuell auch kassiert haben. Genannt wird der Kaufmann Christian S., ein langjähriger Bekannter von Uwe S. Der soll außerdem Schweigegeld an den Makler zahlen, um seinen Namen aus dem Prozess rauszuhalten. „S. zahlt alles, weil er von Uwe S. erpresst wird“, heißt es in dem Brief. Christian S. wurde daher als Zeuge geladen.
Dieser wies die Vorwürfe als "absurd" zurück. Zwar habe er sich für ein Grundstück in der CargoCity Süd interessiert. Er habe das Geschäft allerdings platzen lassen, da die Laufzeit des Erbbaurechtsvertrags von 60 auf 50 Jahre gekürzt wurde, so Christian S. Bestechungs- oder Schweigegeld habe er nicht gezahlt und zahle er nicht. Lediglich von einem privaten Darlehen an Uwe S. berichtet er. Christian S. habe dem Makler 5000 Euro für Anwaltskosten vorgestreckt, die bereits zurückgezahlt wurden. Auch von der Rolle des früheren Fraport-Managers Volker A. will Christian S. nichts gewusst haben. Volker A. war angeklagt, gemeinsam mit Uwe S. Schmiergeld kassiert zu haben. Er verunglückte vor rund drei Wochen tödlich bei einem Verkehrsunfall.
Die Staatsanwaltschaft hielt dem Zeugen mehrere E-Mails vor, die ihm Uwe S. geschickt hat. Die lassen die Vermutung zu, dass Christian S. doch von Zahlungen an Volker A. Kenntnis hatte. Denn darin betont der Makler mehrfach, dass sich Volker A. für einen „zielsicheren und zügigen“ Abschluss des Geschäfts einsetzen werde. In einer Mail von Uwe S. heißt es: “Gestern war ich mit V. A. Essen und habe dich als dritten Mann vorgeschlagen“. Höchstwahrscheinlich ist mit V. A. der frühere Fraport-Manager gemeint. Was „der dritte Mann“ bedeutet, kann man nur mutmaßen. Rechtlich spielt es für Christian S. allerdings keine Rolle – denn ein möglicher Tatbestand wäre bereits verjährt. Das wiederum lässt es auch unwahrscheinlich erscheinen, dass Christian S. Schweigegeld zahlen soll.
So scheint der Prozess wieder am selben Punkt wie nach dem vorherigen Verhandlungstag: Die Beweisaufnahme wurde geschlossen und nun sollen die Plädoyers folgen. Allerdings erst nach einer zweiwöchigen Pause.