Die britische Darstellerin Tilda Swinton ist in zweierlei Mission in Berlin: einerseits präsentiert sie den Dokumentarfilm “Derek” über das Leben des an Aids gestorbenen Kultregisseurs Derek Jarman, bei dem sie ihre Karriere startete. Anderseits ist die Titelfigur im Wettbewerbsbeitrag “Julia”, dem ersten englischsprachigen Film des Franzosen Eric Zonca. In dem überlangen Road-Movie-Drama, das nicht auf allgemeine Zustimmung traf, verkörpert Swinton eine mittelose Alkoholikerin, die mit einem kleinen Jungen von Los Angeles nach Tijuana reist. Allein Swintons oscarreife Darbietung macht den Film, ein Quasi-Remake von John Cassavetes’ Klassiker “Gloria”, sehenswert.
Das diesjährige Leitmotiv Rockmusik wurde durch den Besuch von Patti Smith bedient, über die ebenfalls eine Doku im Programm zu sehen ist. Der eigentliche Start des dritten Berlinale-Tages aber war Fatih Akin (Foto), der als Produzent das Erstlingswerk des Jungregisseurs Özgür Yildrim betreut: “Chiko” erzählt die Geschichte eines Hamburger Möchtegern-Drogendealers und seiner Freunde, die sich am Traum vom großen Geld mächtig übernehmen. Mit dabei auch Berlinale-Stammgast Moritz Bleibtreu als windiger Drogenboss, mit dem nicht zu spaßen ist. Der rüde aber sehr unterhaltsame Film glänzt mit guten Figuren, wüster Fäkalsprache und jeder Menge roher Gewalt. Das Publikum im ausverkauften Zoo-Palast war begeistert, erst recht, als Regisseur Yildrim zum Schluss das gesamte Team auf die Bühne holte. Auf die Darstellung ausländischer Gewalttäter angesprochen, wehrte Produzent Akin aber jede Verherrlichung ab: “Wenn Roland Koch diesen Film sieht und sagt: ‘So sind sie!’, dann hat Roland Koch keine Ahnung von Film - und keine Ahnung von der Gesellschaft.”
Zum Schluss gab sich dann noch Frankfurt die Ehre. Beim “Frankfurt Lounge @ Berlinale”-Empfang im schmucken Rondell des denkmalgeschützten Frankfurter Tores an der Karl-Marx-Allee (imposanter Ausblick über die Stadt!), der von der Frankfurter Wirtschaftsförderung und der Buchmesse ausgerichtet wurde, traf man sich zum Austausch über Filme und Geschäfte. Der diesjährige Literatur-”Pitch” der Buchmesse beim Co-Production-Market der Berlinale (mehr dazu im aktuellen JOURNAL FRANKFURT) ist mit über 200 angemeldeten Produzenten und Film-Agenten ein großer Erfolg. Und der Frankfurter Gregor Maria Schubert kam gemeinsam mit dem befreundeten Produzenten Stephan Limbach (“Projekt Gold”) extra auf die Filmfestspiele gereist, um die Werbetrommel für das neue Frankfurter Filmfestival “Lichter” zu rühren, das im März vier Tage lang ein Spektrum von Rhein-Main- und hessischen Filmproduktionen bieten will. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren und alle sind guter Dinge. “Im Notfall legen wir eben drauf”, so Schubert, “aber das macht die ganze Sache ja auch so spannend. Mehr davon demnächst.