400 Stunden Festival

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red /

Auf die Minute genau endete die Soundperformance der kanadischen Künstler Dominique Sirois und David Jacques in der letzten Stunde des Festivals "Wunder der Prärie".


Ein Dröhnen im Raum, auf der Bühne ein Chaos aus Zucker, Mehl, Bechern, Papier und Wasser, dann das abrupte Ende; Stille kehrt ein.
Besucher und die Veranstalter trinken Sekt. Die letzte Stunde des Festivals ist vorbei.
400 Stunden wurde in diesem einen Raum gesprochen, geschrieen, geflüstert, geatmet, diskutiert, getanzt, gelacht, gedacht, gefragt und geantwortet, geschwiegen, gesungen, gespielt, gehört, gesehen, geschlafen, geträumt, geputzt, gekocht und gestritten.


An den Wänden stehen graue Podeste, eine Matratze – von Luigi Coppola - , ein paar Stühle, aufgestapelt; ein Tisch ist noch zu sehen, ein Brett 1 x 1 m – von Birgit Aßhoff - , Goldfolie, bunte Bänder, eine Tischdecke – von Bill Aitchison – ein Luftballon, 3 Kokosnüsse, eine Neonröhre .... . An der weißen Wand finden sich Spuren von Füßen, Händen, Schuhen und auf einer der Zuschauerstühle sitzt der Bär und drei Tier-Masken schauen an die Decke.


Auf dem Boden sind noch ein paar blaue Klebestreifen zu finden – Symbol für den Neckar in der Installation von Hina Strüver.
Die schwarzen Sofas stehen nicht mehr in Reih’ und Glied in der ersten Reihe – auf ihnen liegt vielleicht noch eine Erinnerungsspur an die portugiesischen Performance-Künstler, die mit ‚mistermissmissmister’ zur Geschlechterverwirrung beitrugen.


Ungefähr 3.000 Besucherinnen und Besucher hatte dieses Festival. Etliche kamen immer wieder, begeistert von der Atmosphäre und den so unterschiedlichen Programmpunkten , verbrachten Nächte in der Radio- und Video-Lounge, besuchten die Vorträgen und Interviews, kamen auch in die Proben und erlebten dort das, was normalerweise hinter den Kulissen geschieht, die Versuche und neuen Anläufe, die Anpassung an den Raum; sie nahmen Teil an seiner Veränderung über die Zeit.
Über 100 Künstler und Referenten arbeiteten in nahezu 40 Projekten in diesem Raum, gestalteten in immer wieder neu, griffen „Abgelegtes“ vom Vorgänger auf, veränderten und wagten Neues und ließen ebenfalls ihre Spuren zurück.
Der letzte Abend hatte mit ‚Wohlgelitten in Wohlgelegen’ der Schweizer Tanz-Kompagnie ‚Kumpane’ einen wunderbaren Höhepunkt. Das Publikum war begeistert und die jungen Tänzer, die den Text für diese Deutschland-Premiere extra „eingedeutscht“ hatten, wurden regelrecht gefeiert – bis in die frühen Morgenstunden.


400 Stunden gingen zu Ende – Höhepunkte gab es außerdem mit dem Laut-Poeten Jaap Blonk, der Tänzerin Anna Huber und den Musikern Fritz Hauser und Martin Schütz, mit Ana Borralho und Joao Galante aus Portugal, mit Lindy Annis und Frieder Butzmann bei ‚My Ulysses’ oder auch mit Hina Strüver, die 40 Stunden lang im Raum war und ihr eigenes Erinnerungsmodell von Mannheim herein holte.


Jan Linders beendete seine Interview-Reihe Mannheim-Extra mit dem Pressesprecher der Polizei von Mannheim, Martin Boll. 16 Abende lang saßen ihm Mannheimer und Mannheimerinnen gegenüber, der Oberbürgermeister, zwei Hebammen, ein Grafiker, eine Metzgerin, ein Café-Besitzer, eine Konditorin, eine Islamwissenschaftler, eine Regisseurin, ein Tänzer und und und. Ihnen allen stellte Linders Fragen aus seinem gläsernen Kasten, nach dem Zufallsprinzip gezogen, Fragen wie: Wie viele Narben haben Sie und welche ist Ihnen die wichtigste?, Leben Sie das richtige Leben? ....



Die letzte Stunde: Zwei legen sich noch ein letztes Mal ins Zelt in der Kantine, dem Festivalzentrum und –foyer und entspannen auf Flokati, bei Meeresrauschen aus den Kopfhörern.
Das Team von zeitraumexit mit seinen über 60 Helfern und Mitarbeitern ist erschöpft, aber zufrieden; immerhin war es bei weitem das größte Projekt, das sie je verwirklicht haben.



Gestern Abend bekam das Festival Wünsche zu den letzten der 400 Stunden zugesandt, aus Hamburg, aus Berlin und aus München, aus Bern, Zürich, Glasgow und Belfast – Grüße an die ‚Wunder’ in Mannheim.



Die nächsten ‚Wunder der Prärie’ gibt es wieder im September 2008.
Dann wieder im gewohnten Format: 10 Tage lang Performance, Theater, Tanz, Vorträge und Bildende Kunst bei zeitraumexit, in den Straßen Mannheims, in der Alten Feuerwache und – das ist neu - in den Kunstvereinen Ludwigshafen und Mannheim.


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