Winterschlaf klingt anders

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Detlef Kinsler /

wintersleep_kinslerDie Zeiten, als ich gerne auf Festivals ging und mir an zwei, lieber drei Tagen, zwischen 15 und 20 Bands anguckte, sind lange vorbei. Inzwischen ist es mühsam – zumal indoor und ohne „Auslauf“ wie bei Open Air-Festivals (was allerdings auch nur ein Spaß bei gutem Wetter war) – ,sich mitunter drei oder vier Bands konfrontiert zu sehen wie es zum Beispiel beim Support Your Scene im Sinkkasten der Fall ist. Ich wollte nie ein Ignorant sein, aber inzwischen spare ich mir die ersten beiden Bands, oft eh nur auf Schülerband-Niveau. Aber das gehört zum Konzept der Veranstaltung, auch den ganz Jungen eine Plattform zu bieten. Und die schleppen ja auch ihre Mitschüler an, was das Ganze zu finanzieren hilft. Alles gut und schön und auch unterstützenswert. Aber man muss ja nicht selber dabei sein.

Nach 22 Uhr wird´s dann im Normalfall professionell. Bei Folge 102 von Support Your Scene mit Verlen. Über sie durfte man schon was im Blog lesen. Headliner des Abends waren aber Wintersleep aus Kanada. Deren Set begann fast Kathedralen-haft. Mit fetten Orgelflächen (obwohl da keineswegs eine große Hammond oder Ähnliches auf der Bühne stand), mit einem Midtempo-Beat, alles eher verschleppt und schließlich einem Schlagzeug, dass – allerdings weniger brachial – ein wenig nah Led Zeppelins „When The Levee Breaks“ klang. Nur schade – sie hatten zwar ihren eigenen Mixer dabei, aber ihr eigentlich dank vieler Themen- und Taktwechsel dynamischer, diverser Sound klang irgendwie mulmig und gar nicht so präsent wie vorher bei Verlen.

Im Winterschlaf befanden sich die fünf Jungs nun wirklich nicht. Zwischendurch klang's fast wie uriger Rock'n'Roll, immer wieder unterbrochen von fast zarten Passagen, in denen die doch sehr prägnante Stimme noch besser zur Geltung kam. Die mehr oder minder bärtigen Musiker (von Drei-Tage- bis Drei-Monats-Bart) provozierte dann tatsächlich einen Konzertbesucher dazu, von Waldschraten zu reden (was eher als Sympathiebekundung gemeint war). Nur, dass er daraus folgerte, dass sei irgendwie auch „Folk“-Music war dann – auch wenn alles „nur“ eine Definitionsfrage ist – doch eher verwegen. Obwohl – auf dem vierten Album waren Led Zeppelin, gemeinhin und fälschlich als Heavy Rock- (wenn nicht gar Heavy Metal-) Band tituliert, auch irgendwie Folk. In der Zugabe dann klang´s eher nach T Rex und „Get It On“, obwohl Wintersleep nicht nur von der Optik her weit davon entfernt sind, Glam(our) zu sein. Was also spielen die Herrschaften aus Halifax, Nova Scotia? Vielleicht eine Art Post-Post Rock, in dem diese neuere Definition von Wall of Sounds, vor allem in den Gitarren, noch vorhanden ist als wilde emotionale Ausbrüche, das Ganze aber dann doch Songstrukturen wieder näher gekommen ist.

Foto: Detlef Kinsler


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