Im Südwesten Deutschlands hat die Veranstaltungsreihe längst Kultcharakter. Am 12. Juni erlebt Frankfurt die Vereinsheim-Premiere. David Maier vom fünfköpfigen Künstlerkollektiv erklärt, was das Publikum in der Brotfabrik erwarten darf.
Interview: Detlef Kinsler /
JOURNAL FRANKFURT: Nicht irgendein Konzert, sondern eher ein kleiner musikalischer Stammtisch, so heißt es im Vorfeld. Wie kam es zu dieser Idee und wie/womit soll dieses Konzept die Angebote der Clubs bereichern?
David Maier: Wir wollten alles, nur keine neue Band gründen. Dafür haben wir alle zu viel erlebt. Jetzt nennen wir uns Künstlerkollektiv, drei Musiker, ein Sound-Techniker und ein VJ. Wir spielen unsere Songs und wir laden zu jeder Show Gäste ein, die für etwas stehen – für einen eigenen Sound, gute Songs – und wir tauchen mit ihnen ein, immer neu und anders. Wichtig war es, uns glücklich zu machen - mit toller Musik und tollen Künstlern. Dass es bei uns im Südwesten so ein Riesenerfolg wird, das haben wir nicht erwartet. Jetzt steht das Vereinsheim wohl für ein kleines Popkultur-Phänomen und alle sprechen über uns, eigentlich schon jetzt in ganz Deutschland - das ist natürlich schön.
Zunächst ein regionales Phänomen, zieht es euch nun hinaus ins ganze Land. Wie kamt ihr auf Frankfurt und auf die Brotfabrik?
Das lag ganz entscheidend am Programm der Brotfabrik und an den Leuten, die für die Brotfabrik verantwortlich sind. Das Vereinsheim ist solch eine spezielle Konzertsituation, da kann man keinen Dienst nach Vorschrift schieben, sondern was man schiebt, das sind Sonderschichten. Ohne Begeisterung für die Sache geht das nicht – und die Brotfabrik wollte das Vereinsheim unbedingt in Frankfurt realisiert wissen. Wir machen das jetzt seit fast drei Jahren im Südwesten, die Shows sind immer ausverkauft, aber ohne Euphorie und Idealismus wäre es trotzdem unmöglich zu realisieren.
Das Präsentationskonzept ist ja auch ein besonderes. Bühne in der Mitte, Publikum drumherum. Wann immer mal ein Musiker die Bühne bei "normalen" Konzerten verlässt, sich (zudem unplugged) mitten in den Raum stellen, reagiert ein Publikum erst irritiert, dann erfreut, zuletzt begeistert. Ist die "Augenhöhe" ein wichtiger Aspekt der "Konzerte"?
Wenn nicht sogar der entscheidende Aspekt! Wir wollen nicht für irgendjemanden Musik machen, sondern wir wollen uns mit den Zuschauern auf eine Reise begeben, musikalisch, visuell, und dann schauen, wo wir gemeinsam landen. Was aber fast ein wenig spirituell klingt, ist das, was die Leute und uns so begeistert: Eine nicht erlebte Konzertsituation, einmalig und im besten Fall unvergesslich.
Wie wichtig sind Begriffe wie Begegnung, Improvisation, Interaktion, Kommunikation, auf der "Bühne" wie auch zwischen Musikern und Publikum?
Die Begriffe sind fast alle ein wenig zu stark im Einzelnen, aber die Summe daraus - das könnte es sein. Andere nennen es vielleicht auch Überraschungsei.
Nach welchen Kriterien werden die Gäste ausgesucht und wird die Szene vor Ort eingebunden?
Es gibt da keinen Kriterienkatalog - wir müssen einfach musikalisch auf die Gäste Lust haben. Wir wollen uns ja mit dem Vereinsheim selbst glücklich machen, da machen wir dann keine Kompromisse, Platz für Luftpumpen gibt's nicht. Wir nehmen uns immer vor regionale Musiker miteinzubinden, es klappt aber nicht immer.
Der Verein ist ja ein in Deutschland eher negativ konnotierter Begriff. Was will uns der Titel Vereinsheim suggerieren?
Da kommen wir wohl nicht mehr raus aus der Nummer. Für uns hat der Begriff Vereinsheim immer genau das symbolisiert, was als musikalischer Stammtisch, im Übrigen ist der Begriff Stammtisch wohl auch eher negativ besetzt, in kleiner Runde angefangen hat: Das Gefühl, Musik zu machen ohne Druck, unter Freunden, Sound kreieren, wegtauchen vom Alltag, uns auch ein wenig selbst feiern. Das war dann so ein Arbeitstitel und hat sich gehalten. Gut so - weil sich genau diese Grundidee auch über 3 Jahre gehalten hat und bei den Leuten auch so ankommt. In Frankfurt begrüßen David Maier (Stimme), Tommy Baldu (Schlagzeug), Nico Schnepf (Tasten), Rouven Eller (Sound) und Haegar (Visuals) die Gäste David Lemaitre, Anna Aaron (Foto) und Honig.
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt.