Super Rechner

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Nils Bremer /

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Es ist so ein bisschen wie in einem Jungs-Traum. Also, nicht so, wie Sie jetzt denken, sondern: Welchen Computer würde ich mir zusammenstellen, wenn ich 39 Millionen Euro hätte? Nun, das lärmende Monster, das sich der Deutsche Wetterdienst in Offenbach angeschafft hat, kommt dem Traum wohl ziemlich nahe. Es nennt sich NEC SX-9 Vektorsupercomputer. Damit sind 109 Billionen Multiplikationen in der Sekunde möglich. Also rein theoretisch. In der Praxis erreicht der Rechner nur gut 20 bis 30 Prozent dieser Leistung. Immer noch genug um 36 Wettermodellrechnungen in 1400 Sekunden durchzurechnen, die Experten sprechen von 4,5 TeraFlop (Flop ist hier was gutes).

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Auch Großrechner-Hersteller haben das Design entdeckt: der SX-9 atmet sanftes Blau.

Natürlich ist das Ding nichts fürs Kinderzimmer. Nimmt erstens zuviel Platz ein und verwandelt durch seine Kühlanlagen jeden Raum phonetisch in die Startbahn West. Deswegen müssen wir auch Ohrenschützer tragen. 1,2 Megawatt Strom benötigt das Rechenzentrum, was zu einer gesalzenen Stromrechnung führt, auf so um die 700.000 Euro im Jahr. Beim Wetterdienst legt man aber Wert darauf, dass die Maschine im Winter das erst vor einigen Monaten eröffnete neue Gebäde zu 80 Prozent mit Wärme versorgt. Auch nicht schlecht.

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Sind die Computer-Leute Kickers-Fans? Pressesprecher Gerhard Lux verneint: "Das ist nur Zufall. OF steht für Offenbach, das C für den Gebäudeteil. Wir haben im Übrigen auch Eintracht-Fans beim Wetterdienst." Glauben wir es ihm mal.

Die 39 Millionen Euro sind der Komplettpreis: inklusive Einbau und Support auf 5 Jahre gerechnet, denn dann ist ein neuer Rechner fällig. Warum das alles? Gerhard Steinhorst, Leiter des Bereichs Wettervorhersage, hat darauf eine einfache Antwort: "Ohne Wettermodelle geht heute nichts mehr in der Vorhersage", sagt er. Beim Wetterdienst werden drei Modelle errechnet: das globale Modell wird für die 7-Tages-Vorhersage herangezogen. Dazu wird die Erde mit einem Gitternetz überzogen, bei dem die einzelnen Punkte 40 Kilometer auseinanderliegen, dazu 40 Schichten in der Höhe. Dann das europäische Modell: 7 Kilometer, 40 Schichten, 3-Tage-Vorhersage. Und dann das deutsche Modell: 2,8 Kilometer, 50 Schichten, 24-Stunden-Vorhersage. Alle drei Stunden wird das deutsche Modell berechnet. Und das geht mit dem neuen Computer nun gleich in einigen dutzend Varianten.

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Im Kontrollzentrum des Rechenzentrums

Das mit den verschiedenen Varianten nennt man Ensemble-Rechnung. Damit soll dann auch gesagt werden können, wo genau ein Gewitter heruntergeht. Bislang lautet die Auskunft des Wetterdienstes oft nur lapidar: im süddeutschen Raum. "Wenn wir aber sagen können: im Schwarzwald, dann ist das schon ein Riesenfortschritt."

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Nur soviel: hier ist es verdammt laut

Gewitter sind die großen Unwägbarkeiten in der Wettervorhersage. Temperaturen, größere Stürme, auch Windgeschwindigkeiten ließen sich bereits seit längerem relativ genau vorhersagen. Bei Kyrill im Jahr 2007 habe man schon fünf Tage zuvor gewusst, wie sich der Sturm entwickeln würde. Die Gewitterfronten, die manchesmal mit Durchmessern von nur zehn bis zwanzig Kilometern Deutschland durchstreiften, seien eben "unheimlich schwer" zu prognostizieren. Da regnets dann in Offenbach und in Frankfurt bleibt's trocken.

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Die Daten müssen ja auch irgendwo hin. Zum Beispiel auf Kassetten dieser Art mit 50 Gigabyte Kapazität. Insgesamt haben die Speichersysteme 600 Terabyte Kapizität.

Auf 20 Prozent der Rechenkapazität hat die Bundeswehr Zugriff. Sie steht deswegen auch am Eingang des Wetterdienstes auf einem schmucken, güldnen Schild. Laut Aussage des Wetterdienstes berechnet sie unter anderem das Wetter in ihren Einsatzgebieten, also zum Beispiel in Afghanistan. Auch andere Bundesbehörden haben auf den Wetterrechner Zugriff. Das soll die Auslastung erhöhen und Synergieeffekte schaffen. In einigen Jahren soll die Gitterdichte auf 1 Kilometer schrumpfen. Den Rechner dafür gibt es bislang nur im Traum.


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