Son, Ambulance – Schuld war nicht der Bossa Nova

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Detlef Kinsler /

son_kinsler_295Sie müssen ihre Zeit gebraucht haben, bis sie sich backstage sortiert hatten vor ihrem Auftritt in der Brotfabrik, Denn es dauerte eine geraume Weile, bis sie dann endlich auf die Bühne stolperten und sich auch da erst mal orientieren mussten, die Instrumenten am richtigen Platz waren, jeder seinen Platz gefunden und Sänger/Gitarrist Joe Knapp seinen Stuhl zurecht gerückt hatte und sie endlich anfingen zu spielen. Sehr lässig wirkte das ganze vom ersten Ton an, wenn nicht sogar nachlässig. Denn nach zwei, drei Stücken kam Kollege C. ungläubig an den Bühnenrand und murmelte etwas wie „Funktionieren deren Monitore nicht? Da spielt ja jeder was eigenes“ und ich grinste nur und meinte, „Na vielleicht ist das ja ihre Masche, solange sie zusammen zu Ende kommen...“. Bands vom Saddle Creek-Label (die bekannteste ist Bright Eyes) haben ganz eigene Eigenschaften, folgen anderen Gesetzen, setzen auf Leichtigkeit und Verspieltheit, weswegen man ihnen vieles, wenn auch nicht alles verzeiht.

Irgendwann finden die fünf Musik „zusammen“, wenn sie auch nicht tight im Sinne des Wortes spielen. Der Drummer scheint sich jedenfalls nicht mit einfacheren Beats zufrieden zu geben. Er wirkt (wenn er auch nicht aussieht, wie überhaupt alle aussehen, als wären sie nicht wirklich für die Showbühne gemacht) ein wenig überambitioniert, hier noch ein Wirbel, da noch ein Fill. Das lässt die Strukturen der Songs verschwimmen. Aber vielleicht hatte er ja auch nur neue Felle auf die Toms gezogen und die federten seltsam zurück. Mann weiß es nicht. Das Publikum jedenfalls hatte seinen Spaß an den Burschen. Wer wollte, konnte überprüfen, ob die Ankündigung, Son, Ambulance spielen Bossa Nova („A Girls In New York City“ statt am Zuckerhut) meets Glam und Psychedelic Rock à la Pink Floyd zu Easy Listening mit Tiefgang so denn auch stimmt. Man konnte wirklich irgendwie alles (und mehr und anderes) aus dem Sound herausfiltern. Wichtig für den Abend war es nicht. Einmal musste ich lachen. Das klang irgendwie wie Drogenmusik (wenn zum Beispiel Quicksilver Messenger Service wenn sie auf ihre walisischen Freunde von Man trafen (na wer kann mit dieser Assoziation wirklich was anfangen?!), ohne Drogen (mal von ein paar Bierchen und Weinen abgesehen)... Jeder hatte so seine kleinen Auftritte, der Bassist – zum ersten Mal in Deutschland – propagierte sein neues Lieblingswort Prost und stieß mit den Fans in der ersten Reihe an. Und der zweite Gitarrist, auch eher ein Unikum, hat seinen großen Moment, als er die Entstehungsgeschichte eines neuen Songs erzählt, Thema Die Deutschen und ihre Hunde von Pinscher bis Rottweiler.

son_kinsler_465Den singt er deutsch zu einem holprigen Dreiviertel-Takt. Konkurrenz für Helge Schneider, saukomisch, Und er setzt noch ein „Ich fühl mich wunderbar“ drauf, was bei ihm – die Umlaute müssen noch geübt werden, eher wie „Ich fool me wunderbar“ klingt, was ja auch irgendwie passte. Je späte der Abend, desto mehr gab dieser Reisegruppe aus Brüdern und Cousins, echten und getürkten, auch musikalische Gas. Plötzlich klang ein Stück wie 60’s College Rock`n´Roll und der Blues in der Zugabe nahm Velvet Underground-Züge an. Die zweite Zugabe erinnerte eher an die Rolling Stones in ihrer Disco-Phase, wobei hier noch ein kleine Portion Glam Rock dazu kam. Letztlich dann doch ein unterhaltsamer Abend. Und im Hof erfuhr man dann noch die Geschichte des Namens (selber nie recherhiert) und warum das nicht nur Korrekturleser irritierende Komma. Demnach hieß die Band erst nur Ambulance bis Knapp einen Sohn bekam, der ihm dann wichtiger war als die Musiker, weshalb er ihn dem Bandnamen voranstellte. Son, Ambulance. Niedlich, nicht?!

Fotos: Detlef Kinsler


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