Robyn: Who can handle her?

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Detlef Kinsler /

robyn_kinslerOft genug ist es andersherum. Da werden in größeren Läden angekündigte Konzerte in kleinere Locations verlegt, weil kaum einer Tickets gekauft hat. Die Batschkapp macht die Woche die umgekehrte Erfahrung. James Morrison heute ins Capitol nach Offenbach verlegt, Katy Perry am Donnerstag sogar in die Hugenottenhalle. Die beiden sind angesagt. Und auch Robyn durfte gestern das Nachtleben mit der Batschkapp tauschen, wo viel Jungvolk auf die schwedischen Pop-Princess wartete. Um 9 tat sich aber noch nichts. Da fragte Robyn noch nach Bügelbrett und Bügeleisen, um ihr schwarzes Oberteil mit den Fledermausflügeln zu den (dezenten) ebenso schwarzen Hot Pants noch einmal in Form zu bringen. Aber 15 Minuten später ging's dann los. Einer ihrer drei Begleiter nahm seinen Platz hinter dem Keyboards und allerlei elektronischen Gerätschaften zur Erzeugung von Beats und Sounds ein und legte erst mal eher spacy los. War ich nicht gerade auf dem Fußweg von zu Hause nach Eschersheim am Clubhaus vorbei gekommen, wo (irgendwann in den späten Siebzigern muss es gewesen sein) Klaus Schulze, einer der deutschen Synthie-Pioniere, seine Platten aufnahm. Von ihm oder Tangerine Dream hätte dieses Intro stammen können. Kosmische Kuriere. Was aber folgte, war kein Kraut Rock.

Zwei Drummer gesellten sich auf die Bühne, dann Robyn, vor Tagen noch von einer Grippe geplagt, jetzt auf dem Weg der Besserung. Die Beats sitzen, der Sound ist fett und – allerdings nicht bei den Fans, denen ist das wurscht –die Frage kommt auf, wie viel von diesem Sound (nicht nur die Frauenchöre) von der Festplatte kommt? Bei Madonna im Waldstation (Verziehung, der Commerzbankarena) mutmaßten viele, es seien bei der Queen of Pop bis 80% inklusive Leadgesang gewesen. Ich war nicht da, aber da machte es ja eh die Show. Die ist bei Robyn – wie überall alles – sympathisch Low Budget und fast Underground, wie sie überhaupt insgesamt nicht das Klischee eines – nennen wir´s mal – Dance Act erfüllt.

Vielleicht liegt's an ihrer Herkunft oder meinen Projektionen und meiner Datenbank mit den entsprechenden Assoziationen im Kopf: Als sie lautmalerisch ihr „di dengi gi deng digi digi“ sang, klang das wie die Geheimsprache bei Kalle Blomquist (Robyn heißt mit Nachtnamen übrigens Carlsson). Plötzlich ganz reduziert ohne marschierende Beats, hätte das auch ein Zitat aus einem schwedischen Volkslied sein können. In einem Break schienen Abba anzuklingen. Die Frisur allerdings war keine reine Roxette-Marie Fredriksson-Gedächtnisfrisur. Da mischte sich auch ein wenig Anne Clarke- und Amazonen-Look (ausrasierte Schläfen) dazu bei unserer Bonsai-Brigitte Nielsen. Eine streitbare junge Frau scheint Robyn allerdings zu sein. Und nicht zuletzt diese Frauen-Power, die sie verkörpert, brachte ihr auch Diskussionen ein, ob sie lesbisch sei. Auch das ist den meisten Fans egal (und manchen wär´s sogar recht). Jedenfalls hingen in der Batschkapp alle an ihren Lippen und sangen gut die Hälfte der Songs mit. Schließlich geht es ganz romantisch auch um gebrochene Herzen, der Wunsch nach dem richtigen Partner und nicht nur bei „Bum Like You“ kriegt die Männerwelt einen auf die Mütze. Was Robyn sich wünscht? Jemanden, die ihren Song „Handle Me“ richtig verstanden hat.

Zum Schluss des Konzertes bekam dann auch nach einigen quietschigen Minnie-Maus-Passagen ihre Stimme wieder Sicherheit (die gerade überstandene Erkältung) und wirkliche Ausdruckskraft, war dann eher Alt als Sopran und einfach nur noch berührend. Zum Beispiel bei „Be Mine!“, als Zugabe ein zweites Mal ohne Police-mäßige Gitarre und Drums, quasi als Pianoballade gespielt, aber immer noch mit „Time After Time“-Zitat. Nach 50(!) Minuten war der Zauber allerdings inklusive Zugaben vorüber.

Foto: Detlef Kinsler


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