Am Dienstagabend wurde das Lichter Filmfest Frankfurt International eröffnet. Und nun bietet sich bis Sonntag ein wahrer Veranstaltungsreigen. Hier ein paar Höhepunkte - von Filmpremieren bis zum Art Award.
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1. Jonathan Piotr J. Lewandowski ist ein alter Bekannter. Der Offenbacher Drehbuchautor und Regisseur sorgte mit seinem berührenden Langfilm-Debüt „Jonathan“ (Foto oben) auf der Berlinale für Standing Ovations, bei Lichter präsentiert er nun die „Weltpremiere der fertigen Fassung“, denn vorher lagen Tonmischung und Filmmusik noch im Argen. „Lichter ist wie Zuhause“, sagt Lewandowski und freut sich auf die Begegnungen „mit echten Menschen, nicht bloß Leuten aus der Branche, einem ganz anderen, aufgeschlossenen Publikum“, denn: „Für so kleine Produktionen wie meine ist ein Festival, egal in welcher Größenordnung, einfach sehr, sehr wichtig. Man schafft Aufmerksamkeit.“ >> Sonntag, 3. April 2016, 20 Uhr, Mousonturm (um 19 Uhr werden die Preise des Lichter Filmfests verliehen).
2. Der General 1926 begab sich Buster Keaton in der Rolle des Zugführers Johnnie Gray in den Wirren des amerikanischen Bürgerkriegs auf eine atemlose Verfolgungsjagd nach seiner Lokomotive. Schon als Stummfilm dank seines unerschöpflichen Erfindungsreichtums und einer Reihe einzigartiger Gags und Missgeschicke ein Filmvergnügen vom Feinsten. Und wie geschaffen für eine nachträgliche Vertonung. Die wurde allerdings nicht in einem Tonstudio vorgenommen, sondern wird live im Lederpalast des Ledermuseums direkt vor der Leinwand aktuell kreiert. Dafür konnte das Lolita Knockout Ensemble gewonnen werden. Mit Akkordeonspieler Martin Wagner (Tango Transit), Cellist Raphael Zweifel und den beiden Rodgau Monotones-Mitgliedern Matthias Dörsam (Holzblasinstrumente) und Ali Neander (Gitarre) hat Rainer Michel (Foto), der neben Gitarre auch den Böhmat, den „Begleitautomaten“ einer alten Böhm-Orgel, beherrscht, vier Topsolisten um sich geschart. Als „findiger Filmkomponist“ (so die Veranstalter) hat Michel für das tragikomische Meisterwerk über die Ironie des Krieges eine neue Musik komponiert. „Sie untermalt die perfekte Konstruktion aus Witz und Originalität des Generals mit Jazz-Beats und moderner Klassik“, heißt es dazu in der Ankündigung. >> Freitag, 1. April 2016, 20 Uhr, Lederpalast Offenbach/Ledermuseum
3. Lichter Art Award Ein absolutes Must-see bei den Lichtern: Der Art Award. Kurator Saul Judd und seine Jury-Kollegen Vivian Trommer und Fabian Schöneich haben über 80 Beiträge aus aller Welt gesichtet und sechs nominiert:
and the LICHTER ART AWARD 2016 finalist are >Zanny Begg (AUS), ‘1001 Nights in Fairfield’, 2015Fabiano Mixo (BR/G), ‘...
>> Auflösung Mittwochabend um 19 Uhr in der Naxoshalle
4. Meine Brüder und Schwestern im Norden Gleich beim Eröffnungsfilm gab es am Dienstagabend ein Wiedersehen mit der südkoreanischen Hessin Sung-Hyung Cho, die für ihre Doku „Meine Brüder und Schwestern im Norden“ ihr Geburts-Nachbarland Nordkorea besuchen durfte. Der Film wird am 2. April um 15 Uhr im Studio des Mousonturms wiederholt.
5. Les Sauteurs 13 ausgewählte Filme bei Lichter widmen sich dem Thema Grenzen. Les Sauteurs ist einer davon: >> Mittwoch, 30. März 2016, 21:00 Uhr , Mousonturm // Studio 1
6. GrenzParcours Die Ausstellung "Walk the line" präsentiert im Mousonturm über die gesamte Festivallaufzeit künstlerische Arbeiten zu Migration und Flucht, Überwachung, Unendlichkeit und Geschlecht. Der Ausstellungsrundgang zeigt Fotografien, Karten, Videoprojektionen und Computerspiele, die zum Schauen oder Spielen einladen.
7. Grenz-Diskussionen Mit der Goethe-Uni zusammen sind etliche Vorträge und Diskussionen geplant. So zum Beispiel am Mittwoch um 19 Uhr im Mousonturm: Migrationsforscher Mark Terkessidis, der Journalist Ralph Bollmann, die Politikwissenschaftlerin Nicole Deitelhoff vom Exzellenzclusters „Normative Orders“ und Karl Kopp, Europareferent von Pro Asyl, beleuchten europäische Grenzmechanismen und diskutieren ihre Bedeutung für Politik und Gesellschaft. Eberhard Nembach, Politik-Redakteur bei hr-iNFO, moderiert das Gespräch.
8. Experimenter Die Deutschlandpremiere des Films von Michael Almereyda (Donnerstag, 20 Uhr im Mousonturm) beleuchtet die Grenzen blinden Gehorsams. Es geht um ein Experiment von Stanley Milgram von 1961. Probanden schlüpften in die Rolle von Lehrern. Falsche Antworten ihrer „Schüler“ sollten sie mit Stromschlägen bestrafen. Viele „Lehrer“ schreckten nicht davor zurück, auf Befehl sogar tödliche Stromschläge zu erteilen, auch wenn die Schüler schrien und um Gnade flehten. Nicht wissend, dass die Schüler nur Schauspieler und die Stromschläge nicht echt waren, erklärten die Probanden ihr Verhalten damit, lediglich Anweisungen befolgt zu haben. Der Versuch befeuerte im Jahr des Eichmann-Prozesses die Debatte über Obrigkeitshörigkeit und das Wesen des Menschen. Der hochkarätig besetzte Film zeigt das Leben eines mutigen Wissenschaftlers zwischen Bewunderung und Anfeindung.
9. Die andere Heimat Der legendäre Edgar Reitz ist Schirmherr des Filmfests. Und zeigt am Mittwochabend auch selbst ein Werk aus seiner Heimat-Reihe:
10. Lisbeths letzte Reise 20 Filme aus dem Rhein-Main-Gebiet werden bei Lichter gezeigt. Dies ist einer davon am Sonntag feiert er im Mousonturm Weltpremiere (14 Uhr, Studio 1). Der Frankfurter Filmemacher Thomas Carlé findet in seiner filmischen Auseinandersetzung erstaunlich ehrliche Bilder und gewährt dem Zuschauer Einblicke in ein Thema, das intimer kaum sein könnte: das Sterben seiner Eltern. Zurückhaltend, aber nahezu ungefiltert zeigt er den geistigen und körperlichen Verfall seines Vaters und das aufopferungsvolle Bemühen seiner Mutter, die Situation anzunehmen, bis sie ihn tot findet. Er zeigt Lisbeths Lebensabend, der vom Kampf mit Alter und Krankheit geprägt ist. Vom Glück der kleinen Momente. Vom Kampf um Normalität, wenn der Körper nicht mehr will. Vom Verlust eines geliebten Menschen. Vom Weiterleben. Vom Überleben der Persönlichkeit. Vom Kampf, loszulassen und Abschied zu nehmen. Bis zum letzten Atemzug.