„Hier war vorhin noch Kindertheater bis 5“, meint Fratze von der Batschkapp-Security zur Begrüßung. „Aber was ist das jetzt anderes“, höre ich mich zurück murmeln. Tatsächlich: der Anteil an Jungen und Jüngsten im Publikum beim Katy Perry-Konzert war extrem. Aber die US-Göre scheint damit immerhin besser umgehen zu können als seinerzeit Paul „Come Back And Stay“ Young, der – „dank“ BRAVO zum Tennieidol geworden– auf der Bühne von „Sex“ sang und dabei von Fünfjährigen mit Teddybären beworfen wurde. Wie sehr Katy Perry, der erklärte Queen-Fan („Killer Queen“ vom Band eröffnet ihr Konzert, ein Song gegen Ende, „Don’t Stop Me Now“, klingt verdächtig nach Freddie Mercury & Co.), die kleinen (Quäl-) Geister rief, mag irgendwer mal in einer Magisterarbeit (Soziologie oder Psychologie oder whatever) zu klären versuchen. Perry ist Profi genug, zu wissen, wer ihr – wenn nicht die Rente – so zumindest ihren momentanen Lebensstil finanziert und von daher ist das Publikum erst mal so wunderbar crazy wie sie sich selber sieht und wird verbal geherzt und gebusselt. Die Deutschen seien eh die Allerverrücktesten. Und nach Frankfurt käme sie allemal wieder zurück. Die Fans reagierten noch verzückter.
Es ist längst Bettzeit für die Kleinsten, als Katy – dezenter frisiert als auf vielen durchgestylten Promofotos – in hautengen, tiefroten Hosen (oder Leggins?), luftigem Oberteil und schwarzen BH die Bühne betritt. Was für ein Bühnenbild, wow! Der Hintergrund ein über- und dreidimensionaler Fruchtkorb (na ja, den Bananen, die jemand im Publikum – wir wollen keinen Namen nennen – glatt als Pariser missdeutete, fehlt ein wenig die Luft an den Enden), in dem die stilvoll gekleidete Band agiert und mit Miss Perry als besonderem Früchtchen on Top, das aber gleich die Aufmerksamkeit auf die überdimensionierte Katze in der Bühnenoptik lenkt: „Ganz sicher die größte Pussy, die ihr je gesehen habt!“. Somit ist das also auch geklärt. Katy Perry als Familienprogramm: mit (teilweise) Mitträllermelodien für die Youngsters und latenten sexuellen Anspielungen für die Älteren. Sie rennt mit viel Energie und Ausdauer über die Bühne wie einst Nena auf ihrer ersten Tournee, besteigt Boxen, feuert ihr Publikum an und setzt viel bewusster als damals Frl. Kerner auf ihren Sex-Appeal. Und sie schwatzt viel mit ihrem Publikum, blubbert von Amsterdam, Oktoberfest, Las Vegas und fragt die Girls, ob ihre Boyfriends freiwillig mitgekommen seien oder ob sie sich dafür eine Gegenleistung erwarten.
Die Band spielt gut. Wo will man das tatsächlich positionieren? Wirklich zwischen Avril Lavigne und Alanis Morissette? Näher an Amy Winehouse oder Lilly Allen. Nicht zu vergessen Gwen Stefani. Irgendwie ist das Ganze Bubblegum, aber keine Frage gut gemacht. Perry ist nicht die größte aller Sängerinnen und was in den Höhen manchmal wie ein Country-Yodel-Überschlag klingt, ist bei ihre eher ein stimmlicher Mangel und ungewollt. Aber es gibt Stücke, die sitzen – nicht nur die Hits wie „Hot & Cold“. Sie ist eine Performerin. Und sie sucht auch den Körperkontakt bei einer Stagediving-Einlage. Glücklicherweise konnten ihre Fans sie tragen, schließlich ist sie kein wirkliches Leichtgewicht, gehört nicht zu den Hungerhaken mit unter 50 Kg (Oma hätte früher gesagt, da ist Fleisch dran), was sie dann zu einem besseren rôle model für ihre ganz jungen weiblichen Fans macht.
Zur Zugabe kommt sie umgestylt und es wird deutlicher, dass sie ein absoluter Fan klassischer Pin ups ist. Jetzt ist sie das Kätzchen (mit Schäwnzchen), das die Girls in ihrer Botschaft doch allzu gerne für ihre Lover spielen, aber nur solange man sie anständig behandelt, denn sonst werden die Krallen ausgefahren. Dazu singt sie ihr „Skandal“-Lied „I Kissed A Girl“ mit einem Riesen-Lipstick (wer was anderes darin sieht, ist verdorben) auf der Bühne, den die erste Reihe erst mal mit den Lippen berühren muss bevor sie eine kurze Reiteinlage darauf einlegt. War das nun pubertärer als die „Hochkultur“ am Abend zuvor im Mousonturm bei Jan Fabres „Orgy Of Tolerance“. Da ging’s auch um Pussys und... Aber das ist ein anderes Ressort und davon habe ich keine Ahnung.