David Byrne: Ganz in Weiß zwischen Busch und Großstadtdschungel

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Detlef Kinsler /

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Die Hütte brannte längst, als David Byrne in der zweiten Zugabe das von den Fans heiß ersehnte „Burning Down The House“ anstimmte. Zu Beginn des Abends in der Alten Oper Frankfurt hatte der Wahl-New Yorker noch unmissverständlich klar gemacht: Heute geht es um das neue Album „Everything That Happens Will Happen Today“ und die zweite Kollaboration mit seinem alten Freund Brian Eno, „My Life In The Bush Of Ghosts“ von 1981. Alles, was davor und dazwischen passierte, sollte eher außen vor bleiben. „Aber vielleicht brechen wir das Dogma ja auch auf“, machte er seinem Publikum schmunzelnd Mut.

Ganz in Weiß waren Byrne und seine siebenköpfige Band auf die Bühne gekommen – Anzüge, Instrumente, Bühnenhintergrund. Eine Strenge in Optik und Aufbau, bei der es aber nicht lange bleib. Genauso wenig wie bei der Befürchtung, der Sound der aktuellen CD, den man – wenn auch mit Augenzwinkern – als Mix aus Schlager, Country und Gospel bezeichnen könnte, würde den ganzen Abend bestimmen. Nach der etwas schnulzigen Countryballlade „My Big Nurse“ befürchtete Kollegin Barbara neben mir noch, das Ganze könne nun gänzlich abdriften und murmelte etwas von den „Caprifischern“, aber dann bekam Byrne mehr und mehr die Kurve. Sieben von elf der neuen Songs präsentierte unser Mann zwar live, aber gut durchmischt mit Ausflügen in die Vergangenheit. So war der prägnante, Afro-Beat inspirierte Funk seiner Post New Wave Band Talking Heads („Remain In Light“, 1980) schließlich genauso präsent wie der High-Tech-Ethno-Pop von „My Life In The Bush Of Ghosts“ (1981).

byrne2So war es ein buntes, letztlich doch sehr grooviges Klang-Kaleidoskop, das zudem von einen Tänzer und zwei Tänzerinnen zur Illustration ausgewählter Titel durcheinander gewirbelt wurde. Und das in einer Choreographie, die selbst die Musiker und Byrne selbst mit einbezog. War das moderner Tanz? Oder eher Adaptionen aus Afrika? Auf alle Fälle spielerisch und athletisch zugleich und ganz sicher nicht ohne Subtext. So konstruiert (Byrne ist mit seiner Affinität zu Tanz, Theater, Film, Literatur ja sozusagen ein Genre-übergreifender Konzeptkünstler, aber schon seit Jahrzehnten nicht mehr der oft als steif und kopfig angesehen Intellektuelle) und ausgedacht vieles davon auch wirken mochte, so war doch auch viel Witz und Ironie im Spiel. Musste man sich da ad hoc den Abend mit möglichen Interpretationenansätzen zu Sozial- und Gesellschaftskritik und etwaiger Gefangenennahme durch Systeme und Verhaltensmuster etc. verderben? Nein.

Das Publikum in der bestuhlten Alten Oper jedenfalls hielt es nicht auf seinen Sitzen – es fühlte sich zum Tanzen animiert. Da drängte dann plötzlich ein 40-50 Jahre plus-Publikum zur Bühne hin und tat es den Musikern und Tänzern auf der Bühne gleich und hüpfte wie Flummibälle zwischen den Stuhlreihen hin und her. Manch einer griff auch auf „Ausdruckstänze“ zurück, die er zuletzt wahrscheinlich unter dem Genuss von soviel Cannabis zur Schul- und Studienzeit getanzt hatte. Was hatte der Künstler selbst im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der neuen Platte versprochen: „Einfache, von Herzen kommende, aber klischeefreie Songs, die – obwohl durchaus sophisticated – moralisch aufbauend, hoffnungsvoll und positiv rüberkommen sollte, auch wenn in den Texten Autos explodieren oder auch düstere Szenrios entworfen werden.“ Na das erfüllte Byrne allemal und die Konzertbesucher bekamen schließlich auch noch die gewünschten Hits zu hören: „Once In A Lifetime“, „Take Me To The River“ und natürlich „Burning Down The House“.

Fotos: Detlef Kinsler


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