Was für ein Wochenende! Am Samstag gingen Abends an der Alten Oper für fünf Minuten die Lichter aus – als Energiesparmaßnahme. Weitaus effektvoller und erleuchtender war mein Besuch am Sonntag Abend auf dem Opernplatz. Da hieß es „Licht an“ – denn die Frankfurter Jüdische Gemeinde zelebrierte Chanukka – das Lichterfest.
Kurz vor 18 Uhr war die Musik schon bis in die Fressgass zu hören. Geschätzte 200 Menschen hatten sich auf dem Opernplatz eingefunden und versammelten sich um eine kleine Bühne, auf der ein bärtiger Mann saß und mit seinem Keyboard für Stimmung sorgte. An einem benachbarten Tisch gab es für die Menschenmenge heißen Kaffee und Kreppel. Mir war ganz warm ums Herz, auch wenn ich mit der Chanukka-Tradition nicht vertraut bin. Auf einer Leinwand wurden Filmausschnitte aus Nachrichtensendungen gezeigt. Dort konnte man sehen, wie George Bush Senior eine Menora anzündet und Gouverneur Schwarzenegger mit Rabbinern um ebenso einen Kerzenständer tanzt. Das Lichterfest hat eben für Menschen auf der ganzen Welt Bedeutung und ich freute mich, ein kleiner Teil davon sein zu können. Aber erst einmal musste ich die Chanukka-Geschichte in Erfahrung bringen und die geht in etwa so:
Das Lichterfest hat eine lange Tradition und geht auf das Jahr 165 vor Christus zurück. Die Juden Palästinas wollten nach dem erfolgreichen Makkabäeraufstand in Jerusalem einen Tempel erneut weihen. Etwas geweihtes Öl war noch in dem Tempel vorhanden, um das heilige Gebäude zu erleuchten. Normalerweise hätte es gerade mal für einen Tag gereicht. Doch es geschah ein Wunder, das Öl erhellte den Tempel für acht Tage – gerade so lange, bis ein neues geweihtes Öl hergestellt werden konnte. Seither feiert die jüdische Gemeinschaft das achttägige Channuka-Fest, bei dem an jedem Tag ein weiteres Licht der Menora entzündet wird. Ein großes hoffnungsvolles Fest.
Hoffnungserweckend war gestern auch der Auftritt des Rabbiners Zalman Gurevitch, der auf der Bühne sprach. Der Rabbiner, der in Frankfurt niedergestochen worden war, ist Gottseidank wieder genesen und zeigte in seiner Ansprache Stärke. Der Anschlag habe ihm verdeutlich, dass sich die Jüdische Gemeinde nicht zurückziehen dürfe. Sein Glaube habe ihm seine Kraft zurück gegeben. Auch die Oberbürgermeisterin würdigte die Jüdische Gemeinde als festen Bestandteil der Frankfurter Bevölkerung. Sie plädierte für ein friedliches Miteinander der Kulturen und Religionen und erinnerte mit feuchten Augen an die Reichspogromnacht. Ein sehr rührender Moment. Daraufhin wurden feierlich, begleitet von dem tiefen Gesang des Rabbiners, sieben Lichter an der großen Menora am Haupteingang der Oper entzündet. Als der Rabbiner vorsang und das Publikum seinen Gesang erwiderte, lief mir vor Rührung die Gänsehaut über den Rücken.
Nach dem Entzünden der Lichter der Menora, symbolhaft neben einem Tannenbaum stehend, kam auf dem Opernplatz Partystimmung auf. Der Keyboarder legte los und wurde gesanglich von einem Kantor aus New York begleitet. Zu Musik, die teilweise an Polka und dann wieder verdächtig nach Ralph Siegels Dschingis-Khan klang begannen die ersten zu tanzen. Immer mehr legten jeweils einen Arm auf die Schulter des Nachbarn, bis sich ein Kreis aus tanzenden und hüpfenden Menschen bildete. Während ich langsam wieder den Heimweg antrat, war die Party noch in vollem Gange und einige Männer damit beschäftigt, eine Menora an ihrem Autodach zu befestigen. Warum nicht, auch wenn ich etwas derartiges noch nie zuvor gesehen habe.
Mich hat die kleine Feier neugierig gemacht, gerne würde ich mehr von der jüdischen Kultur erfahren. Und was mich besonders gefreut hat, war die friedvolle Atmosphäre. Nicht mal Polizei war zu sehen, und eigentlich sollte es auch so sein. Schalom.