Bei Anruf Buch

Kultur-Zelle in Eschersheim vor dem Aus

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In Eschersheim wurde eine leerstehende Telefonzelle durch eine Bürgerinitiative zu einem offenen Bücherschrank umfunktioniert. Jetzt will die Telekom die Telefonzelle abreißen. So schnell geben die Anwohner nicht auf.

Philippa Brühl /

Hallo? Jemand zu Hause? Wohl kaum. Seit etwa vier Jahren kann niemand mehr in der Telefonzelle in der Kurhessenstraße telefonieren. Seit dieser Zeit steht sie nämlich leer. Das fanden engagierte Anwohner schade und machten sich an die Arbeit. Der Plan: ein Bücherschrank aus der gelben Zelle zaubern. Es wurde geputzt, Regale wurden gekauft, Fächer eingebaut und die kaputte Glasscheibe der Tür kurzerhand mit einer Folie abgeklebt. Von außen brachten die Eschersheimer große blaue Hinweise an, auf denen zu lesen ist: „Bücher nehmen, Bücher geben, Bücher leihen, Bücher tauschen, Bücher lesen, Bücher gratis“. In der telefonlosen Zelle haben nun seit dem 15. Mai Bücher ein Zuhause.

„Die Idee findet bei den Bewohnern großen Anklang“, sagt Vera Hanig. Sie gehört zu den Initiatoren und spendete auch die ersten Bücher. Am 15. Mai wurde die Bücherzelle eröffnet. Nun macht die Telekom dem Ganzen aber einen Strich durch die Rechnung. Sie will den „Bücherschrank“ abreißen lassen. „Man hätte vorher mit uns reden sollen“, sagt Georg McKinney, Sprecher der Telekom. „Wir wussten von nichts.“ Bei Schäden müsse schließlich die Telekom haften. Deshalb wolle man die Telefonzelle nicht einfach so zur Verfügung stellen.

Für die Anwohner kommt der Abriss plötzlich und unerwartet – auch für die ganz Kleinen. „Die Kinder sind ganz scharf drauf, die müssen wir eher bremsen“, sagt Meike Albanesi, eine Anwohnerin, die öfter mit ihrem eigenen Nachwuchs (siehe Foto oben) vorbeikommt, um nach Lesestoff zu stöbern. „Es ist bedauerlich, weil es eine schöne Aktion für Jung und Alt ist“, ergänzt sie. Zudem sei das Ganze auch noch kostenlos.

Mit einer Unterschriftenaktion will man den Bücherschrank nun retten, innerhalb weniger Tage kamen schon über 100 Befürworter zusammen. Auch die Politik will mitmischen: die CDU- Stadtverordnete Nina Teufel von Hallerstein will sich für die Bürgerinitiative einsetzen. Die Telekom zeigt sich inzwischen kompromissbereit. Solange kein Ersatzstandort für den Bücherschrank gefunden wird, soll der gelbe Kasten erstmal stehen bleiben. Mittelfristig muss er aber weg.


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