Architektursommer 2011

Wie wir künftig leben

Favorisieren Teilen Teilen

Wie leben wir in zwanzig Jahren – und vor allem: wo? Dieser Frage jagt der Architektursommer Rhein-Main 2011 in Frankfurt, Darmstadt, Offenbach und Wiesbaden nach. 220 Veranstaltungen nehmen den „Wohnraum Stadt“ unter die Lupe.

Astrid Biesemeier (pia) /

Immer mehr Menschen zieht es nach Frankfurt und ins Rhein-Main-Gebiet. Jüngsten Prognosen nach soll allein die Einwohnerzahl Frankfurts von derzeit rund 672 000 auf 725 000 Einwohner bis zum Jahr 2030 anwachsen. Es braucht also neue Räume, in denen Menschen wohnen können. Und für diese Räume braucht es Entwürfe, Ideen, Pläne und Konzepte. Denn mit der Frage, wie wir künftig wohnen wollen, steht nicht weniger auf dem Spiel als die Frage: Wie wollen wir künftig leben? Und das, so wie es derzeit aussieht, angesichts knapperer Kassen und steigender Temperaturen. „Wohnraum Stadt“ heißt denn auch das Motto des Architektursommers Rhein-Main 2011, der unter anderem auf diese Frage Antworten sucht. Von April bis September gibt es rund um das Thema Architektur an die 220 Veranstaltungen in Frankfurt, Darmstadt, Offenbach und Wiesbaden. Ausstellungen, Vorträge, Symposien, Workshops, Spaziergänge, Feste, Filme und Aktionen richten dabei den Blick zurück in die Geschichte der Architektur, nehmen eine Bestandsaufnahme vor oder riskieren Ausblicke in die Zukunft. Junge Baukunst wird ebenso gezeigt wie die Arbeiten bekannter Architekten.

Erstmals haben sich die großen hessischen Städte des Rhein-Main-Gebiets zu solch einem städteübergreifenden Projekt zusammengefunden, um neben der städtischen auch die regionale Identität zu stärken. Auch wenn unter der Dachmarke „Architektursommer Rhein-Main“ alle Städte ihr jeweiliges Programm selbst organisieren, eint alle vier Städte der Wunsch ihrer Oberbürgermeister, Diskussionen mit Bürgern über Architektur und Stadtentwicklung zu fördern und über Qualität und Vielfalt von Architektur anzustoßen. Der Architektursommer Rhein-Main 2011 knüpft an die bereits 1990 im Frankfurter Hochbauamt entwickelte Idee eines mehrwöchigen Architekturfestes an – das übrigens das erste in Deutschland war. Um das Wohnen und die Zukunft des Wohnens geht es in allen Städten. Anders als in den anderen Städten dauert der Frankfurter Architektursommer gleich sechs Monate. Das Programm in der Mainmetropole ist daher ein „work in progress“. Doch die großen Themen stehen bereits fest: Frankfurt nimmt angesichts steigender Einwohnerzahlen die sogenannte „Nachverdichtung“ besonders in den Fokus, aber auch Stadterweiterung und nachhaltiges Bauen sind Schwerpunkte der Architektursommer-Veranstaltungen in der Mainmetropole.

„Nachverdichtung“ ist der Fachausdruck für die Bemühungen, Wohnraum zu schaffen, wo eigentlich keiner ist. Dafür werden leerstehende Flächen bei bereits bestehenden Bauten genutzt: Es wird ausgebaut, aufgestockt, angebaut oder Baulücken werden gefüllt. Während die einen solche Wohnraumbeschaffungsmaßnahmen begrüßen, fürchten die anderen, dass mit der Nachverdichtung wertvolle und wichtige Freiräume weichen. Das von der Bauaufsicht Frankfurt veranstaltete Symposium „Die kompakte Stadt“ (5. Mai) widmet sich daher der Frage, ob Nachverdichtung und Wunsch nach Freiraum tatsächlich unvereinbare Gegensätze sind. Ebenfalls mit der Entwicklung neuer Wohnraumpotenziale befasst sich ein Workshop des Planungsdezernats unter dem Titel „Neue Wohnquartiere für Frankfurt am Main“ (20. Mai).

Doch auch die Stadterweiterung ist eine Möglichkeit, mehr (Wohn-)Raum zu schaffen. Welche Potenziale in der Erweiterung liegen, ist beispielsweise bei Architekturspaziergängen durch Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Stadterweiterung zu erleben. Unter dem Titel „Drei Stadterweiterungen in Frankfurt am Main“ führt das Infobüro Riedberg durch Riedberg, Nordweststadt und Römerstadt (16. April und 7. Mai). Dabei werden städtebauliche Ideen und historischer Kontext der Erweiterungen beleuchtet. Eine Führung unter dem Titel „Riedberg“ erkundet ausschließlich das neue Wohnen im gleichnamigen neuen Stadtteil (9. und 30. April) und die Architektin Brigitte Dippold -Theile zeigt bei ihrer „mayführung 43“ das zwischen 1927 und 1934 von Ernst May und seinen Mitarbeitern entstandene Siedlungsprojekt in der Heimatsiedlung (9. April). Eine Ausstellung widmet sich der „Wohnstadt Limes“, die 1959 mit Hans Bernhard Reichow einer der bedeutendsten Stadtplaner des 20. Jahrhunderts entworfen hatte. Die Entstehungsgeschichte der Wohnstadt wird hier ebenso präsentiert, wie das stadtplanerische Konzept (3. Mai bis 9. Mai).

Nachhaltiges Bauen wird unter anderem mit einer Veranstaltung des Architekten- und Ingenieur-Vereins zur Passivhausbauweise beleuchtet. Unter dem Titel „Wegweisendes Konzept oder Dogma?“ werden die Vor- und Nachteile dieser Bauweise im Hinblick auf äußere Gestaltung, Wirtschaftlichkeit und Wohnzufriedenheit diskutiert (11. August). Aber auch „Bauen im historischen Kontext“ steht mehrmals auf dem Programm: Der Erweiterungsbau des Historischen Museums wird ebenso Thema sein wie der Neubau des Museums der Weltkulturen oder auch „Der diskrete Charme der 1950er und 1960er Jahre“. Um Gegenwart und Zukunft geht es bei dem City-Event „Wunsch und Wirklichkeit“ (16. Juni), bei dem aus Bildern, Informationen und Dialogen eine Collage aktueller und zukünftiger Wohn- und Lebensbedürfnisse entstehen soll. Welche politischen Dimensionen Architektur hat, steckt bereits der Philosoph Peter Sloterdijk ab. Beim Eröffnungsfestakt am 7. April wird er im Römer einen Vortrag unter dem Titel „Baukunst als Bindeglied des demokratischen Gemeinwesens“ halten.


Anzeige
Anzeige

Mehr Kultur-News

Anzeige
Anzeige

Ausgeh-Tipps

 
Anzeige
Anzeige

Kalender

Anzeige