Alexander Schimmelbusch spürt dem Kapitalismus wie dem Populismus nach in seinem neuen Roman "Hochdeutschland". Am Mittwochabend liest er daraus in der Villa Metzler.
Christoph Schröder /
Der Schriftsteller Alexander Schimmelbusch wurde 1975 in Frankfurt geboren, wuchs in New York auf und arbeitete nach seinem Studium als Investment-Banker in London. Sein kürzlich erschienener Roman „Hochdeutschland“, dem das Kulturamt nun eine Frankfurter Premiere in der Villa Metzler spendiert, wird von Rezensenten als glänzende Satire und als deutsche Antwort auf Michel Houellebecqs „Unterwerfung“ gefeiert: Im Mittelpunkt steht der so zynische wie gelangweilte Investmentbanker Victor, dem in seinem Job und in seiner gläsernen Villa im Taunus längst Emotionen und Empathie abhanden gekommen sind. Ein zynisches Kapitalismusmonster, der seine Untergebenen in subtiler Unmündigkeit hält und das Spiel der Märkte glänzend beherrscht.
Doch Victor bemerkt, dass sein eigenes Leben ihn anwidert, dass das gesamte System ihn anwidert. Er, der wie niemand sonst von eben diesem System profitiert, fragt sich, warum nicht spätestens nach der Finanzkrise der Nullerjahre ein Aufstand stattgefunden hat, eine Revolution, die ihn und seinesgleichen davongespült oder aufs Schafott gebracht hätte. Im Alkoholrausch verfasst Victor ein politisches Manifest, das schnell zu einer erfolgreichen politischen Agenda wird.
Victor wird zum Vordenker einer politischen Partei, in der sich so ziemlich alle populistischen Strömungen der Gegenwart zusammenfinden und die Angela Merkel bei der Bundestagswahl hinwegfegt. „Hochdeutschland“ ist eine nicht eben subtile, aber ungemein clevere Mixtur aus Gegenwartsdiagnostik und Gegenwartskritik, aus plumpen populistischem Sprechen und subtilen Winkelzügen. Ebenso wenig wie Victor ist auch sein Erfinder Alexander Schimmelbusch ideologisch nicht einzuordnen. Man könnte auch sagen: Er bleibt vollkommen unangreifbar. Und das wiederum ist ein hochaktueller Zustand.
Im Interview dagegen wird Schimmelbusch sehr deutlich: Seine Figur, so sagte Schimmelbusch gegenüber Deutschlandfunk Kultur, sei ein Mensch, der darin geschult sei, in Möglichkeitsräume vorzustoßen. Es habe ihm Freude gemacht, sich in die populistische Gedankenwelt Victors hineinzuversetzen. Und über die AfD: „Wenn eine derart verblödete populistische Bewegung schon 15 Prozent jetzt in Umfragen erringen kann, dann wäre für eine intelligente und weniger verblödete populistische Bewegung mit attraktiverem Personal natürlich ein noch viel besseres Ergebnis drin gewesen.“ Das klingt plausibel.
>> Alexander Schimmelbusch: Hochdeutschland Tropen Verlag, 214 S., 20,-
Lesung: Frankfurt, Historische Villa Metzler, 20.6., 19.30 Uhr Eintritt: 7 Euro; Kartenreservierung unter 069 21236439