Die Kotztüte war der Renner. Nie gab es ein sinnvolleres Hochzeitssouvenir, denn vielen wird es schlecht vor Freude, wenn sie Königs heiraten sehen. Dass William überhaupt eine Bürgerliche mit Pferdehaarallergie (!) ehelichten durfte, war ein starkes Stück – adelsintern gesehen. Nur mit dem Hagestolz aus Monegassien war man jetzt nachsichtiger, er gehörte überreif unter die Haube. „Märchenhochzeit“ titelten die Blätter, Mesalliance, das heißt Missheirat, flüsterten jene mit altem Adelsprädikat. Wie gut, dass auch Frankfurt sie hat: Adelsgewächse, Taunus-Baronessen und adoptierte Parvenüs, denen Krampfadern fürs blaublütige Ego nicht reichen. Die meisten tragen nur ein „vönnchen“ und sind „Etagenadel“, da man auf Etage statt im Schloss wohnt, schlicht(er), aber ergreifend. „Sie haben aber einen interessanten Namen!“ Wenn ich so den Köder auslege, ist zwischen eitler und guter Konversation alles möglich. Merke: Ein Adliger bleibt innerlich immer auf Distanz, egal wie viel er intus hat. Wer in dieses Soziotop einheiratet, wird augenblicklich „adliger“ als der Geburtsadel, wie einem Lieschen Müller geschehen, das, kaum unterm Krönchen, im Kollegenkreis beharrte, man habe sie fortan als „Prinzessin“ zu titulieren. Understatement begreift man nur, wenn man es selbst erlebt hat. Beim ersten Besuch zeigte mir sein Vater den Weg zum Familiensilber, „falls Sie es stehlen wollen“. Der alte Haudegen meinte das ernst! „Bitte?!“ Als ich empört aufstand, klebten mir die Haare seiner Jagdhunde am Hintern, denn die Lieblinge hatten auf allen Gobelin-Polstern freie Bahn. Blut ist Adligen wichtiger als dem Vampir: Die genetischen Anlagen von „Fräulein Viola“ erschienen akzeptabel. Die stolze Familie Rozz von der Wange kannte sich aus: jede Frau ist die Richtige, nur rassig muss sie sein. Meine Altvorderen, bitterarme Bergleute, lagen kopfschüttelnd in ihren Gräbern. Mehr Gala machten die Rozz’schen Reihen, durch die Ritter, Helden und eine syphilitische Hof-Mätresse marschierten. Wenn der Adel in tiefe Wälder lädt, sieht man zuhauf Clanmitglieder, und viele haben vier und mehr Kinder – offenbar schnackselt man auch hier gern. Diese Hochzeiten in der Provinz sind wiederum das „Kontaktfett“ für neue Ehen. „Entre nous“ spricht man Französisch, so klingt dann auch, „Ich habe eine Fuhre Mist gefahren“, gleich eleganter. Fazit: Wer einen Adeligen freit, darf ruhig ein wenig bluffen, das macht man in nasskalten Schlössern auch. Wie sonst ist es zu erklären, dass Fürst Albert auf der Wedding-Sonderbriefmarke drei Pfund Haare mehr hat?