Ein Kindershirt in KZ-Optik? Handtaschen mit Hakenkreuzen? Ist doch gar nicht so schlimm - zumindest, wenn es nach der Modekette Zara geht. Das Label musste sich (mal wieder) für eines seiner Produkte entschuldigen.
Ronja Merkel /
„Zara entschuldigt sich für Hemd in KZ-Optik“ – als ich diese Überschrift bei ZEIT Online las, wusste ich nicht, ob ich lachen, weinen oder die Augen verdrehen sollte. Ich entschied mich für das Lachen, allerdings für ein hysterisches, ungläubiges. Ein Shirt in KZ-Optik? Ernsthaft? Der Stein des Anstoßes ist ein Kindermodell, das von dem spanischen Label als Sheriff-Hemd in Westernoptik angepriesen wurde.
Nur leider erinnert das gute Stück mit seinen Streifen und dem gelben Stern über der Brust so gar nicht an den Wilden Westen, sondern eben an ein Sträflingshemd mit Judenstern. Und das so offensichtlich, dass man sich gleich fragt, ob der verantwortliche Designer betrunken war, als er vor seinem Zeichenblock saß. Und ob alle anderen Menschen, durch deren Hände der Entwurf vor der Produktion gehen musste, auch betrunken waren. Und dann die Verantwortlichen, die das Hemd schließlich haben anfertigen lassen. Und für den Verkauf freigaben. Wie viele Personen sind wohl bei einem solchen Prozess beteiligt? Sollte Zara vielleicht eine eigene Gruppe für anonyme Alkoholiker gründen, um solche Fehltritte zu verhindern?
Das Hemd hatte bei Twitter und Co. jedenfalls einen regelrechten Shitstorm ausgelöst, daraufhin fiel dann auch dem Konzern auf, dass ihr Western-Look vielleicht nicht ganz so gelungen war und zog das Shirt wieder aus dem Verkehr. Wie ZEIT Online mit Berufung auf die britische Tageszeitung Daily Mail berichtet, hatte die Modekette erst 2007 wegen einer solchen „Unachtsamkeit“ Ärger: Handtaschen mit Hakenkreuzen und Zara „hatte keine Kenntnis davon“.
Anscheinend schauen die Designer des Labels nicht nur gerne etwas zu tief ins Glas, sie scheinen auch die eine oder andere Geschichtslektion in der Schule verpasst zu haben. Wie bedauerlich. Aber immerhin gelangten die KZ-Shirts nicht zum Verkauf in Filialen, sondern wurden "nur" online für einige Stunden angeboten. Und das auch nicht in Deutschland oder Israel. Na dann.
Jahrgang 1989, Kunsthistorikerin, von Mai 2014 bis Oktober 2015 leitende Kunstredakteurin des JOURNAL FRANKFURT, von September 2018 bis Juni 2021 Chefredakteurin.