Rekonstruktion der Altstadt

"Ein Maß an Leidenschaft gehört dazu"

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Der Wiederaufbau der Altstadt sorgt erneut für Diskussionen. Jetzt liegen die Zahlen für die Rekonstruktionen vor. Viel zu teuer schimpfen die Altstadt-Freunde. Patrik Brummermann, Projektmanager der Dom-Römer GmbH, widerspricht.

Interview: Julia Lorenz /

Die Preise für die Rekonstruktionen liegen vor. Das teuerste Objekt schlägt mit 3.654.000 Euro zu buche. Wie erklären Sie die exorbitanten Preise?
Patrik Brummermann: Eine Rekonstruktion ist teurer als ein normales Haus. Das haben wir aber auch von Anfang an gesagt. Immerhin ist der Handwerksaufwand viel höher. Das fängt schon bei den handgefertigten historischen Holzfenstern an, die selbstverständlich aufwendiger zu produzieren und dementsprechend teurer sind. Aber das teuerste Objekt ist auch das größte, das darf man nicht vergessen. Für das Geld bekommen Sie 1200 Quadratmetern Nutzfläche. Dahingegen hat die günstigste Rekonstruktion eine Nutzfläche von 300 Quadratmetern und kostet 893.000 Euro.

Und wie sieht es mit dem energiesparenden Passivhaus-Standard aus, den sich die Stadt Frankfurt auf die Fahnen geschrieben hat?
Frankfurt will die Passivhaus-Hauptstadt Deutschlands werden. Deshalb gibt es die Vorgabe, dass alles, was die Stadt baut oder auf ihren Grundstücken gebaut wird, grundsätzlich im Passivhaus-Standard passieren muss. Das gilt dann auch für das Dom-Römer-Areal. Mit diesem Thema haben wir uns lange auseinandergesetzt und sind in Abstimmung mit der Stadt Frankfurt zu dem Ergebnis gekommen, dass der Passivhaus-Standard bei den Rekonstruktionen nicht zu hundert Prozent realisierbar ist. Das liegt an der Dichte auf dem Areal und daran, dass wir auf einer Tiefgarage bauen. Aber wir werden versuchen, so na wie möglich an diesen Standard heranzukommen und sprechen uns mit dem Energiereferat ab. Natürlich könnte man auch eine Rekonstruktion als Passivhaus realisieren, aber das wäre aberwitzig, auch wenn es auch seine Vorteile hätte, denn die Anschaffung ist zwar teurer, dafür sind die Nebenkosten günstiger. Das rechnet sich.

Herr Aha äußerte sich gegenüber der Frankfurter Neuen Presse, dass Fachleute viel geringere Summen berechnet hätten. Wie rechtfertigen Sie das?
Wir haben die für uns ersten Zahlen, die jetzt berechnet wurden. Die Zahlen der sogenannten ‚Fachleute‘ sind alt. Außerdem haben sie nur einen Blick von außen und kennen die technische Komplexität, die das Areal mit sich bringt, nicht. Man muss sich im Detail damit auseinandersetzen und das haben wir gemacht.

Die Altstadtfreunde sind dennoch empört. Sie fürchten um ihre Rekonstruktionen. Denn mal ehrlich: Wer soll so viel Geld aufbringen?
Nachdem die Zahlen veröffentlicht wurden, haben wir dennoch viele positive Rückmeldungen bekommen. Und zwar nicht nur von den Interessenten selbst, sondern auch von neuen möglichen Investoren, obwohl sie die Summen kennen. Die Rekonstruktionen sind nicht geeignet für eine Kapitalanlage, bei der man auf eine gute Rendite hofft. Ein Maß an Leidenschaft und der historische Bezug zu dem Ort sollten dazugehören.

Das sieht man ja auch an den Ladenmieten, die den Preis von 20 Euro pro Quadratmeter nicht überschreiten sollen?
Die Stadt Frankfurt verfolgt nämlich das Konzept, dass sie alle Gewerbeflächen selbst anmieten, um eine Qualitätssicherung zu garantieren. Außerdem sollen auch die Geschäfte, die sich solch eine Lage sonst nicht leisten könnten, die Möglichkeit bekommen, dort unterzukommen. Und so hat der Gutachterausschuss der Stadt Frankfurt 20 Euro pro Quadratmeter berechnet. Aber das ist nicht das in steingemeißeltes letzte Wort.

Wie viele Interessenten gibt’s denn aktuell?
Wir haben 350 Interessenten. Davon sagen 20, dass sie nur und ausschließlich eine Rekonstruktion wollen. 110 können sich eine Rekonstruktion vorstellen, lassen aber auch einen Neubau nicht außer Acht. Und der Rest hat sich für die Neubauten entscheiden.

Wie geht’s jetzt weiter?
Die Verkaufsgespräche beginnen. Die Interessenten haben die Erbbaurechtsverträge bekommen. Bis zum 9. Dezember brauchen wir von jedem Interessenten eine Reservierungsbestätigung, denn dann werden die Unterlagen den Stadtverordneten vorgelegt, die über den Verkauf der Erbbaurechte entscheiden. Das wird dann nochmal zwei Monate dauern, so dass wir im Februar mit der Entscheidung der Stadtverordneten rechnen können. Dann geht es zum Notar, die Verträge unterschreiben.


Die möglichen Rekonstruktionen:
Hühnermarkt 18: Auch Haus Schildknecht/ Haus Spiegel genannt wurde urkundlich 1329 das erste Mal erwähnt und gehörte mit den Nachbargebäuden zu den pittoresken Winkeln der Altstadt. Seit 1562 war in dem Haus die Schuhmacherzunft. Die Rekonstruktion soll 3.654.000 Euro kosten. Einmalige Zahlung für das Erbbaurecht: 552.794,64 Euro. Nutzfläche: 1075,80 Quadratmeter.

Hühnermarkt 20: Befand sich gegenüber des „Jungen Esslinger“ und hieß das Haus „Zur Flechte“. Ab 1877 war im Erdgeschoss eine Bäckerei. Kaufpreis: 1.441.000 Euro. Erbbaurecht: 181.193 Euro. Nutzfläche: 327 Quadratmeter.

Hühnermarkt 22: Das viergeschossige Gebäude „Goldene Schere“ entstand im 18. Jahrhundert. Im Erdgeschoss wurde seit 1877 mit Kolonialware gehandelt, ab 1935 wurden Güter wie Kohle und Milch verkauft. Kaufpreis: 2.007.000 Euro. Erbpacht: 215.978 Euro. Nutzfläche: 429 Quadratmeter.

Hühnermarkt 24: Wurde um 1800 errichtet. Ab 1877 befand sich im Erdgeschoss eine Drogerie. Kaufpreis: 1.034.000 Euro. Erbpacht: 184.128 Euro. Nutzfläche: 272 Quadratmeter.

Markt 13: Bei der „Grünen Linde“ handelt es sich um ein barockes Gasthofgebäude mit Hinterhaus aus dem 18. Jahrhundert. Kaufpreis: 1.289.000 Euro. Erbbaurecht: 175.910 Euro. Nutzfläche: 301 Quadratmeter.

Markt 15: Das viergeschossige „Neue Rote Haus“ wurde im 16. Jahrhundert errichtet und stammt aus gotischer Zeit. Im Erdgeschoss war seit 1877 eine Metzgerei, seit 1935 ein Schuhmacher. Kaufpreis: 893.000 Euro. Erbpacht: 116.069 Euro. Nutzfläche: 221 Quadratmeter.

Markt 26: Das Haus „Schlegel“ entstand um 1830. Seit 1877 war im Erdgeschoss eine Kurzwaren-Handlung, ab 1935 ein Friseur. Kaufpreis: 1.328.000 Euro. Erbpacht: 137.043 Euro. Nutzfläche: 265 Quadratmeter.

Markt 28: Das Haus „Würzgarten“ entstand im 16. Jahrhundert. Ab 1877 war im Erdgeschoss eine Drogerie. Kaufpreis: 1.107.000 Euro. Erbbaurecht: 140.154 Euro. Nutzfläche: 275 Quadratmeter.


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