Neubau neben dem Milchsackgelände

Lösungssuche zwischen Kapitalismus und Kultur

Favorisieren Teilen Teilen

Das Gelände der ehemaligen Druckfarbenfabrik Dr. Carl Milchsack ist heute ein richtiger Kulturkosmos. Nun soll neben dem Gelände ein Boardinghouse entstehen – und angeblich hat die Firma auch Interesse an einem Teil des Milchsackgeländes. Die Stimmung vor Ort ist trotzdem optimistisch.

Ricarda Paul /

Viele der alteingesessenen Kulturstätten auf dem Milchsackgelände haben über die Jahre hinweg großen Bekanntheitsgrad erlangt. Vor allem das Theater Landungsbrücken ist über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Das Tanzhaus West und der Club Dora Brilliant stehen dem in nichts nach. Die Clubs sind der Place to be für die Anhängerinnen und Anhänger der elektronischen Musikszene. „Dass der Ort überhaupt zu einer kulturellen Stätte werden konnte, ist vor allem dem Vermieter des Milchsackgeländes zu verdanken. Er hat dies immer gefördert, indem er die Räumlichkeiten an Künstlerinnen und Künstler vermietet hat“, weiß Klaus Bossert, Vorsitzender der Farbenfabrik Dr. Carl Milchsack e.V. Er sieht das vielfältige Publikum als eine der größten Stärken des Milchsackgeländes an.

Entstehung eines Boardinghouses

Doch das Interesse von Gewerbetreibenden, in Frankfurt neuen Wohnraum zu erschließen, ist immens. Auch im Gutleutviertel bleibt man von diesem Problem nicht verschont. So soll nun neben dem Milchsackgelände ein sogenanntes Boardinghouse entstehen. Ein Boardinghouse ist ein Beherbergungsbetrieb, der Zimmer oder Apartments für längere Aufenthalte vermietet. Laut Bossert gebe es von der Immobilienfirma offenbar auch Interesse an einem Teil des Milchsackgeländes. Das könnte eine Bedrohung für diesen Ort der Kultur und der Vielfalt darstellen. Bossert weiß, welche Schwierigkeiten auf die Mieterinnen und Mieter des Geländes zukommen können. „Die Situation ist natürlich problematisch. Wenn nebenan ein Haus mit Apartments entsteht, kann es zu Beschwerden wegen Lärm und rauchenden Menschen kommen. So ein Nachbarschaftskrieg ist schon bedrohlich.“

Stimmung bleibt positiv

Dennoch sei die Stimmung insgesamt positiv. Denn das Verhältnis zwischen den Mieterinnen und Mietern und dem Vermieter sei gut. Alle Mieterinnen und Mieter hätten sich zusammengeschlossen, um eine gemeinsame Lösung zu finden, um das Gelände als künstlerischen Ort zu erhalten. Zudem gebe es Überlegungen, welche Künstlerinnen und Künstler und Firmen es brauche, um das kulturelle und künstlerische Portfolio zu erweitern und das Gelände weiterzuentwickeln. Bossert sieht positiv in die Zukunft: „Wir wünschen uns eine Struktur, in der Nutzerinnen und Nutzer und Mieterinnen und Mieter irgendwann Eigentümerinnen und Eigentümer des Geländes sind. Wir versuchen, eine Lösung abseits des Immobilienmarktes zu finden. Dabei ist natürlich von Vorteil, dass uns der Vermieter wohlgesonnen ist.“

Sommerfest zum 20-jährigen Bestehen

Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Milchsackgeländes wird es am 10. August ab 15 Uhr ein Sommerfest auf dem Gelände geben. Besucherinnen und Besucher werden die Möglichkeit haben, einen Blick in die Künstlerateliers und in die Bildhauerwerkstatt zu werfen. Eigentümer Peter Peters führt im Rahmen der „Tage der Industriekultur“ über das Gelände. Die Führung wird durch eine Fotoausstellung zur Geschichte der Farbenfabrik Dr. C. Milchsack ergänzt. Dazu gibt es Musik, Workshops und ein Kinderprogramm. Die Verpflegung stammt aus regionalem biologischem Anbau. Abends gibt es eine pyrotechnische Überraschung.

>> 20-jähriges Jubiläumsfest, 10.8., 15-22 Uhr, Milchsackfabrik, Gutleutstraße 294


Mehr Stadtleben-News

Kalender