Foto: privat
Frankfurter Autorin

80 Jahre Unruhe: Doris Lerche feiert Geburtstag

Favorisieren Teilen Teilen

Doris Lerche feiert am 25. März einen runden Geburtstag. Würdigung einer unkonventionellen Denkerin.

Christoph Schröder /

Wenige Menschen haben im literarischen Leben der Stadt Frankfurt so tiefe Spuren hinterlassen wie Doris Lerche. Im westfälischen Münster geboren, kam sie 1976 nach Frankfurt am Main. Sie hatte Psychologie, Kunstpädagogik und Grafikdesign studiert und wurde zu einer der ersten Cartoonistinnen in Deutschland. Später begann sie dann intensiv, sich mit dem auseinanderzusetzen, was sie das „Theater der Liebe“ nennt. Bücher wie „21 Gründe, warum eine Frau mit einem Mann schläft“ und „19 Gründe, warum ein Mann mit einer Frau schläft“ entstanden, deren Titel nahezu sprichwörtlich geworden sind.

Auch eine Frankfurter Institution wäre ohne Doris Lerche nicht denkbar gewesen: Gemeinsam mit ihrem langjährigen Lebensgefährten, dem 2022 verstorbenen Einbrecherkönig Peter Zingler, gründete Lerche im Jahr 1985 in der Uhlandstraße die Romanfabrik. Lerche ist Autorin und Performerin. Ihr Programm „LiteratHuren“, das sie bis 1982 im Repertoire hatte, lockte das Publikum, so die Eigenwerbung, „in den Rotlichtdschungel der Literatur“.

„Alondra Institute“ in Frankfurt: Verständigung zwischen religiösen Gruppierungen

Und Doris Lerche war von jeher ein Mensch, dem Freiheit, grenzüberschreitendes, unkonventionelles Denken über alles ging. Zwischen 1966 und 1973 reiste sie in den Semesterferien mal allein, mal in Begleitung nach Marokko, durch die Türkei und durch den Iran, bis nach Afghanistan, Pakistan und Indien. Reisen, die in einem Zeitalter ohne Internet oder Mobiltelefone noch weitaus mehr Mut erforderten als heute. „Das Reisen“, so sagt sie es heute, „war ein einziger Rausch.“ Immer ging es ihr darum, das Fremde zu erleben, ohne Vorbehalte.

Diese Reisen waren der Beginn einer vielfältigen Vernetzung von Schriftstellerinnen und Schriftstellern. Im Frühjahr 2012 gründete Doris Lerche den gemeinnützigen Verein „Alondra Institute“, der zur internationalen Verständigung zwischen christlich, jüdisch und muslimischen Gruppierungen beitragen soll, wenn auch die Pandemie in diesem Vorhaben für Rückschläge gesorgt hat. Am 25. März feiert Doris Lerche ihren 80. Geburtstag. Zur Ruhe ist sie noch immer nicht gekommen. Wir gratulieren herzlich.

Christoph Schröder
Christoph Schröder
Christoph Schröder studierte in Mainz Germanistik, Komparatistik und Philosophie. Seine Interessensschwerpunkte liegen auf der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur und dem Literaturbetrieb. Er ist Dozent für Literaturkritik an der Goethe-Universität Frankfurt.
Mehr von Christoph Schröder >

Foto: privat

Mehr Stadtleben-News

Kalender