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Je suis Charlie
Zwiespältige Gedenkveranstaltung an der Hauptwache
Am Donnerstagabend trotzten rund 400 Menschen dem Regen, um bei einer „leisen“ Veranstaltung dem Angriff auf die Meinungsfreiheit zu gedenken. Dem Hessischen Rundfunk war das offenbar nicht spektakulär genug.
Es war ein ungemütlicher Donnerstagabend, die Kälte kroch durch die vom Regen durchnässte Kleidung. Mit Kapuzen auf den Köpfen und Regenschirmen in der Hand strömten letztlich doch rund 400 Frankfurter auf die Hauptwache. Sie waren der Einladung zu einer „stillen“ Gedenkveranstaltung gefolgt, hatten Plakate mit der Aufschrift „Je suis Charlie“ und brennende Kerzen dabei, um den Opfern des Terroranschlags auf das Französische Satiremagazin Charlie Hebdo Ehre zu erweisen und den Angriff auf das demokratische Privileg der Meinungs- und Pressefreiheit anzuprangern. Von „in Würde Gedenken“ war in dem Facebookaufruf die Rede gewesen. Ganz so würdevoll verlief es dann nicht.
Auch Prominenz war da
Unter den Versammelten waren Politiker wie der Kirchendezernent Uwe Becker (CDU), Janine Wissler (Linke), der Frankfurter SPD-Chef Mike Josef oder die Vorstandssprecherin der Frankfurter Grünen, Martina Feldmayer, und auch Prominente wie die Autorin Eva Demski und auffallend viele Muslime. Ganz leise verlief die Versammlung nicht, vielmehr wurde unter einigen Regenschirmen diskutiert. So fragte eine muslimische Frau, warum man sich bei hunderten Toten im Palästinensergebiet nicht aufrege, aber zwölf Opfern nun so eine Feier beschere. Gleich wurde sie friedlich und mit sachlichen Argumenten darauf hingewiesen, dass es einfach nicht um die Anzahl der Opfer gehen, die von Bedeutung sei. Es waren gute Gespräche, die man als Passant mitbekam. Die Menschen an der Hauptwache tauschten sich aus und harrten aus, denn an sich gab es keinen weiteren Programmpunkt – außer der Berichterstattung des Hessischen Rundfunks.
Reichlich unspektakulär fanden das wohl die Mitarbeiter des HR-Fernsehens, die von Anfang an mit Scheinwerfern bestückt durch die Menschenmenge wuselten und sich aktiv in die Gedenkveranstaltung einmischten. Da wurde schon mal gebeten, noch ein paar Minuten an der Hauptwache zu bleiben, damit man bei der bevorstehenden Live-Schalte auch schöne Bilder habe. Und genau da war der springende Punkt. Optisch gab es bei der Veranstaltung im Regen nichts zu holen und darum sollte es den trauernden Menschen auch nicht gehen.
Trauernd für die Kamera
Während am Mittwochabend in Amsterdam spontan gut 18.000 Menschen stellvertretend „Charlie“ waren, auch in London tausende öffentlich das Attentat verarbeiteten, waren es in Frankfurt einfach nur ein paar hundert. Aber für die Kamera wurden sie von der Organisatorin, die bis auf Regieanweisungen und Interviewantworten vor der Kamera keine lauten Statements machte – es sollte ja ein stilles Event sein – zum Schilderhochhalten aufgefordert. „Haltet die Schilder jetzt mal hoch, damit es besser aussieht!“ Außerdem kam die Regieanweisung, man möge bevor man gehe doch die Kerzen an der Tür der Katharinenkirche ablegen, das gebe schönere Bilder.
Das war denn auch so manchem Journalisten, den das Attentat wirklich getroffen hatte, zu viel der Inszenierung. In der Hessenschau sah man dann dicht gedrängte Demonstranten. Und so schlachtete man ein als „würdevoll“ konzipertes Event diesmal gottlob nicht für politische Zwecke, aber dafür im öffentlich-rechtlichen Auftrag aus. Dass Reporter, die ja nur berichten sollen, was ist, und eben nicht inszenieren sollen, sich derart in eine Veranstaltung einmischen, hat mehr als einen schlechten Beigeschmack.
Möglichkeiten zum Gedenken
Am heutigen Freitagabend gibt es eine neue Gelegenheit, vielleicht diesmal tatsächlich im angemessenen Rahmen: Um 18 Uhr soll vor dem Französischen Konsulat in der Zeppelinallee 35 eine Gedenkkundgebung stattfinden. Und am Samstag will das Römerbergbündnis Frankfurt, bestehend aus Deutschem Gewerkschaftsbund, Katholischer Kirche, Evangelischer Kirche, Jüdischer Gemeinde und Stadtjugendring, um 13 Uhr eine Gedenk- und Mahnkundgebung vor dem Frankfurter Gewerkschaftshaus, Wilhelm-Leuschner-Straße 69-77, abhalten.
Auch Prominenz war da
Unter den Versammelten waren Politiker wie der Kirchendezernent Uwe Becker (CDU), Janine Wissler (Linke), der Frankfurter SPD-Chef Mike Josef oder die Vorstandssprecherin der Frankfurter Grünen, Martina Feldmayer, und auch Prominente wie die Autorin Eva Demski und auffallend viele Muslime. Ganz leise verlief die Versammlung nicht, vielmehr wurde unter einigen Regenschirmen diskutiert. So fragte eine muslimische Frau, warum man sich bei hunderten Toten im Palästinensergebiet nicht aufrege, aber zwölf Opfern nun so eine Feier beschere. Gleich wurde sie friedlich und mit sachlichen Argumenten darauf hingewiesen, dass es einfach nicht um die Anzahl der Opfer gehen, die von Bedeutung sei. Es waren gute Gespräche, die man als Passant mitbekam. Die Menschen an der Hauptwache tauschten sich aus und harrten aus, denn an sich gab es keinen weiteren Programmpunkt – außer der Berichterstattung des Hessischen Rundfunks.
Reichlich unspektakulär fanden das wohl die Mitarbeiter des HR-Fernsehens, die von Anfang an mit Scheinwerfern bestückt durch die Menschenmenge wuselten und sich aktiv in die Gedenkveranstaltung einmischten. Da wurde schon mal gebeten, noch ein paar Minuten an der Hauptwache zu bleiben, damit man bei der bevorstehenden Live-Schalte auch schöne Bilder habe. Und genau da war der springende Punkt. Optisch gab es bei der Veranstaltung im Regen nichts zu holen und darum sollte es den trauernden Menschen auch nicht gehen.
Trauernd für die Kamera
Während am Mittwochabend in Amsterdam spontan gut 18.000 Menschen stellvertretend „Charlie“ waren, auch in London tausende öffentlich das Attentat verarbeiteten, waren es in Frankfurt einfach nur ein paar hundert. Aber für die Kamera wurden sie von der Organisatorin, die bis auf Regieanweisungen und Interviewantworten vor der Kamera keine lauten Statements machte – es sollte ja ein stilles Event sein – zum Schilderhochhalten aufgefordert. „Haltet die Schilder jetzt mal hoch, damit es besser aussieht!“ Außerdem kam die Regieanweisung, man möge bevor man gehe doch die Kerzen an der Tür der Katharinenkirche ablegen, das gebe schönere Bilder.
Das war denn auch so manchem Journalisten, den das Attentat wirklich getroffen hatte, zu viel der Inszenierung. In der Hessenschau sah man dann dicht gedrängte Demonstranten. Und so schlachtete man ein als „würdevoll“ konzipertes Event diesmal gottlob nicht für politische Zwecke, aber dafür im öffentlich-rechtlichen Auftrag aus. Dass Reporter, die ja nur berichten sollen, was ist, und eben nicht inszenieren sollen, sich derart in eine Veranstaltung einmischen, hat mehr als einen schlechten Beigeschmack.
Möglichkeiten zum Gedenken
Am heutigen Freitagabend gibt es eine neue Gelegenheit, vielleicht diesmal tatsächlich im angemessenen Rahmen: Um 18 Uhr soll vor dem Französischen Konsulat in der Zeppelinallee 35 eine Gedenkkundgebung stattfinden. Und am Samstag will das Römerbergbündnis Frankfurt, bestehend aus Deutschem Gewerkschaftsbund, Katholischer Kirche, Evangelischer Kirche, Jüdischer Gemeinde und Stadtjugendring, um 13 Uhr eine Gedenk- und Mahnkundgebung vor dem Frankfurter Gewerkschaftshaus, Wilhelm-Leuschner-Straße 69-77, abhalten.
Fotogalerie: Charlie
9. Januar 2015, 11.00 Uhr
Nicole Brevoord
Nicole Brevoord
Jahrgang 1974, Publizistin, seit 2005 beim JOURNAL FRANKFURT als Redakteurin u.a. für Politik, Stadtentwicklung, Flughafen, Kultur, Leute und Shopping zuständig Mehr von Nicole
Brevoord >>
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