3300 Japaner leben heute im IHK-Bezirk Frankfurt, 2.700 davon im Stadtgebiet. Ob in der Finanzwelt, in der Kultur oder beim Sport: Die japanische Community zeigt Präsenz am Main; auch mit der Japan Week, die vom 5. bis 11. November stattfindet.
Annette Wollenhaupt/pia /
Betritt man Azko Iimoris verwinkelte Patisserie in Frankfurts City, meint man, in eine andere Welt einzutreten. Verspieltes antikes Mobiliar, edler Plüsch, funkelnde Kronleuchter, barocke Tapeten. In Vitrinen ausgestellt sind all die süßen Törtchen und Kuchen, deretwegen es in dem kleinen Café in der Braubachstraße kaum einen freien Sitzplatz gibt: Birnentarte, Grünteetörtchen oder Chiffon Cake, eine erfrischende kleine Delikatesse mit Himbeeren, Banane und einem Hauch von grünem Tee. Azko Iimoris Geschichte ist von Erfolg geprägt. Mit Mitte 20 kam die gebürtige Tokioterin an den Main. Heute ist sie Besitzerin von fünf Lokalitäten. Eine Etage über ihrer Patisserie wird japanische Küche im „Iimori Restaurant“ offeriert, und hier gibt die Hausherrin auch höchstpersönlich Koch- und Backkurse. Ob sie auch die Frankfurter Küche mag? „Oh ja“, sie lacht, „Haspel ess ich so gerne!“
Einen Katzensprung entfernt von Iimoris Kuchenparadies ist über den ganzen Römerberg hinweg an jedem Mittwoch Punkt 12 Uhr das Glockenspiel der Carilloneurin Yuko Tajima zu hören. Vom Turm der Alten Nikolaikirche aus hat die Musikerin mit japanischen Wurzeln einen Blick über die ganze Stadt. Zu ihrem Repertoire zählen Werke von Bach bis Schubert, kein einziges Mal jedoch lässt sie Staf Nees’ Choral „Dona nobis pacem“ aus.
Eine Gastronomin, eine Musikerin – so wie Azko Iimori und Yuko Tajima hat es in den vergangenen Jahrzehnten viele Japaner in die Mainmetropole gezogen. In den letzten 20 Jahren ist die Zahl kontinuierlich gestiegen. 3.300 Japaner leben heute im IHK-Bezirk Frankfurt, 2.700 davon im Stadtgebiet. Außerdem ist die Stadt ein ausgesprochen beliebtes Reiseziel für japanische Touristen. Allein 2009 waren es fast rund 75.000, die an den Main gereist sind. Frankfurt ist auch der Sitz eines Japanischen Generalkonsulats und der Fremdenverkehrszentrale. Für die Kinder der hier Ansässigen gibt es eine Japanische Internationale Schule im Stadtteil Hausen, auch einen ihr angeschlossenen Kindergarten, und im Japanischen Kultur- und Sprachzentrum unter Leitung von Masumi Knoblauch lernen japanische Hausfrauen Deutsch und ganz nebenbei auch etwas über Frankfurter Hausmannskost. Auch architektonisch hat die Mainstadt japanisches Flair zu bieten. Das Japan Center ist mit seinen 115 Metern Höhe schon von Weitem ein außergewöhnlicher Hingucker. Es erinnert mit seinem weit überstehenden Flachdach an die Form einer japanischen Steinlaterne. Gleich mehrere Banken, unter ihnen die Bank of Japan, haben Frankfurt als Geschäftspflaster für sich entdeckt, und rund 170 Firmen haben sich hier niedergelassen.
Auch mit kulturellen Institutionen ist Japan in Frankfurt gut vertreten. Die Japanologie hat an der Goethe-Universität schon lange ihren Platz, und bereits 1911 wurde am Main ein Verein gegründet, dessen erklärtes Ziel es war, „Kurse zur Einführung in die japanische Schrift und Sprache“ zu veranstalten und über kulturelle Themen wie etwa japanische Gartenkunst zu informieren. 1951 gründete sich dann die Deutsch-Japanische Gesellschaft, die bis heute die deutsch-japanischen Wirtschaftsbeziehungen in den Vordergrund stellt und fördert. Die bevorstehende „Japan Week“, die im Jahr des 150-jährigen Jubiläums der deutsch-japanischen Beziehungen vom 5. bis 12. November in Frankfurt stattfinden wird, zählt zu den Großprojekten. Für Aufsehen dürfte auch der in diesem Jahr erstmalig stattfindende „Internationale Fachkongress für traditionelle japanische Medizin“ im Höchster Schloss sorgen. Geradezu spektakulär aber ist wohl eine wissenschaftliche Erkenntnis zu der man gelangte: Der Yen kommt aus Frankfurt. Der gute Ruf der Frankfurter Präzisionsdruckerei Dondorf & Naumann drang seinerzeit bis nach Japan, und die japanische Regierung beschloss daraufhin 1871, das Frankfurter Unternehmen mit der Entwicklung und Herstellung eines neuen japanischen Papiergeldes zu betrauen.
Wenn Japaner vom Stress des Alltags abschalten wollen, dann spielen sie übrigens mitunter Fußball, treffen sich mit Freunden zum Kicken, schließlich zählt der Sport ums runde Leder gleich nach Baseball in Japan zu den favorisierten Sportarten. Die Spiele des 1. FFC Frankfurt dürften unter den in Frankfurt lebenden Japanerinnen und Japanern seit einiger Zeit ganz besonders großes Interesse wecken. Hat der Verein doch seit diesem Jahr mit der japanischen Nationalspielerin Saki Kumagai eine Landsmännin in den eigenen Reihen.