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Gutes Futter, Pflege und Geburtenkontrolle
Ein neues Taubenhaus für das Parkhaus am Gericht
Der Verein Stadttaubenprojekt Frankfurt hat auf dem siebten Parkdeck des Parkhauses am Gericht ein 12.000 Euro teures Stadttaubenhaus errichtet. Hier sollen Tauben gezielt gefüttert und mit Nistplätzen angelockt werden, damit ihre Population kontrolliert werden kann.
Die Taube hat ein Imageproblem und das kann die Frankfurter Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne) gar nicht verstehen, wie sie am Donnerstag bei der Vorstellung eines neuen Stadttaubenhauses im Parkhaus an der Klapperfeldstraße sagte. Einerseits gilt die Taube als Zeichen des Friedens, auch als positiv belegtes Symbol in der Religion, in Weiß werden Tauben auch gerne als dekoratives Element bei Hochzeiten eingesetzt, es gibt Brieftauben und auch Taubenzüchter und trotz all diesen positiven Aspekten sind die beispielsweise am Markusplatz in Venedig schon legendären Tiere oft als „Ratten der Lüfte“ verschrien. Zu Unrecht findet Heilig. Ratten seien nicht beliebt, aber nun mal Begleiter des Menschen. Vor allem deshalb, weil Menschen achtlos ihre Essensreste auf die Straße werfen und sie damit Tauben zum Fraß vorwerfen. „Der Mensch ist das Problem und nicht die Tauben“, sagt Heilig. In Städten werden Tauben oftmals als Problem angesehen, weil die gurrenden Vögel gerne in Unterführungen, Brücken und an Fassadenspalten nisten und ihren Kot hinterlassen – und zwar pro Taube bis zu 12 Kilogramm im Jahr. Das wird zumeist sowohl als ein ästhetisches als auch als hygienisches Problem gesehen. Aber wie viele Tauben gibt es in Frankfurt? Dazu gibt es sehr unterschiedliche Angaben: Auf der stadteigenen Website ist von 40.000 Stadttauben in Frankfurt die Rede (was im Vergleich zu Schätzungen anderer Städte passt), der Frankfurter Verein Stadttaubenprojekt, der sich für einen humanen Umgang mit dem Federvieh einsetzt, bezieht sich auf die Zählung einer Marburger Studentin, nach der es in der Innenstadt nur 4500 Tauben gebe. „Die Wahrheit liegt vermutlich in der Mitte. Es kann nur Schätzwerte geben und uns liegt keine seriöse Zählung vor“, sagt dazu Volker Bannert von NABU Frankfurt.
Foto: © Bernd Kammerer
Für Gudrun Stürmer ist die Anzahl als solche eigentlich zweitrangig. Seit 1983 kümmert sich die 64-Jährige ehrenamtlich um Stadttauben, lässt verletzte Tiere medizinisch versorgen und hilft bei Bürgeranfragen, wenn etwa eine Taube auf einem Balkon nistet. Eine Arbeit, für die die Erste Vorsitzende des gemeinnützigen Vereins Stadttaubenprojekt 2018 mit der Bürgermedaille ausgezeichnet wurde. Der stark auf Spendengelder angewiesene Verein erhält überdies eine jährliche städtische Förderung in Höhe von 20.000 Euro. Die Arbeit des gemeinnützigen Vereins mit seinen 300 Mitgliedern ist also sehr anerkannt. Aber nicht nur in Oberrad, wo sich der Vereinssitz befindet, kümmert man sich um Tauben, sondern auch in insgesamt drei Stadttaubenhäusern – am Westbahnhof (seit 2006), im Parkhaus Hauptwache (seit 2010) und neuerdings im Parkhaus am Gericht. Für die Pflege an den drei Standorten zeichnet ein festangestellter Mitarbeiter verantwortlich.
Frau Stürmer zeigt uns das neue Domizil für rund 250 bis 300 Tauben, die sich sonst in einem Radius von 500 Metern um das Parkhaus befinden. 12.000 Euro hat der sich hinter Metallgittern auf der siebten Parkebene des Parkhauses am Gericht befindliche Verschlag aus Spanplatten gekostet, 10.000 Euro hat das Umweltdezernat dazugegeben, 2.000 Euro die ABG Frankfurt Holding. Für das Stadttaubenhaus wurden zwei Parkplätze geopfert, für die Betreiber des Parkhauses aber wohl kein Problem. Denn der Verschlag steht dort, wo sich die Tauben schon die ganze Zeit heimisch fühlten, nur dass ihre Hinterlassenschaften jetzt dreimal in der Woche entfernt werden. Wir sehen bei unserem Besuch nur zwei Tauben, die sich in einem quadratischen Wandelement aneinanderdrücken. In der Mitte des Verschlags befinden sich Schalen mit Getreidekörnern und Mais, an den Wänden gibt es diverse Vorsprünge. „In Polen sind Tauben sehr beliebt, auch in arabischen Ländern“, weiß Gudrun Stürmer zu berichten. Die Überpopulation sei natürlich ein Thema, in den Stadttaubenhäusern könne man das Gelege aber durch Gipseier ersetzen und nur wenige Bruten zulassen, denn argwöhnisch sollen die Tauben ja nicht werden. „Acht Mal brütet eine Taube im Jahr“, sagt Stürmer und macht damit die Dimension des „Taubenproblems“ klar. Die entnommenen Eier könne man an Raben verfüttern, so Stürmer. Eigentlich müsste es ihrer Meinung nach mehr solcher Taubenhäuser geben, um Tauben gezielt anzulocken. „Im Bahnhofsviertel haben sich schon einige Hauseigentümer zusammengetan“, sagt Stürmer, es seien einige Taubenhäuser in Planung, weil Netze etwa an Balkonen nicht den erwünschten Erfolg gebracht hätten. „Tauben sind einfach zu clever, wir brauchen nicht gegen sie zu kämpfen, wir haben den Kampf schon verloren“, sagt Stürmer. Ihre Philosophie ist es, Tauben dort Futter anzubieten, wo sie nicht stören. „Es ist eine Schwierigkeit bei den Leuten die psychologische Schranke zu überwinden, erstmal etwas für die Tauben zu tun.“ Heilig appelliert auch an die Bevölkerung, Tauben nicht zu füttern, schon gar nicht mit Essensresten.
„Ich unterstütze das Projekt sehr“, sagt Rosemarie Heilig, die selbst schon vor zwanzig Jahren an Taubenprojekten in Ludwigshafen mitwirkte. Gudrun Stürmer überrascht zunächst mit der Aussage: „Ich bin kein Taubenfreund, ich liebe Katzen“. Dann ergänzt sie aber: „Man kann Tiere nicht einfach verwahrlosen lassen, das ist einer Gesellschaft wie unserer nicht würdig“. Heilig ist ähnlicher Ansicht: „Man muss Tauben nicht lieben, aber man sollte sie respektieren und pfleglich behandeln. Sie sind Vögel wie Spatzen und Amseln auch.“
Taubenkot auf dem Gehweg bei der Parkhauseinfahrt
Doch das Imageproblem der Taube bleibt. „Es ist schwierig, Menschen davon zu überzeugen, dass Taubenhäuser keine Brutstätten von Krankheiten sind“, sagt Heilig. Von Tauben gehe keine Krankheitsgefährdung aus, sagt sie. Darüber scheint es aber unterschiedliche Ansichten zu geben. Während Schädlingsbekämpfer Schreckensszenarien malen, sehen das Tierschützer naturgemäß wieder anders. Problematisch könne schon der Umgang mit dem Kot sein, sagt Dr. Antoni Walczok von der Infektologie des Gesundheitsamts. „Taubenkot ist ebenso wie der Kot anderer Lebewesen nicht steril.“ Wenn Kinder ihn beispielsweise anfassten, sollten anschließend die Hände gewaschen werden. Es könnten sonst Durchfallerkrankungen die Folge sein. „In Frankfurt wurden noch keine Infektionserkrankungen in Zusammenhang mit Tauben nachgewiesen“, beruhigt Walszok. Zweifellos werden Tauben, wie andere Tiere auch, von Parasiten wie Zecken oder Flöhen befallen, eine unmittelbare Gefährdung für den Menschen soll sich daraus aber nicht ergeben. Laut einer Studie aus Madrid sind Tauben angeblich Träger des Keims Chlamydophilia psittaci, der vom Menschen eingeatmet zu grippeähnlichen Symptomen und im Extremfall zu einer Lungenentzündung führen kann. Doch Normalbürger, die nicht in der Taubenzucht tätig sind, haben da wohl wenig zu befürchten. Vielleicht sind die Stadttaubenhäuser noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Aber Gudrun Stürmer hat noch ein Argument: „Ich habe noch Niemanden gehört, der was Besseres weiß.“
Foto: © Bernd Kammerer
Für Gudrun Stürmer ist die Anzahl als solche eigentlich zweitrangig. Seit 1983 kümmert sich die 64-Jährige ehrenamtlich um Stadttauben, lässt verletzte Tiere medizinisch versorgen und hilft bei Bürgeranfragen, wenn etwa eine Taube auf einem Balkon nistet. Eine Arbeit, für die die Erste Vorsitzende des gemeinnützigen Vereins Stadttaubenprojekt 2018 mit der Bürgermedaille ausgezeichnet wurde. Der stark auf Spendengelder angewiesene Verein erhält überdies eine jährliche städtische Förderung in Höhe von 20.000 Euro. Die Arbeit des gemeinnützigen Vereins mit seinen 300 Mitgliedern ist also sehr anerkannt. Aber nicht nur in Oberrad, wo sich der Vereinssitz befindet, kümmert man sich um Tauben, sondern auch in insgesamt drei Stadttaubenhäusern – am Westbahnhof (seit 2006), im Parkhaus Hauptwache (seit 2010) und neuerdings im Parkhaus am Gericht. Für die Pflege an den drei Standorten zeichnet ein festangestellter Mitarbeiter verantwortlich.
Frau Stürmer zeigt uns das neue Domizil für rund 250 bis 300 Tauben, die sich sonst in einem Radius von 500 Metern um das Parkhaus befinden. 12.000 Euro hat der sich hinter Metallgittern auf der siebten Parkebene des Parkhauses am Gericht befindliche Verschlag aus Spanplatten gekostet, 10.000 Euro hat das Umweltdezernat dazugegeben, 2.000 Euro die ABG Frankfurt Holding. Für das Stadttaubenhaus wurden zwei Parkplätze geopfert, für die Betreiber des Parkhauses aber wohl kein Problem. Denn der Verschlag steht dort, wo sich die Tauben schon die ganze Zeit heimisch fühlten, nur dass ihre Hinterlassenschaften jetzt dreimal in der Woche entfernt werden. Wir sehen bei unserem Besuch nur zwei Tauben, die sich in einem quadratischen Wandelement aneinanderdrücken. In der Mitte des Verschlags befinden sich Schalen mit Getreidekörnern und Mais, an den Wänden gibt es diverse Vorsprünge. „In Polen sind Tauben sehr beliebt, auch in arabischen Ländern“, weiß Gudrun Stürmer zu berichten. Die Überpopulation sei natürlich ein Thema, in den Stadttaubenhäusern könne man das Gelege aber durch Gipseier ersetzen und nur wenige Bruten zulassen, denn argwöhnisch sollen die Tauben ja nicht werden. „Acht Mal brütet eine Taube im Jahr“, sagt Stürmer und macht damit die Dimension des „Taubenproblems“ klar. Die entnommenen Eier könne man an Raben verfüttern, so Stürmer. Eigentlich müsste es ihrer Meinung nach mehr solcher Taubenhäuser geben, um Tauben gezielt anzulocken. „Im Bahnhofsviertel haben sich schon einige Hauseigentümer zusammengetan“, sagt Stürmer, es seien einige Taubenhäuser in Planung, weil Netze etwa an Balkonen nicht den erwünschten Erfolg gebracht hätten. „Tauben sind einfach zu clever, wir brauchen nicht gegen sie zu kämpfen, wir haben den Kampf schon verloren“, sagt Stürmer. Ihre Philosophie ist es, Tauben dort Futter anzubieten, wo sie nicht stören. „Es ist eine Schwierigkeit bei den Leuten die psychologische Schranke zu überwinden, erstmal etwas für die Tauben zu tun.“ Heilig appelliert auch an die Bevölkerung, Tauben nicht zu füttern, schon gar nicht mit Essensresten.
„Ich unterstütze das Projekt sehr“, sagt Rosemarie Heilig, die selbst schon vor zwanzig Jahren an Taubenprojekten in Ludwigshafen mitwirkte. Gudrun Stürmer überrascht zunächst mit der Aussage: „Ich bin kein Taubenfreund, ich liebe Katzen“. Dann ergänzt sie aber: „Man kann Tiere nicht einfach verwahrlosen lassen, das ist einer Gesellschaft wie unserer nicht würdig“. Heilig ist ähnlicher Ansicht: „Man muss Tauben nicht lieben, aber man sollte sie respektieren und pfleglich behandeln. Sie sind Vögel wie Spatzen und Amseln auch.“
Taubenkot auf dem Gehweg bei der Parkhauseinfahrt
Doch das Imageproblem der Taube bleibt. „Es ist schwierig, Menschen davon zu überzeugen, dass Taubenhäuser keine Brutstätten von Krankheiten sind“, sagt Heilig. Von Tauben gehe keine Krankheitsgefährdung aus, sagt sie. Darüber scheint es aber unterschiedliche Ansichten zu geben. Während Schädlingsbekämpfer Schreckensszenarien malen, sehen das Tierschützer naturgemäß wieder anders. Problematisch könne schon der Umgang mit dem Kot sein, sagt Dr. Antoni Walczok von der Infektologie des Gesundheitsamts. „Taubenkot ist ebenso wie der Kot anderer Lebewesen nicht steril.“ Wenn Kinder ihn beispielsweise anfassten, sollten anschließend die Hände gewaschen werden. Es könnten sonst Durchfallerkrankungen die Folge sein. „In Frankfurt wurden noch keine Infektionserkrankungen in Zusammenhang mit Tauben nachgewiesen“, beruhigt Walszok. Zweifellos werden Tauben, wie andere Tiere auch, von Parasiten wie Zecken oder Flöhen befallen, eine unmittelbare Gefährdung für den Menschen soll sich daraus aber nicht ergeben. Laut einer Studie aus Madrid sind Tauben angeblich Träger des Keims Chlamydophilia psittaci, der vom Menschen eingeatmet zu grippeähnlichen Symptomen und im Extremfall zu einer Lungenentzündung führen kann. Doch Normalbürger, die nicht in der Taubenzucht tätig sind, haben da wohl wenig zu befürchten. Vielleicht sind die Stadttaubenhäuser noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Aber Gudrun Stürmer hat noch ein Argument: „Ich habe noch Niemanden gehört, der was Besseres weiß.“
6. Juli 2018, 10.06 Uhr
Nicole Brevoord
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Nach der Besetzung der Kunstbibliothek zeichnet sich eine Lösung ab: Stadt, Land und Universität verhandeln mit dem UFO-Kollektiv über eine kulturelle Zwischennutzung. Erste Gespräche verliefen konstruktiv.
Text: Till Taubmann / Foto: © Bernd Kammerer
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23. November 2024
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