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Großprojekt „Main Yard“
Frankfurter Allerheiligenviertel soll schicker werden
Im Allerheiligenviertel in Frankfurt wird durch das Großprojekt „Main Yard“ ein umfangreicher Modernisierungsprozess eingeläutet. Sozialverträglich geförderte Wohnungen entstehen dabei nur wenig.
Neben dem Bahnhofsviertel gilt das Allerheiligenviertel als zweiter Frankfurter Rotlichtkiez. In der Außenwirkung markant sind bisher Drogenhandel, Prostitution und Bandenkriminalität; aufgefallen ist das Allerheiligenviertel auch mehrfach durch Gewaltdelikte und Schießereien. Die bekannteste Person des Viertels in der jüngeren Vergangenheit dürfte die Rapperin Schwesta Ewa sein, die mit ihrer Musik den Charakter von Rotlichtmilieu und Gewalt zu verkörpern schien. Sie selbst arbeitete dort als Prostituierte, betrieb die Stoltze Bar und wurde später wegen Steuerhinterziehung und Körperverletzung verurteilt.
Das Allerheiligenviertel: Die kleine Schwester des Bahnhofviertels
Bei einem Rundgang durch das innerstädtische Quartier nahe der Konstablerwache kann man die strukturelle Schwäche unmittelbar erfahren: in die Jahre gekommene Gebäude, immer wieder Leerstand und mehr Menschen als in anderen Teilen der Stadt, die von der Gesellschaft vergessen wurden.
Ein neues Bindeglied zwischen Zeil und Frankfurter Ostend
Durch das Bauprojekt „Main Yard“ auf dem lange ungenutzten Gebiet zwischen Allerheiligenstraße, Langestraße und Breite Gasse verändert sich dieses Bild nun zusehends. Die schicke Neugestaltung des Netto kann diesbezüglich als exemplarisch für den Wandel aufgefasst werden. In der Vorstellung des Projektenwicklers, der „OrT Group“ aus München, soll durch „Main Yard“ ein Bindeglied zwischen Zeil und Frankfurter Ostend entstehen. Zum Projekt wird eigens ein mehrbändiges Buch herausgegeben: Im ersten Band „Main Yard – Geburt eines Stadtquartiers“ kann man lesen, dass mit dem Projekt der Ruf des Viertels nach Erneuerung endlich Gehör fände. Der „beinahe vergessene“ Ort inmitten von Frankfurt würde „in ein neues urbanes Zeitalter überführt“ werden: und das alles behutsam, mit „Einsatz, Empathie, Offenheit sowie Ehrlichkeit allen Beteiligten gegenüber“.
Quartiersentwicklung Main Yard: Eine Investition von 300 Millionen Euro ins Allerheiligenviertel
Bis Mitte 2025 soll der Umbau fertig sein; insgesamt 300 Millionen Euro investiert das Münchner Unternehmen in die etwa 40 000 Quadratmeter große Grundfläche: darunter 13 500 Quadratmeter Wohnfläche, die sich auf etwa 280 Mietwohnungen verteilen, dazu 4000 Quadratmeter Platz für Gewerbe und Gastronomie. Ein Designhotel mit etwa 300 Zimmern der Kette Ruby sowie ca. 150 „Serviced Apartmentes“ des Betreibers numa werden entstehen: voll möblierte Apartments mit Küche, die weniger Service-Leistungen als Hotels anbieten und tendenziell auf längere Aufenthalte ausgerichtet sind. Daneben sollen 400 Fahrradstellplätze und 180 Autoparkplätze geschaffen werden in Gestalt einer zweigeschossigen Tiefgarage.
Zwischen den Neubauten soll eine Fußgängerzone zwischen Breite Gasse bis Allerheiligentor für Belebung sorgen. Die verkehrsfreie Privatstraße soll „Am Städelshof“ heißen und lehnt sich damit an die Bezeichnungen „Städelshof“ bzw. „Städel´scher Hof“ an, unter denen das Gebiet seit dem 18. Jahrhundert bekannt ist. Außerdem ist eine „intensive Begrünung und gärtnerische Gestaltung“ geplant. Was sich wie ein großer Wurf liest, hat einen Haken: Nur 15 der Wohnungen sind öffentlich gefördert.
Neues Quartier im Allerheiligenviertel: Wo bleibt der geförderte Wohnungsbau?
Dabei gilt seit 2014* in Reaktion auf die Mietpreissteigerungen in Frankfurt bei allen großen Wohnbauprojekten eine Quote von 30 Prozent für öffentlich geförderten Wohnraum. Allerdings gehen die Planungen für das „Main Yard“ auf einen Beschluss der Stadtverordneten aus dem Jahre 2006 zurück, wie es heißt. Sie stützen sich also auf ein altes Baurecht. Die 30-Prozent-Quote greift folglich nicht, und es kommt zu dem Umstand, dass zehn Jahre nach Einführung der 30-Prozent-Quote ein Großprojekt mit deutlich weniger geförderten Wohneinheiten entsteht.
Eine Pressemitteilung der „OrT Group“ vom 21. Januar 2024 liest sich wie folgt: Dort wird von einer „freiwilligen Realisierung von teils geförderten, preisgebundenen Mietwohnungen“ gesprochen, eine Zahl aber nicht genannt. Die Stadt bestätigt auf Nachfrage, „dass 15 geförderte Wohnungen errichtet werden“.
Die Stadt äußert sich zur Thematik
Bei 280 Wohneinheiten stünden mit einer 30-Prozent-Quote eigentlich 84 Wohnungen dem sozialen Wohnungsmarkt zu; die 15 geförderten Wohnungen im „Main Yard“ entsprechen gerade einmal etwas über 5 Prozent. Das „Dezernat 3 – Planen und Wohnen“ spricht darauf angesprochen lediglich von einer „Bereitschaft des Investors, geförderten Wohnraum zu errichten“, und dem „Angebot der Stadt, Fördermittel bereitzustellen“. Weiter seien der Stadt rechtlich die Hände gebunden gewesen: „Da die Vorgaben des Bebauungsplans Nr. 546 eingehalten wurden, gab es keine Möglichkeit, die 30-Prozent-Quote durchzusetzen. Das wäre nur möglich gewesen, wenn ein neuer Bebauungsplan aufgestellt worden wäre. Da das Projekt den Vorgaben des geltenden Bebauungsplans entspricht, bestanden keine Voraussetzungen für ein Planerfordernis.“
Weiter habe die Stadt Frankfurt „den Bebauungsplan Nr. 546 (Breite Gasse) erst im Jahr 2006 beschlossen. Dieser Bebauungsplan ist die Grundlage für die Bauberatung und -genehmigung. Die Beratung dieses Projektes geht sehr weit in die Vergangenheit zurück. Die städtebauliche Figur (Grüne Gasse) und die Art der Nutzung wurden bereits sehr früh mit Stadtplanung, Bauaufsicht und dem Dezernat abgestimmt.“
Mehr geförderter Wohnraum im Allerheiligenviertel wäre wünschenswert gewesen
Aus Sicht des Dezernats wäre es jedoch „wünschenswert gewesen, einen noch größeren Anteil an gefördertem Wohnraum zu generieren“. Auf die Frage, warum vor dem Hintergrund der Wohnungsproblematik in Frankfurt kein neuer Bebauungsplan erstellt wurde, antwortete nun die Stadt: „Der Baulandbeschluss mit der geregelten Förderquote von 30% ist erst im Jahr 2020 beschlossen worden. Es ist nicht möglich, alle bereits beschlossenen Bebauungspläne nachträglich aufgrund neuer Satzungen, Regelungen oder Richtlinien zu ändern. Die Vorhaben orientieren sich immer an geltenden Planungsrecht.“
*Bezug ist der Beschluss der Stadt Frankfurt durch die Stadtverordnetenversammlung zur Wohnbaulandentwicklung („M9” vom 17.01.2014). In einer vorherigen Version war hier von „Baulandbeschluss“ die Rede.
Info
Für viele ist das Allerheiligen-Viertel wahrscheinlich unbekanntes Gebiet. Besuchen Sie mit Christian Setzepfandt das kleine Viertel zwischen Zeil und Battonnstraße und erfahren Sie allerlei Aufregendes und spannende Hintergrundinformationen zum neuen Frankfurter Kiez . Zur Stadtführung geht es [a=www.frankfurter-stadtevents.de/Datum/16-April-2024/Das-unheilige-Viertel-Allerheiligen-Viertel-Inside_20014772/]hier entlang.
Bei einem Rundgang durch das innerstädtische Quartier nahe der Konstablerwache kann man die strukturelle Schwäche unmittelbar erfahren: in die Jahre gekommene Gebäude, immer wieder Leerstand und mehr Menschen als in anderen Teilen der Stadt, die von der Gesellschaft vergessen wurden.
Durch das Bauprojekt „Main Yard“ auf dem lange ungenutzten Gebiet zwischen Allerheiligenstraße, Langestraße und Breite Gasse verändert sich dieses Bild nun zusehends. Die schicke Neugestaltung des Netto kann diesbezüglich als exemplarisch für den Wandel aufgefasst werden. In der Vorstellung des Projektenwicklers, der „OrT Group“ aus München, soll durch „Main Yard“ ein Bindeglied zwischen Zeil und Frankfurter Ostend entstehen. Zum Projekt wird eigens ein mehrbändiges Buch herausgegeben: Im ersten Band „Main Yard – Geburt eines Stadtquartiers“ kann man lesen, dass mit dem Projekt der Ruf des Viertels nach Erneuerung endlich Gehör fände. Der „beinahe vergessene“ Ort inmitten von Frankfurt würde „in ein neues urbanes Zeitalter überführt“ werden: und das alles behutsam, mit „Einsatz, Empathie, Offenheit sowie Ehrlichkeit allen Beteiligten gegenüber“.
Bis Mitte 2025 soll der Umbau fertig sein; insgesamt 300 Millionen Euro investiert das Münchner Unternehmen in die etwa 40 000 Quadratmeter große Grundfläche: darunter 13 500 Quadratmeter Wohnfläche, die sich auf etwa 280 Mietwohnungen verteilen, dazu 4000 Quadratmeter Platz für Gewerbe und Gastronomie. Ein Designhotel mit etwa 300 Zimmern der Kette Ruby sowie ca. 150 „Serviced Apartmentes“ des Betreibers numa werden entstehen: voll möblierte Apartments mit Küche, die weniger Service-Leistungen als Hotels anbieten und tendenziell auf längere Aufenthalte ausgerichtet sind. Daneben sollen 400 Fahrradstellplätze und 180 Autoparkplätze geschaffen werden in Gestalt einer zweigeschossigen Tiefgarage.
Zwischen den Neubauten soll eine Fußgängerzone zwischen Breite Gasse bis Allerheiligentor für Belebung sorgen. Die verkehrsfreie Privatstraße soll „Am Städelshof“ heißen und lehnt sich damit an die Bezeichnungen „Städelshof“ bzw. „Städel´scher Hof“ an, unter denen das Gebiet seit dem 18. Jahrhundert bekannt ist. Außerdem ist eine „intensive Begrünung und gärtnerische Gestaltung“ geplant. Was sich wie ein großer Wurf liest, hat einen Haken: Nur 15 der Wohnungen sind öffentlich gefördert.
Dabei gilt seit 2014* in Reaktion auf die Mietpreissteigerungen in Frankfurt bei allen großen Wohnbauprojekten eine Quote von 30 Prozent für öffentlich geförderten Wohnraum. Allerdings gehen die Planungen für das „Main Yard“ auf einen Beschluss der Stadtverordneten aus dem Jahre 2006 zurück, wie es heißt. Sie stützen sich also auf ein altes Baurecht. Die 30-Prozent-Quote greift folglich nicht, und es kommt zu dem Umstand, dass zehn Jahre nach Einführung der 30-Prozent-Quote ein Großprojekt mit deutlich weniger geförderten Wohneinheiten entsteht.
Eine Pressemitteilung der „OrT Group“ vom 21. Januar 2024 liest sich wie folgt: Dort wird von einer „freiwilligen Realisierung von teils geförderten, preisgebundenen Mietwohnungen“ gesprochen, eine Zahl aber nicht genannt. Die Stadt bestätigt auf Nachfrage, „dass 15 geförderte Wohnungen errichtet werden“.
Bei 280 Wohneinheiten stünden mit einer 30-Prozent-Quote eigentlich 84 Wohnungen dem sozialen Wohnungsmarkt zu; die 15 geförderten Wohnungen im „Main Yard“ entsprechen gerade einmal etwas über 5 Prozent. Das „Dezernat 3 – Planen und Wohnen“ spricht darauf angesprochen lediglich von einer „Bereitschaft des Investors, geförderten Wohnraum zu errichten“, und dem „Angebot der Stadt, Fördermittel bereitzustellen“. Weiter seien der Stadt rechtlich die Hände gebunden gewesen: „Da die Vorgaben des Bebauungsplans Nr. 546 eingehalten wurden, gab es keine Möglichkeit, die 30-Prozent-Quote durchzusetzen. Das wäre nur möglich gewesen, wenn ein neuer Bebauungsplan aufgestellt worden wäre. Da das Projekt den Vorgaben des geltenden Bebauungsplans entspricht, bestanden keine Voraussetzungen für ein Planerfordernis.“
Weiter habe die Stadt Frankfurt „den Bebauungsplan Nr. 546 (Breite Gasse) erst im Jahr 2006 beschlossen. Dieser Bebauungsplan ist die Grundlage für die Bauberatung und -genehmigung. Die Beratung dieses Projektes geht sehr weit in die Vergangenheit zurück. Die städtebauliche Figur (Grüne Gasse) und die Art der Nutzung wurden bereits sehr früh mit Stadtplanung, Bauaufsicht und dem Dezernat abgestimmt.“
Aus Sicht des Dezernats wäre es jedoch „wünschenswert gewesen, einen noch größeren Anteil an gefördertem Wohnraum zu generieren“. Auf die Frage, warum vor dem Hintergrund der Wohnungsproblematik in Frankfurt kein neuer Bebauungsplan erstellt wurde, antwortete nun die Stadt: „Der Baulandbeschluss mit der geregelten Förderquote von 30% ist erst im Jahr 2020 beschlossen worden. Es ist nicht möglich, alle bereits beschlossenen Bebauungspläne nachträglich aufgrund neuer Satzungen, Regelungen oder Richtlinien zu ändern. Die Vorhaben orientieren sich immer an geltenden Planungsrecht.“
*Bezug ist der Beschluss der Stadt Frankfurt durch die Stadtverordnetenversammlung zur Wohnbaulandentwicklung („M9” vom 17.01.2014). In einer vorherigen Version war hier von „Baulandbeschluss“ die Rede.
Für viele ist das Allerheiligen-Viertel wahrscheinlich unbekanntes Gebiet. Besuchen Sie mit Christian Setzepfandt das kleine Viertel zwischen Zeil und Battonnstraße und erfahren Sie allerlei Aufregendes und spannende Hintergrundinformationen zum neuen Frankfurter Kiez . Zur Stadtführung geht es [a=www.frankfurter-stadtevents.de/Datum/16-April-2024/Das-unheilige-Viertel-Allerheiligen-Viertel-Inside_20014772/]hier entlang.
5. März 2024, 11.56 Uhr
Florian Aupor
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„GoFundMe“-Jahresbericht 2024
Frankfurt zum zweiten Mal in Folge großzügigste Stadt Deutschlands
Im bundesweiten Vergleich spenden Menschen aus Frankfurt pro Kopf am meisten Geld. Das geht aus dem Bericht der Spenden-Plattform „GoFundMe“ für das Jahr 2024 hervor.
Text: Sina Claßen / Foto: Im Durchschnitt spendeten Menschen aus Frankfurt 28 Euro © Adobe Stock/Syda Productions
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