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Gedenkstätte im Ostend
Debatte um Tanzveranstaltungen an Holocaust-Mahnmal
Im Streit um regelmäßige Tanzveranstaltungen an der jüdischen Gedenkstätte an der Großmarkthalle will das Kulturdezernat nun vermitteln: Mit einem runden Tisch soll ein neuer Veranstaltungsort gesucht werden.
Die Debatte um Salsa-Tanzveranstaltungen an der Holocaust-Gedenkstätte vor der früheren Frankfurter Großmarkthalle im Ostend hält weiter an. Nachdem Kirchendezernent und Bürgermeister Uwe Becker (CDU) ein Verbot der Tanzveranstaltungen forderte, will Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD) bei einem runden Tisch zwischen den Parteien vermitteln. Ziel, so Hartwig, sei es, einen „alternativen Veranstaltungsort“ zu finden.
„Tanzveranstaltungen, wie sie in den letzten Wochen auf dem Gelände der Erinnerungsstätte stattgefunden haben, sind mit der Würde des Ortes nicht vereinbar, ebenso wenig mit dem Respekt vor den Opfern der ersten Massendeportationen aus Frankfurt, derer hier gedacht wird“, machte Hartwig in einer Mitteilung deutlich. Gleichzeitig sei es essentiell, den Menschen in der Stadt die Möglichkeit zu geben, den öffentlichen Raum ohne Konsumverpflichtungen zu nutzen – gerade nach den Einschränkungen, die die Pandemie in den vergangenen Monaten eingefordert habe. Das Kulturdezernat habe daher Kontakt zu einem der Organisator:innen aufgenommen, der sich bereits offen gezeigt und zugesichert habe, bis auf weiteres nicht mehr zu Tanzveranstaltungen auf dem Gelände einzuladen. Damit setzte man zunächst auf die Einsicht der Veranstaltenden anstatt auf ein Verbot.
Letzteres fordert hingegen Bürgermeister und Kirchendezernent Uwe Becker. „Wer hier bisher aus Unachtsamkeit, Unwissenheit oder Gedankenlosigkeit fröhlich das Tanzbein geschwungen hat, sollte aus Respekt vor den Deportierten und Ermordeten schon von sich aus einen anderen Ort wählen“, sagte Becker. Man könne an den gesunden Menschenverstand appellieren, darauf aufmerksam machen und verbieten. „Wenn die ersten beiden Möglichkeiten nicht wirken, müssen wir den notwendigen Rahmen als Stadt setzen, um die Würde dieses besonderen Ortes zu wahren und zu schützen“, so Becker. Darauf könne auch mit zusätzlichen Schildern hingewiesen werden. Zudem plant Becker, das Anliegen im Magistrat vorzubringen.
Die jüdische Erinnerungsstätte liegt neben der Europäischen Zentralbank (EZB) an der Frankfurter Großmarkthalle unweit des Philipp-Holzmann-Wegs. Seit 2015 erinnert sie unter anderem mit in den Boden eingelassenen Zeitzeugenzitaten an die Massendeportationen von Juden und Jüdinnen, die die Nationalsozialisten ab 1941 von der Großmarkthalle aus organisierten. Zwischen 1941 und 1945 wurden so in zehn großen Deportationen rund 10 000 Menschen mit Zügen in die Konzentrations- und Vernichtungslager verschleppt. Mit dem 19. Oktober ist diesem Ereignis auch ein eigener städtischer Gedenktag gewidmet.
Seit geraumer Zeit wird dort regelmäßig Salsa getanzt. Laut einem Bericht der Hessenschau würden sich an der Gedenkstätte an manchen Tagen bis zu 500 Tänzer:innen aus mehreren Bundesländern treffen; seit dem Beginn der Corona-Pandemie sei der Zulauf zudem enorm. Dies führte wiederholt zu Beschwerden und Diskussionen um die Frage, ob Tanzen an diesem Ort angemessen sei. Der Offenbacher Journalist Anton Jakob Weinberger sprach beispielsweise auf den sozialen Medien von einem „schamlosen Totentanz“, die Frankfurter Allgemeine Zeitung nannte die Tanzveranstaltungen ein Zeichen für eine „schwach ausgeprägte Erinnerungskultur“ in der Frankfurter Bevölkerung.
Auch das Jüdische Museum hat Stellung zur Debatte bezogen. Es sei „unangemessen und pietätlos, dass hier Tanzveranstaltungen stattfinden“, wie Korbinian Böck vom Jüdischen Museum in einem Blog verdeutlicht. Den öffentlichen Teil der Erinnerungsstätte verstehe man als einen Ort der Auseinandersetzung mit Geschichte, so Böck. Gleichzeitig verstehe man aber das Bedürfnis vieler Menschen nach städtischen Freiräumen. Der Vorschlag seitens des Museums: „Da wir nicht wissen, ob allen Tanzenden bewusst ist, an welchem Ort sie derzeit ihr Tanzbein schwingen, werden wir noch einmal auf alle Beteiligten zugehen und ihnen anbieten, im Rahmen einer Führung und eines Gesprächs die Geschichte und Bedeutung dieses Ortes zu erläutern.“
„Tanzveranstaltungen, wie sie in den letzten Wochen auf dem Gelände der Erinnerungsstätte stattgefunden haben, sind mit der Würde des Ortes nicht vereinbar, ebenso wenig mit dem Respekt vor den Opfern der ersten Massendeportationen aus Frankfurt, derer hier gedacht wird“, machte Hartwig in einer Mitteilung deutlich. Gleichzeitig sei es essentiell, den Menschen in der Stadt die Möglichkeit zu geben, den öffentlichen Raum ohne Konsumverpflichtungen zu nutzen – gerade nach den Einschränkungen, die die Pandemie in den vergangenen Monaten eingefordert habe. Das Kulturdezernat habe daher Kontakt zu einem der Organisator:innen aufgenommen, der sich bereits offen gezeigt und zugesichert habe, bis auf weiteres nicht mehr zu Tanzveranstaltungen auf dem Gelände einzuladen. Damit setzte man zunächst auf die Einsicht der Veranstaltenden anstatt auf ein Verbot.
Letzteres fordert hingegen Bürgermeister und Kirchendezernent Uwe Becker. „Wer hier bisher aus Unachtsamkeit, Unwissenheit oder Gedankenlosigkeit fröhlich das Tanzbein geschwungen hat, sollte aus Respekt vor den Deportierten und Ermordeten schon von sich aus einen anderen Ort wählen“, sagte Becker. Man könne an den gesunden Menschenverstand appellieren, darauf aufmerksam machen und verbieten. „Wenn die ersten beiden Möglichkeiten nicht wirken, müssen wir den notwendigen Rahmen als Stadt setzen, um die Würde dieses besonderen Ortes zu wahren und zu schützen“, so Becker. Darauf könne auch mit zusätzlichen Schildern hingewiesen werden. Zudem plant Becker, das Anliegen im Magistrat vorzubringen.
Die jüdische Erinnerungsstätte liegt neben der Europäischen Zentralbank (EZB) an der Frankfurter Großmarkthalle unweit des Philipp-Holzmann-Wegs. Seit 2015 erinnert sie unter anderem mit in den Boden eingelassenen Zeitzeugenzitaten an die Massendeportationen von Juden und Jüdinnen, die die Nationalsozialisten ab 1941 von der Großmarkthalle aus organisierten. Zwischen 1941 und 1945 wurden so in zehn großen Deportationen rund 10 000 Menschen mit Zügen in die Konzentrations- und Vernichtungslager verschleppt. Mit dem 19. Oktober ist diesem Ereignis auch ein eigener städtischer Gedenktag gewidmet.
Seit geraumer Zeit wird dort regelmäßig Salsa getanzt. Laut einem Bericht der Hessenschau würden sich an der Gedenkstätte an manchen Tagen bis zu 500 Tänzer:innen aus mehreren Bundesländern treffen; seit dem Beginn der Corona-Pandemie sei der Zulauf zudem enorm. Dies führte wiederholt zu Beschwerden und Diskussionen um die Frage, ob Tanzen an diesem Ort angemessen sei. Der Offenbacher Journalist Anton Jakob Weinberger sprach beispielsweise auf den sozialen Medien von einem „schamlosen Totentanz“, die Frankfurter Allgemeine Zeitung nannte die Tanzveranstaltungen ein Zeichen für eine „schwach ausgeprägte Erinnerungskultur“ in der Frankfurter Bevölkerung.
Auch das Jüdische Museum hat Stellung zur Debatte bezogen. Es sei „unangemessen und pietätlos, dass hier Tanzveranstaltungen stattfinden“, wie Korbinian Böck vom Jüdischen Museum in einem Blog verdeutlicht. Den öffentlichen Teil der Erinnerungsstätte verstehe man als einen Ort der Auseinandersetzung mit Geschichte, so Böck. Gleichzeitig verstehe man aber das Bedürfnis vieler Menschen nach städtischen Freiräumen. Der Vorschlag seitens des Museums: „Da wir nicht wissen, ob allen Tanzenden bewusst ist, an welchem Ort sie derzeit ihr Tanzbein schwingen, werden wir noch einmal auf alle Beteiligten zugehen und ihnen anbieten, im Rahmen einer Führung und eines Gesprächs die Geschichte und Bedeutung dieses Ortes zu erläutern.“
23. August 2021, 12.42 Uhr
Margaux Adam
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Margaux Adam
Jahrgang 1991, Studium der Literaturwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, seit Februar 2020 beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Margaux
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