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Frankfurter Wasserhäuschen
Sorge und Hoffnung um ein Stück Stadtkultur
Die Stadt nimmt künftig die Vermietung von 34 Wasserhäuschen selbst in die Hand, nachdem es Streit mit dem Zwischenpächter gab. Baudezernent Jan Schneider (CDU) betonte bei einem Treffen mit einem der Betreiber, dass man zum Erhalt der Kioske beitragen wolle.
Sie gehören zum Frankfurter Stadtbild wie die Skyline und die Apfelweinkneipen: Die Rede ist von den Wasserhäuschen, die für viele Frankfurter und Frankfurterinnen mehr als nur reine Kioske sind, an denen sie sich ihr Feierabendbier kaufen. Für viele Einheimische sind die bunten Häuschen ein sozialer Treffpunkt im Stadtteil, wenn nicht gerade die Corona-Pandemie und Abstandsgebote dies verhindern. Heute gibt es laut Stadt noch fast 300 Kioske in Frankfurt, die halbrunden und aus Holz gefertigten Wasserhäuschen sind seltener.
Nachdem Ende März bekannt wurde, dass die Stadt Frankfurt künftig Verpächterin der Wasserhäuschen auf städtischem Grund ist und der Radeberger-Gruppe als Zwischenpächterin für insgesamt 34 freistehende Kioske gekündigt hat, gab es viel mediale Diskussion über die Zukunft der beliebten Trinkhallen. Ursprung dieser Auseinandersetzungen war die Neubewertung der Liegenschaften vonseiten der Stadt, die aufgrund der langen Bestehenszeit der Verträge zu einer Pachtsteigerung führte. Diese Steigerung sei, so Schneider, direkt und ohne Abzüge an die Betreiber:innen weitergegeben worden, die folglich teilweise deutlich mehr Pacht für ihre Kioske zu bezahlen hatten. Höhepunkt der Diskussion bildete ein Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Mitte April, der offenlegte, dass sich Stadt und Brauerei sogar gegenseitig wegen der Pachterhöhungen in den sozialen Medien der Lüge bezichtigten.
Aufgrund der „überbordenden Berichterstattungen“ entschied sich Baudezernent Jan Schneider (CDU) am gestrigen Donnerstag dazu, einem der Büdchen-Pächter einen Besuch abzustatten um ins „Gespräch zu kommen“. Liatif Fazlijevik betreibt seit insgesamt 13 Jahren das Limes-Kiosk gegenüber der Frauenfriedenskirche in Bockenheim und gehört zu den insgesamt 34 Betreiber:innen, die nun schon lange mit der Sorge leben, nicht zu wissen, wie es mit ihren Pachtverträgen weitergeht. Fazlijevik gehe es bei seinem Job nicht um Geld, machte er deutlich: „Die Leute sollen sich hier wohlfühlen. Seit 13 Jahren gab es nicht einen Streit mit den Nachbarn“. Andere Betreiber:innen wie Rebecca Fohl, Inhaberin des „Nox“-Kiosk in Sachsenhausen, haben bereits die Kündigung mit einem Räumungsbescheid bis zum 31. Mai erhalten. Laut Fohl hätte sie im Vorfeld zwar ein rein formales Schreiben der Stadt bekommen, jedoch ohne konkrete Informationen, wie es mit ihrem Kiosk weitergehe. „Aufgrund des Räumungsbescheids sind wir natürlich geschockt“, so die Büdchen-Betreiberin.
„Alle Pächter wurden oder werden noch von der Stadt darüber informiert, dass sie die Kioske – sofern sie das wünschen – weiterhin betreiben können und einen direkten Vertrag mit der Stadt bekommen“, betonte Schneider bei dem gestrigen Treffen. Am Ende solle, so Schneider, kein:e Pächter:in finanziell schlechter dastehen durch die neuen Pachtverträge. Es gebe viel eher den Vorteil, dass die Betreiber:innen künftig nicht an die Brauerei gebunden seien und sich frei entscheiden könnten, welche Produkte sie in ihrem Kiosk anbieten.
Stadt plant öffentliche Toiletten
Das Thema öffentliche Toiletten sei laut Stadtdezernent ebenfalls eine der Motivationen der Stadt gewesen, warum man die Wasserhäuschen selbst übernehmen wollte: „Die Kioske sollen Teil eines öffentlichen Toilettenkonzepts werden, das demnächst beschlossen wird. Die Stadt will im Zuge dessen die Versorgung mit öffentlichen WCs ausweiten“, erklärte er. Derzeit werde Schneider zufolge noch geprüft, welche Wasserhäuschen-Standorte für die Installation von Toiletten geeignet seien. Komme es zu einer Installation, bekomme der Pächter dafür eine Aufwandsentschädigung. „Mit dieser Entscheidung will die Stadt die Frankfurter Wasserhäuschen-Kultur stärken“, betonte Günter Murr, Sprecher des Baudezernats.
Kein Abriss der Wasserhäuschen
„Selbstverständlich ist die direkte Weitergabe der Kostensteigerung durch die Radeberger Gruppe, rein rechtlich gesehen, einwandfrei“, kommentierte der Verein „Linie 11 – Wir lieben Wasserhäuschen“ den Fall in einer Mitteilung. Für die Radeberger Gruppe seien die Frankfurter Wasserhäuschen jedoch günstige „Points of Sales“ sowie „effektive Werbeträger“, von denen das Unternehmen immens profitiere. Das sei laut dem Verein aber nur eine Sicht auf die Dinge: „So unglücklich sich die Radeberger Gruppe hinsichtlich der Weitergabe der Pachterhöhung angestellt hat, so hat sich die Stadt in ihrem ursprünglichen Tun, nämlich die Liegenschaften neu zu bewerten, mindestens genauso misslich angestellt“, machte der Verein deutlich. Die Frage, ob das durch Stadtdezernent Jan Schneider geführte Dezernat hier überhaupt annähernd weit genug gedacht habe, welche Folgen das für die Betreiber:innen haben könnte, müsse berechtigt sein.
Kritik an der derzeitig unsicheren Situation der Wasserhäuschen kommt auch vonseiten der Linken: Fraktionsvorsitzender Michael Müller teilte mit: „Die Wasserhäuschen gehören zu Frankfurt und dürfen nicht zum Spielball von Interessenlagen werden, weder der von Radeberger noch der von der Stadt.“ Dafür seien sie ein viel zu wichtiger sozialer Treffpunkt im urbanen Raum und ein unbestrittener Teil der Frankfurter Stadtkultur. Es sei laut Müller zwar gut und richtig, dass die Stadt die Verpachtung wieder in eigene Hände nähme. Die Betreiber:innen hätten jedoch lange Zeit mit überzogenen Pachthöhen zu kämpfen gehabt und müssten aktuell mit der Unsicherheit umgehen, von Radeberger die Kündigung, von der Stadt aber noch keine definitive Zukunftsoption erhalten zu haben, so der Linken-Fraktionsvorsitzende. „Jedem Gedankenspiel, die Grundstücke in welcher Form auch immer umzunutzen oder gar zu verkaufen, ist eine Absage zu erteilen.“
Auf diesen Vorwurf ging Jan Schneider am gestrigen Donnerstag ebenfalls ein: „Es kam immer wieder von verschiedenen Seiten die Befürchtung auf, die Stadt plane manche der Kioske abzureißen und die Standorte anderweitig zu nutzen. Das stimmt nicht“, betonte er. Man sei an keinem Abriss interessiert, sondern wolle die Wasserhäuschen – im Gegenteil – bewahren.
Nachdem Ende März bekannt wurde, dass die Stadt Frankfurt künftig Verpächterin der Wasserhäuschen auf städtischem Grund ist und der Radeberger-Gruppe als Zwischenpächterin für insgesamt 34 freistehende Kioske gekündigt hat, gab es viel mediale Diskussion über die Zukunft der beliebten Trinkhallen. Ursprung dieser Auseinandersetzungen war die Neubewertung der Liegenschaften vonseiten der Stadt, die aufgrund der langen Bestehenszeit der Verträge zu einer Pachtsteigerung führte. Diese Steigerung sei, so Schneider, direkt und ohne Abzüge an die Betreiber:innen weitergegeben worden, die folglich teilweise deutlich mehr Pacht für ihre Kioske zu bezahlen hatten. Höhepunkt der Diskussion bildete ein Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Mitte April, der offenlegte, dass sich Stadt und Brauerei sogar gegenseitig wegen der Pachterhöhungen in den sozialen Medien der Lüge bezichtigten.
Aufgrund der „überbordenden Berichterstattungen“ entschied sich Baudezernent Jan Schneider (CDU) am gestrigen Donnerstag dazu, einem der Büdchen-Pächter einen Besuch abzustatten um ins „Gespräch zu kommen“. Liatif Fazlijevik betreibt seit insgesamt 13 Jahren das Limes-Kiosk gegenüber der Frauenfriedenskirche in Bockenheim und gehört zu den insgesamt 34 Betreiber:innen, die nun schon lange mit der Sorge leben, nicht zu wissen, wie es mit ihren Pachtverträgen weitergeht. Fazlijevik gehe es bei seinem Job nicht um Geld, machte er deutlich: „Die Leute sollen sich hier wohlfühlen. Seit 13 Jahren gab es nicht einen Streit mit den Nachbarn“. Andere Betreiber:innen wie Rebecca Fohl, Inhaberin des „Nox“-Kiosk in Sachsenhausen, haben bereits die Kündigung mit einem Räumungsbescheid bis zum 31. Mai erhalten. Laut Fohl hätte sie im Vorfeld zwar ein rein formales Schreiben der Stadt bekommen, jedoch ohne konkrete Informationen, wie es mit ihrem Kiosk weitergehe. „Aufgrund des Räumungsbescheids sind wir natürlich geschockt“, so die Büdchen-Betreiberin.
„Alle Pächter wurden oder werden noch von der Stadt darüber informiert, dass sie die Kioske – sofern sie das wünschen – weiterhin betreiben können und einen direkten Vertrag mit der Stadt bekommen“, betonte Schneider bei dem gestrigen Treffen. Am Ende solle, so Schneider, kein:e Pächter:in finanziell schlechter dastehen durch die neuen Pachtverträge. Es gebe viel eher den Vorteil, dass die Betreiber:innen künftig nicht an die Brauerei gebunden seien und sich frei entscheiden könnten, welche Produkte sie in ihrem Kiosk anbieten.
Stadt plant öffentliche Toiletten
Das Thema öffentliche Toiletten sei laut Stadtdezernent ebenfalls eine der Motivationen der Stadt gewesen, warum man die Wasserhäuschen selbst übernehmen wollte: „Die Kioske sollen Teil eines öffentlichen Toilettenkonzepts werden, das demnächst beschlossen wird. Die Stadt will im Zuge dessen die Versorgung mit öffentlichen WCs ausweiten“, erklärte er. Derzeit werde Schneider zufolge noch geprüft, welche Wasserhäuschen-Standorte für die Installation von Toiletten geeignet seien. Komme es zu einer Installation, bekomme der Pächter dafür eine Aufwandsentschädigung. „Mit dieser Entscheidung will die Stadt die Frankfurter Wasserhäuschen-Kultur stärken“, betonte Günter Murr, Sprecher des Baudezernats.
Kein Abriss der Wasserhäuschen
„Selbstverständlich ist die direkte Weitergabe der Kostensteigerung durch die Radeberger Gruppe, rein rechtlich gesehen, einwandfrei“, kommentierte der Verein „Linie 11 – Wir lieben Wasserhäuschen“ den Fall in einer Mitteilung. Für die Radeberger Gruppe seien die Frankfurter Wasserhäuschen jedoch günstige „Points of Sales“ sowie „effektive Werbeträger“, von denen das Unternehmen immens profitiere. Das sei laut dem Verein aber nur eine Sicht auf die Dinge: „So unglücklich sich die Radeberger Gruppe hinsichtlich der Weitergabe der Pachterhöhung angestellt hat, so hat sich die Stadt in ihrem ursprünglichen Tun, nämlich die Liegenschaften neu zu bewerten, mindestens genauso misslich angestellt“, machte der Verein deutlich. Die Frage, ob das durch Stadtdezernent Jan Schneider geführte Dezernat hier überhaupt annähernd weit genug gedacht habe, welche Folgen das für die Betreiber:innen haben könnte, müsse berechtigt sein.
Kritik an der derzeitig unsicheren Situation der Wasserhäuschen kommt auch vonseiten der Linken: Fraktionsvorsitzender Michael Müller teilte mit: „Die Wasserhäuschen gehören zu Frankfurt und dürfen nicht zum Spielball von Interessenlagen werden, weder der von Radeberger noch der von der Stadt.“ Dafür seien sie ein viel zu wichtiger sozialer Treffpunkt im urbanen Raum und ein unbestrittener Teil der Frankfurter Stadtkultur. Es sei laut Müller zwar gut und richtig, dass die Stadt die Verpachtung wieder in eigene Hände nähme. Die Betreiber:innen hätten jedoch lange Zeit mit überzogenen Pachthöhen zu kämpfen gehabt und müssten aktuell mit der Unsicherheit umgehen, von Radeberger die Kündigung, von der Stadt aber noch keine definitive Zukunftsoption erhalten zu haben, so der Linken-Fraktionsvorsitzende. „Jedem Gedankenspiel, die Grundstücke in welcher Form auch immer umzunutzen oder gar zu verkaufen, ist eine Absage zu erteilen.“
Auf diesen Vorwurf ging Jan Schneider am gestrigen Donnerstag ebenfalls ein: „Es kam immer wieder von verschiedenen Seiten die Befürchtung auf, die Stadt plane manche der Kioske abzureißen und die Standorte anderweitig zu nutzen. Das stimmt nicht“, betonte er. Man sei an keinem Abriss interessiert, sondern wolle die Wasserhäuschen – im Gegenteil – bewahren.
30. April 2021, 10.59 Uhr
Margaux Adam
Margaux Adam
Jahrgang 1991, Studium der Literaturwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, seit Februar 2020 beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Margaux
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