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Energiekonzern will Biblis länger laufen lassen

Eigentlich sollte 2008 der erste Block des Kernkraftwerks Biblis vom Netz gehen, der zweite ein Jahr später. So sieht es der vor sechs Jahren beschlossene Atomkonses vor. Doch die Betreibergesellschaft RWE Power hat heute beim Bundesumweltministerium beantragt, beide Blöcke bis 2011 am Netz lassen zu dürfen. Möglich macht das eine sogenannte Strommengenübertragung. Beim Atomausstieg wurden Restlaufzeiten für die deutschen Kernkraftwerke vereinbart. RWE möchte nun das Stromkontingent des Kraftwerks Mülheim-Kärlich auf Biblis übertragen. Mülheim-Kärlich war wegen Bauverfahrensfehlern nur wenige Tage am Netz gewesen und soll bis 2012 vollständig abgebaut sein.

Ein Weiterbetrieb von Biblis sei „technisch uneingeschränkt möglich, sicherheitstechnisch voll verantwortbar und wirtschaftlich geboten“, hieß es bei RWE Power. „Die Kernenergie wird nach unserer Auffassung weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung des Landes leisten“, so Vorstandsvorsitzender Jan Zilius.


Die hessischen CDU-Landesregierung hatte sich bereits in den vergangenen Wochen für eine Laufzeitverlängerung des hessischen Meilers ausgesprochen. „Es ist volkswirtschaftlicher Irrsinn auf höchstem Sicherheitsniveau abzuschalten“, sagte heute der CDU-Landtagsabgeordnete Roger Leonhart zum Antrag der RWE. Biblis sichere eine CO2-freie Energieversorgung bis es ausreichende Alternativen gebe.


Die Opposition im Wiesbadener Landtag kritisierte den Antrag. „Heute ist ein schwarzer Tag für den Atomkonsens zwischen Staat und Energiewirtschaft“, sagt die SPD-Vorsitzende Andrea Ypsilanti. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Tarek Al-Wazir, sagte: „Offensichtlich gilt für RWE der alte Grundsatz, dass Verträge eingehalten werden müssen, nicht.“ Mit ihrem Antrag habe der Stromkonzern den Atomkonsens aufgekündigt. „Der Betrieb von Biblis A ist gekennzeichnet von einem Beinahe-GAU, mehreren hundert meldepflichtigen Zwischenfällen und etlichen Verstößen gegen das Betriebshandbuch.“

Positiv äußerte sich hingegen Hessens FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn. Biblis sei als Kraftwerksstandort für Hessen sehr wichtig. Der Atomausstieg sei lediglich politisch vereinbart. „Jetzt ist Ministerpräsident Roland Koch gefordert, in der großen Koalition in Berlin für eine Genehmigung dieses Antrags zu sorgen“, so Hahn.


Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte ein Aufweichen des Atomkonsens Anfang der Woche ausgeschlossen. „Ich kann mir keinen Grund vorstellen, warum man ältere Kraftwerke länger laufen lassen sollte als jüngere, schon gar nicht nach den jüngsten Sicherheitsproblemen in den Kraftwerken Brunsbüttel und Forsmark“, sagte Gabriel dem Magazin Spiegel. Sein Kabinettskollege, Wirtschaftsminister Michael Glos, ist jedoch anderer Ansicht und möchte das Thema auf dem Energiegipfel am 9. Oktober verhandeln.

Foto: RWE Power

 
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26. September 2006, 00.00 Uhr
Nils Bremer
 
 
 
 
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