Ein Heim für Asylsucher statt Studenten

Kirche gewährt Flüchtlingen zunächst Obdach

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Die Katholische Stadtkirche Frankfurt will bis zu 40 Flüchtlingen in einem ehemaligen Studentenwohnheim im Nordend Unterschlupf gewähren, bis das Haus abgerissen wird. 14 traumatisierte Flüchtlinge leben derzeit schon im Haus St.Martin.

Nicole Brevoord /

Sie kommen aus Eritrea, Somalia, Äthiopien, Pakistan und Afghanistan: Seit Mitte Januar ist der Unterweg 12 im Nordend für die derzeit 14 Flüchtlinge ein Zuhause. Zumindest für die kommenden sechs Monate, das verspricht Johannes zu Elst, Stadtdekan und Vorsitzender des Gesamtverbands der katholischen Kirchengemeinden. Der Verband hat der Stadt, die für die Unterbringung von Flüchtlingen verantwortlich ist, schnell unter die Arme gegriffen und ein derzeit marodes, leerstehendes Studentenwohnheim, das bald abgerissen und neugebaut werden soll, soweit hergerichtet, dass insgesamt bis zu 40 Asylsuchende zumindest für ein halbes Jahr darin unterkommen. Von der Stadt will der Verband keine sonst übliche Miete von rund 300 Euro pro Kopf. Die Unterkunft wird kostenlos zur Verfügung gestellt.

Frühestens im Sommer soll mit dem Abriss der Immobilie, dem haus St. Martin, beginnen werden, damit im Unterweg 12 ein neues, zeitgemäßes Studentenwohnheim mit 48 preisgünstigen Appartements entstehen und die vorhandene Kindertagesstätte „Pinocchio“ ausgebaut werden kann. Sollte sich der Zeitplan nach hinten verschieben, dürfen die Flüchtlinge auch länger in den leeren Räumen wohnen blieben. „das ist ein kleiner Sonnenstrahl in der düsteren Wetterlage, in der sich die Flüchtlinge befinden“, sagt zu Eltz metaphorisch. „Uns war es auch wichtig, eine innerstädtische Immobilie zu finden, wo man mitten im Leben und nicht am Stadtrand geparkt ist.“ Der Zustand des Studentenheims sei prekär geworden, die evangelische Wohnraumhilfe Frankfurt habe ein ökomenisches Werk getan und die Räume wieder bewohnbar gemacht. Die übernommenen Kosten lägen im höheren fünfstelligen Bereich und seien für Elektrik, Bodenbelag, Wandfarbe und sanitäre Anlagen angefallen. „Es ist eine Sofortmaßnahme und kein dauerhafter Aufenthalt, darum ist das Haus auch nicht in einem perfekten Zustand. Aber wir müssen uns für den Zustand nicht genieren.“

Die Stadt stehe unter starkem Druck, es rolle eine Flüchtlingswelle sie zu, sagt Bernhard Zepf vom Sozialdienst für Migranten des Caritasverbands. Habe die Stadt bislang ein bis zwei Dutzend Flüchtlinge im Jahr aufgenommen, so seien es im vergangenen Jahr bereits mehrere Hundert gewesen und in diesem Jahr sei mit 800 Flüchtlingen zu rechnen. An jedem Mittwoch fahre ein Bus von der hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen nach Frankfurt und setze ein paar teilweise stark traumatisierte Flüchtlinge ab. „Dann heißt es, hier habt Ihr 20 Leute, seht zu, was Ihr mit ihnen macht!“ Eine wenn auch nur zeitweilige Unterbringungsstätte wie das Haus St. Martin sei da eine Entlastung.

Die 14 Flüchtlinge im Nordend leben in Einzelzimmern, die jeweils mit Bett, Schrank, Tisch und Stuhl aus dem Ikeabestand eingerichtet seien. Anders als die sogenannten „Lampedusa-Flüchtlinge“, die in der Gutleutkirche untergekommen sind, handele es sich im Nordend nicht um Flüchtlinge, die schon in Europa herumgereicht worden seien. Einige seien froh, es geschafft zu haben, andere bräuchten Hilfe, weil sie Dramatisch erlebt haben. Die Caritas helfe den Flüchtlingen das Asylverfahren zu überstehen, eine Vollzeitstelle sei dazu eingerichtet und man bediene sich mehrerer Dolmetscher. Derzeit versuche man noch einen Gemeinschaftsraum einzurichten für die größtenteils Englisch und Französisch sprechenden Flüchtlinge.

Für die an die Flüchtlinge vergebenen Räume will die katholische Stadtkirche kein Geld von der Stadt. Die Finanzierung des geplanten Studentenwohnheims für mittellose Studierende, die letztlich nur 350 Euro monatlich zahlen sollen, ist hingegen noch nicht gesichert. Man hoffe auf Zuwendungen von Stadt, Land und dem Bistum sagt zu Eltz. Über die Zwischennutzung ist er aber froh. „Ich finde das ganz gut, dass wir was hingekriegt haben, was improvisiert ist und nicht über Jahre hinweg geplant. Vielleicht wird es auch einen Impuls bringen, dass man in den Gemeinden schaut, ob es nicht irgendwo Leerstände zu füllen gibt. Es muss ja nicht immer gleich für 40 Personen sein.“


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