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Debüt von Talk 22
Frankfurter Vielfalt in der 22. Etage
Am Sonntagabend talkten Achim Winter und Bärbel Schäfer vor 60 Gästen unter anderem mit Schauspielintendant Oliver Reese und Volker Mosbrugger, dem Direktor des Naturmuseums Senckenberg. Ein Abend voller Einblicke und Ausblicke.
Es wird wieder getalkt in der 22nd Bar im Eurotheum. Am Sonntagabend luden Entertainer Achim Winter und Talkqueen Bärbel Schäfer zu der Frankfurter Talkshow Talk 22 ein. Dabei lieferten die Gespräche mit den fünf Gästen interessante Einblicke und die Location mit gläsernen Wänden und einem Blick vom 22. Stock auf die Stadt wunderschöne Ausblicke. Ein wenig erinnerten Bärbel Schäfer und Achim Winter, die beide gut aufgelegt in Schwarz-Weiß gekleidet erschienen, wie die Muppet-Kultfiguren Waldorf und Statler, foppten sie sich doch immer wieder gegenseitig und zeigten so, wie gut sie, die bereits ihr Buch „Zen im Gurkenbeet“ bei ihren gemeinsamen Lesungen auf der Bühne präsentierten, auch bei einem ganz anderen Genre miteinander harmonieren. Musikalisch begleitet wurde der Abend mit Gabriel Groh und seiner Band sowie der Sängerin Natascha Green.
Reeses „Rettung aus dem abscheulichen Paderborn“
In entspannter Runde, begleitet von drei Fernsehkameras – das Ganze soll mal auf Youtube zu sehen sein – plauderte dann etwa auch Schauspielintendant Oliver Reese aus dem Nähkästchen. Dass er sich über die Platzauslastung von 90,3 Prozent in dieser Spielzeit freue und er sich vor fünfeinhalb Jahren nicht habe denken können, dass die Frankfurter ein so theateraffines Publikum seien. Doch die 700 Vorstellungen, davon 35 Premieren im Jahr seien begehrt. Der Reiz des Theater sei, dass man „bei Schauspielern den Künstlern so nahe begegnen kann wie bei keiner anderen Kunst.“ Das Theater müsse das geistige Zentrum einer Stadt sein, ist Reeses Selbstverständnis. Achim Winter gab gleich zu, ein ausgemachter Theaterphobiker zu sein, der Anblick Martin Wuttkes nackter Tatsachen im Bockenheimer Depot habe ihn schon in früher Jugend dauerhaft geprägt, was Reese gleich abtat, das Bourgoise ist wohl nicht so sein Ding.
Immerhin habe das Schauspiel „wahnsinnig gute Schauspieler“ wie Marc Oliver Schulze, der derzeit auch im Fernsehen zu sehen sei, berichtete Reese, der selbst übrigens keinen Fernseher besitzt. Aber eine Folge von „Sibel und Max“ habe er gesehen: Das sei sehr dünn, sehr dürftig, vor allem weil Schulze, der singen und tanzen könne, vor der Kamera – anders als auf der Bühne – unter seinen Möglichkeiten bleiben müsse. Theater – Reese habe seit 30 Jahren nichts anderes gemacht, er könne gar nichts anderes. „Schon mit 13, 14 wusste ich , dass ich zum Theater gehen will. Zuhause hatten wir einen Autozubehörhandel, das war alles sehr kunstfern. Ich wollte in einer anderen Welt leben. Für mich war das Theater die Rettung aus dem abscheulichen Paderborn“, sagte Reese. Er verfolge das Theater mit großer Leidenschaft. Wer Kunst mache, verfalle nie in Routine, Büchner zu können, heiße nicht Kleist zu beherrschen. Er habe im Schauspiel, das über die größte Bühne im deutschsprachigen Raum verfüge, den Schauspieler in den Vordergrund gerückt, nicht die Autoren oder das Bühnenbild. Frankfurt habe ein neugieriges Publikum, das psychologische Stoffe liebe, wie etwa derzeit „Endstation Sehnsucht“. Er lese Kritiken, aber lieber die über andere Häuser und ihm sei eine negative Kritik in einem überregionalen Blatt wichtiger als eine gute Kritik in einer lokalen Zeitung. FAZ-Kritiker Gerhard Stadelmaier, dem bei einer Aufführung mal der Block entrissen wurde, sei ihm einer der liebsten Kritiker. „Seine Kritiken sind selbst Kunst.“ Doch bald wird Reese den Job von Claus Peymann am Berliner Ensemble übernehmen. „Auf so was kann man sich nicht bewerben. Wenn so ein Anruf vom Berliner Senat kommt, dann kann man nicht nein sagen.“ Seinen Eltern, die Frankfurt lieben, wäre es wohl lieber, wenn Reese hier bliebe.
„Frauen sind die konsequenteren Anlegerinnen“
Zu den weiteren Gästen gehörte Mister Börse Mick Knauff vom Deutschen Anleger Fernsehen, dem es nicht ganz gelang, Börse für jedermann verständlich zu erklären. Vielleicht lag es auch daran, dass für jede Erwähnung des Landes Griechenland ein Ouzo getrunken werden musste und der Börsenexperte, der wegen seiner Outfits auch gerne als Paradiesvogel bezeichnet wird, nicht immer aussprechen durfte. Die Amis finanzierten seit langem ihre Rente über Aktien, während man in Deutschland erst allmählich Interesse zeige, sagte Knauff. Vielleicht auch deshalb, weil Sparen keine Zinsen bringe und die Rente nun nicht mehr als sicher gelten könne. Anlagetipps gebe er nie, wohl aber den Rat, dass man zuerst genug Geld für seine Rechnungen und für den Notfall haben müsse, bevor man sein Erspartes in Aktien anlege. „Ich halte Frauen für die konsequenteren Anlegerinnen. Da haben Männer doch öfter ein gieriges Zockergen, was dann auch mal für Verluste sorgt.“
Für Auflockerung sorgte Laurentia Schuster, die für den Diktatwettbewerb „Frankfurt schreibt!“ die Werbetrommel rührte und selbst einmal bei der Aktion gewonnen hat. Das Publikum wurde aufgefordert, einen wirklich tückischen Text mitzuschreiben und Achim Winter erwies sich mit sechs Fehlern am Flipchart als gar nicht so übel. Er sei nach den Rechtschreibreformen ganz locker geworden, wenn er einen Fehler mache, dann behaupte er einfach, das sei die Reformschreibweise.
Senckenbergs „Alkoholproblem“
Im weiteren Fortgang der Talkshow erfuhr das Publikum von Museumsdirektor Volker Mosbrugger, dass das Senckenbergmuseum ein Alkoholproblem habe. 4,3 Kilometer Regale mit in Alkohol gelagerten Exponaten gelte es zu bewegen. Denn das Naturmuseum Senckenberg werde erweitert, nicht wie geplant bis 2017, sondern eher bis 2018. Für 117 Millionen Euro sollten zwei benachbarte Gebäude des einstigen Campus Bockenheim dem stetig wachsenden Museum angegliedert werden. Seit 2008 sei das Personal um den Faktor 4 gewachsen und auch die Sammlung habe sich – etwa nach der Auflösung der Geowissenschaften in Marburg – vergrößert. Insgesamt gelte es, mit 39 Millionen Exponaten umzuziehen, das Museum selbst moderner aufzuziehen. „Wir sind wie Google für die Natur“, sagte Mosbrugger, der künftig im Museum noch mehr auf die Bedeutung der Natur als dezimierter Schlüsselressource eingehen will. Doch zunächst müssen die Exponate schonend transportiert werden. Es gebe etwa 30 000 Insektenkästen, die man für den bestenfalls erschütterungsfreien Transport zunächst zwei Wochen lang bei minus 30 Grad einfrieren müsse, um sicherzustellen, dass sie nicht von Schädlingen befallen werden.
Den Abschluss der zweistündigen Talkrunde bildete das Gespräch mit Jerome Gravenstein, eigentlich gelernter Fotograf, der aber als Wingtsuntrainer arbeitet und unter anderem Achim Winter in der Kunst der Selbstverteidigung trainiert, was anschaulich demonstriert wurde. Neuerdings biete Gravenstein auch Nicht-Kampf an, was es vor allem auch wehrloseren Senioren ermöglichen soll, in brenzligen Situationen zu deeskalieren, Gewaltsituationen abzuwehren und richtig zu reagieren, ohne gleich größere Kampfhandlungen vollziehen zu müssen.
Und so endete um 22 Uhr die erste Folge von Talk 22. Ein schönes, aber vielleicht zu langes, Format mit einer guten Gästemischung, schönem Ambiente und einem gutaufgelegten Moderatorenduo, das sich manchmal zugunsten der Gäste noch etwas stärker zurücknehmen könnte. Am 1. März geht es um 20 Uhr weiter.
Reeses „Rettung aus dem abscheulichen Paderborn“
In entspannter Runde, begleitet von drei Fernsehkameras – das Ganze soll mal auf Youtube zu sehen sein – plauderte dann etwa auch Schauspielintendant Oliver Reese aus dem Nähkästchen. Dass er sich über die Platzauslastung von 90,3 Prozent in dieser Spielzeit freue und er sich vor fünfeinhalb Jahren nicht habe denken können, dass die Frankfurter ein so theateraffines Publikum seien. Doch die 700 Vorstellungen, davon 35 Premieren im Jahr seien begehrt. Der Reiz des Theater sei, dass man „bei Schauspielern den Künstlern so nahe begegnen kann wie bei keiner anderen Kunst.“ Das Theater müsse das geistige Zentrum einer Stadt sein, ist Reeses Selbstverständnis. Achim Winter gab gleich zu, ein ausgemachter Theaterphobiker zu sein, der Anblick Martin Wuttkes nackter Tatsachen im Bockenheimer Depot habe ihn schon in früher Jugend dauerhaft geprägt, was Reese gleich abtat, das Bourgoise ist wohl nicht so sein Ding.
Immerhin habe das Schauspiel „wahnsinnig gute Schauspieler“ wie Marc Oliver Schulze, der derzeit auch im Fernsehen zu sehen sei, berichtete Reese, der selbst übrigens keinen Fernseher besitzt. Aber eine Folge von „Sibel und Max“ habe er gesehen: Das sei sehr dünn, sehr dürftig, vor allem weil Schulze, der singen und tanzen könne, vor der Kamera – anders als auf der Bühne – unter seinen Möglichkeiten bleiben müsse. Theater – Reese habe seit 30 Jahren nichts anderes gemacht, er könne gar nichts anderes. „Schon mit 13, 14 wusste ich , dass ich zum Theater gehen will. Zuhause hatten wir einen Autozubehörhandel, das war alles sehr kunstfern. Ich wollte in einer anderen Welt leben. Für mich war das Theater die Rettung aus dem abscheulichen Paderborn“, sagte Reese. Er verfolge das Theater mit großer Leidenschaft. Wer Kunst mache, verfalle nie in Routine, Büchner zu können, heiße nicht Kleist zu beherrschen. Er habe im Schauspiel, das über die größte Bühne im deutschsprachigen Raum verfüge, den Schauspieler in den Vordergrund gerückt, nicht die Autoren oder das Bühnenbild. Frankfurt habe ein neugieriges Publikum, das psychologische Stoffe liebe, wie etwa derzeit „Endstation Sehnsucht“. Er lese Kritiken, aber lieber die über andere Häuser und ihm sei eine negative Kritik in einem überregionalen Blatt wichtiger als eine gute Kritik in einer lokalen Zeitung. FAZ-Kritiker Gerhard Stadelmaier, dem bei einer Aufführung mal der Block entrissen wurde, sei ihm einer der liebsten Kritiker. „Seine Kritiken sind selbst Kunst.“ Doch bald wird Reese den Job von Claus Peymann am Berliner Ensemble übernehmen. „Auf so was kann man sich nicht bewerben. Wenn so ein Anruf vom Berliner Senat kommt, dann kann man nicht nein sagen.“ Seinen Eltern, die Frankfurt lieben, wäre es wohl lieber, wenn Reese hier bliebe.
„Frauen sind die konsequenteren Anlegerinnen“
Zu den weiteren Gästen gehörte Mister Börse Mick Knauff vom Deutschen Anleger Fernsehen, dem es nicht ganz gelang, Börse für jedermann verständlich zu erklären. Vielleicht lag es auch daran, dass für jede Erwähnung des Landes Griechenland ein Ouzo getrunken werden musste und der Börsenexperte, der wegen seiner Outfits auch gerne als Paradiesvogel bezeichnet wird, nicht immer aussprechen durfte. Die Amis finanzierten seit langem ihre Rente über Aktien, während man in Deutschland erst allmählich Interesse zeige, sagte Knauff. Vielleicht auch deshalb, weil Sparen keine Zinsen bringe und die Rente nun nicht mehr als sicher gelten könne. Anlagetipps gebe er nie, wohl aber den Rat, dass man zuerst genug Geld für seine Rechnungen und für den Notfall haben müsse, bevor man sein Erspartes in Aktien anlege. „Ich halte Frauen für die konsequenteren Anlegerinnen. Da haben Männer doch öfter ein gieriges Zockergen, was dann auch mal für Verluste sorgt.“
Für Auflockerung sorgte Laurentia Schuster, die für den Diktatwettbewerb „Frankfurt schreibt!“ die Werbetrommel rührte und selbst einmal bei der Aktion gewonnen hat. Das Publikum wurde aufgefordert, einen wirklich tückischen Text mitzuschreiben und Achim Winter erwies sich mit sechs Fehlern am Flipchart als gar nicht so übel. Er sei nach den Rechtschreibreformen ganz locker geworden, wenn er einen Fehler mache, dann behaupte er einfach, das sei die Reformschreibweise.
Senckenbergs „Alkoholproblem“
Im weiteren Fortgang der Talkshow erfuhr das Publikum von Museumsdirektor Volker Mosbrugger, dass das Senckenbergmuseum ein Alkoholproblem habe. 4,3 Kilometer Regale mit in Alkohol gelagerten Exponaten gelte es zu bewegen. Denn das Naturmuseum Senckenberg werde erweitert, nicht wie geplant bis 2017, sondern eher bis 2018. Für 117 Millionen Euro sollten zwei benachbarte Gebäude des einstigen Campus Bockenheim dem stetig wachsenden Museum angegliedert werden. Seit 2008 sei das Personal um den Faktor 4 gewachsen und auch die Sammlung habe sich – etwa nach der Auflösung der Geowissenschaften in Marburg – vergrößert. Insgesamt gelte es, mit 39 Millionen Exponaten umzuziehen, das Museum selbst moderner aufzuziehen. „Wir sind wie Google für die Natur“, sagte Mosbrugger, der künftig im Museum noch mehr auf die Bedeutung der Natur als dezimierter Schlüsselressource eingehen will. Doch zunächst müssen die Exponate schonend transportiert werden. Es gebe etwa 30 000 Insektenkästen, die man für den bestenfalls erschütterungsfreien Transport zunächst zwei Wochen lang bei minus 30 Grad einfrieren müsse, um sicherzustellen, dass sie nicht von Schädlingen befallen werden.
Den Abschluss der zweistündigen Talkrunde bildete das Gespräch mit Jerome Gravenstein, eigentlich gelernter Fotograf, der aber als Wingtsuntrainer arbeitet und unter anderem Achim Winter in der Kunst der Selbstverteidigung trainiert, was anschaulich demonstriert wurde. Neuerdings biete Gravenstein auch Nicht-Kampf an, was es vor allem auch wehrloseren Senioren ermöglichen soll, in brenzligen Situationen zu deeskalieren, Gewaltsituationen abzuwehren und richtig zu reagieren, ohne gleich größere Kampfhandlungen vollziehen zu müssen.
Und so endete um 22 Uhr die erste Folge von Talk 22. Ein schönes, aber vielleicht zu langes, Format mit einer guten Gästemischung, schönem Ambiente und einem gutaufgelegten Moderatorenduo, das sich manchmal zugunsten der Gäste noch etwas stärker zurücknehmen könnte. Am 1. März geht es um 20 Uhr weiter.
Web: www.talk22.de
9. Februar 2015, 11.11 Uhr
Nicole Brevoord
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Alle Jahre wieder klingen in Frankfurt die Glocken
Zu Heiligabend findet in Frankfurt wie in jedem Jahr das traditionelle Stadtgeläute statt. An diesen Orten der Innenstadt wird das Konzert der Kirchenglocken am besten zu hören sein.
Text: Lukas Mezler / Foto: Gloriosa, die größte Glocke Frankfurts © Harald Schröder
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23. Dezember 2024
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